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Kategorie Theorie

Neuer Konzeptualismus – Methoden 3. Synthetischer Konzeptualismus

3. Synthetischer Konzeptualismus

(Auch: serieller Konzeptualismus, Zahlenkonzeptualismus, mathematischer Konzeptualismus, abstrakter, strukturalistischer Konzeptualismus, Minimalismus)

Ohne deutlich erkennbares „Fremdmaterial“, sondern mit elementaren Bausteinen von Musik arbeitet synthetischer Konzeptualismus. Was kann daran eine prägnante Idee sein, der man den Charakter eines Konzepts zusprechen kann? Es gibt von Iannis Xenakis die Unternehmungen, mit einer einzigen Formel bzw. einer selbständig arbeitenden Software ein komplettes Stück zu erstellen; das halte ich aber nicht für eine prägnante Idee. Auch Peter Ablinger hat mal gesagt, dass im Grunde alle aufgeschriebene Musik insofern konzeptuell sei, weil sie in Schriftform vorliegt und dann kasuell realisiert wird. In der Bildenden Kunst ist ein Hauptvertreter der Konzeptkunst, Sol LeWitt dafür bekannt, dass er quasi Partituren – Anleitungen zum Anfertigen seiner Bilder – verfasst hat.

Es gibt aber einige Beispiele für eine quasi von Grund auf generierende Idee, die sich deutlich benennen lässt bzw. die deutlich durch die Realisation spricht. Das hat meist einen minimalistischen Charakter, ich würde das auch eher als historisch frühere Form des Konzeptualismus bezeichnen.

 

Tom Johnson lässt im „Chord Catalogue“ sämtliche möglichen Intervalle und Akkorde innerhalb einer Oktav spielen (er hat noch einige ähnliche Stücke gemacht, das hier ist das strengste):

 

 

Ähnlich habe ich alle 680 möglichen Dreiklänge innerhalb einer Duodezim erstellt, allerdings in Zufallsreihenfolge, vergleichbar Gerhard Richters Farbtafeln:

 

(So habe ich auch Stücke mit 120 Stereopositionen oder 600 Dauern gemacht, die aber nicht veröffentlicht sind.)

 

Zum Geburtstag

on any instrument: play chromatic scale upwards (or downwards), as soft as possible, in moderate tempo, the last possible tone as loud as possible & sustained.

 

 

Im zusammengesetzten Stück „Das Ereignis“ ereignen sich kleine Dinge:

 

 

Erik Carlson macht einen quasi unendlichen Kanon aus Zahlen:

 

http://midnightsledding.com/carlson/sinstack.wav

 

In „Reversibility comes first“ spielen zwei Gitarristen Barrégriffe vom obersten bis zum untersten Bund, immer spiegelverkehrt, so dass sie sich in der Mitte treffen. [Stück ist noch nicht uraufgeführt]

 

Einige neuere Arbeiten von Peter Ablinger bewegen sich ebenfalls im Bereich des synthetischen Konzeptualismus:

 

All pieces within the series ‚Augmented Studies‘ may be seen as a continuation of my exploration into redundancy. Most of the series (though not all) takes, as its starting point, the redundancy of maximally simple material, or, carry on the redundancy/rigour of method/algorithm as a structural vehicle to finally arrive at its opposite – density and complexity. True to all pieces in the series, however, seems to be the intent of focus – the tension between redundancy of material and complexity of experience.

„Augmented Studies“ http://ablinger.mur.at/txt_augst.html

 

 


(^auch ohne Schlagzeug möglich)
(eine Aufnahme davon rückwärts abspielen)

 

 

 

Nicht mehr ganz von Grund auf, sondern mit tonalem Material – dadurch zumindest etwas allusiv – arbeitet Richard Glover in „Natural Harmonies“ (es gibt noch ähnliche Stücke von ihm, das finde ich zur Zeit am besten). Ständige fallende Quinten in zwei Stimmen, wobei eine Stimme pro Zirkel einen Akkord weglässt, so dass in der Großform es wiederum einen Zirkel gibt, der sich am Ende durch wieder identische Harmonien schließt.

 

 

Tom Johnson lässt sämtliche Permutationen einer Tango-Melodie spielen. Sehr gemein, etwas so leidenschaftliches wie Tango dermaßen mathematisch durchzuexerzieren. Und des Exerzitiums nicht genug, verlangt er vom Spieler auch noch, alles auswendig zu spielen, was bei der extremen Ähnlichkeit jeder Variation besonders schwer ist.

 

 

Und materialiter offen:

 

Link zum Anfangspost der Reihe: Definitionen und Übersicht

Neuer Konzeptualismus – Methoden 2b) Kontext: Herstellung, Autorschaft, Ökonomie

2b) Herstellung, Autorschaft, Ökonomie

Die Musik wird aktiv in den Kontext ihrer Enstehtungsbedingungen gestellt.

 

In „Masterpiece Management“ stellen Tobias Schick und Katharina Vogt den musikalischen Inhalt explizit der Evaluation von außenstehenden Experten, um quasi ein zuverlässig-erfolgreiches Stück am Ende im Konzert zu präsentieren:

 

Katharina Vogt und ich arbeiten als junges Startup-Künstlerduo gemeinsam an dem Projekt masterpiece management, das durch das Ensemble mam.manufaktur für aktuelle musik während der new talents biennale 2014 in Köln zur Aufführung gelangen wird. Aufgrund unserer Jugend und Unerfahrenheit setzen wir jedoch zusätzlich auch auf den Rat eines unabhängigen Consultings, sodass unser Stück noch besser und ein hoffentlich durchschlagender Erfolg wird. Wir sind daher sehr froh, ankündigen zu können, dass wir verschiedene ausgewiesene Experten aus den Bereichen Komposition, Musikkritik/Musikwissenschaft und Unternehmensberatung gewinnen konnten, die unser Stück beurteilen und Verbesserungsvorschläge machen werden.


http://masterpiecemanagement2014.wordpress.com/

 

In meinem Stück „Fremdarbeit“ habe ich die Komposition an Hilfsarbeiter aus China und Indien ausgelagert, die meine Musik für einen neuen Auftrag von mir imitieren sollten. Neben dem Aspekt der Autorschaft steht hier auch der Wert von Arbeit – die „Produktion“ wurde in Billiglohnländer verlagert.

 

 

Den monetären Wert von Kunst thematisiert Patrick Frank in „The Law of Quality“, indem er die Noten seiner Komposition nach einem festgelegten Preisschema verkauft, das mit progressiver Preisstaffelung eine Qualitätssteigerung behauptet. Mit der Terminologie Marx: Nicht mehr der Gebrauchswert, sondern der Tauschwert bestimmt den ästhetischen Wert:

 

http://www.lawofquality.com

 

Die Frage der Autorschaft und ihrer monetär-bürokratischen Verwaltung habe ich 2008 mit der Aktion „product placements“ fokussiert:

 

 

In dieselbe Richtung geht Anton Wassiljew, der im Konzert auf einem Keyboard ein Klavierstück von Wolfgang Rihm spielen lässt (insofern auch ein Readymade-Fall), doch erklingen tut nichts außer den Tastengeräuschen, stattdessen wird mit jedem Tastendruck eine Email an die GEMA / Universal Edition / Wolfgang Rihm mit dem Soundfil dieses Tones geschickt.

 

1. der text des klavierstückes nr. 7 von wolfgang rihm wurde auf mikrophoniertem keyboard gespielt.

2. alle gespielten töne wurden intern im computer zu audio-dateien gemacht.

3. diese dateien wurden laut dem invertierten verteilungsplan der gema aus dem konzertsaal weggeschickt:
57% der töne – per e-mail an die angestellten der gema,
29% der töne – per e-mail an die angestellten von universal music und schott edition,
14% der töne – per post an wolfgang rihm.



http://usernamealreadyexists.net/?cat=147

 

„Wir wollen nun aber wirklich mal ein gutes Werk tun. „Feeds“ versteht sich auch als Bene-Feeds-Veranstaltung. Das Deutsche Rote Kreuz ruft wieder dazu auf, für Opfer von Neonazi-Anschlägen zu spenden. Allein in Ostdeutschland wurden 2009 255 Ausländer und Homosexuelle Opfer von neonazistischer Gewalt. Wir wollen nun dem Deutschen Roten Kreuz eine Spende erteilen. Ich wurde letztes Jahr darauf aufmerksam gemacht, dass der Komponist des berühmten Schlagers „Lili Marleen“, Norbert Schultze, während des Zweiten Weltkriegs auch Lieder wie „Panzer rollen in Afrika vor“ oder „Bomben auf Engelland“ komponierte. Und statt dass dieser Schund verboten würde, ist er bis heute im Repertoire der GEMA enthalten! Nachdem Schultze ein schönes Leben hatte hat er testamentarisch verfügt, dass fortan sämtliche Tantiemen aus Werken zwischen 33 und 45 ans Deutsche Rote Kreuz gehen. Jedesmal, wenn so ein Nazilied abgespielt wird, gehen die GEMA-Gebühren dafür ans Rote Kreuz. Das sind die Einnahmemodelle des Roten Kreuzes! Darum werden wir nun also eine Spende abgeben, indem wir so ein Nazilied abspielen. Felix, bitte, zum Abschluss unseres Themas „Musikentwertung“ die Musikentartung „Bomben auf Engelland“!“

 

(Aus „Feeds. Hören TV“. Musiktheater im Revier Gelsenkirchen 2010)

 

Neben der exzessiven Anwendung der Titel/Musik-Differenz verhandelt Trond Reinholdtsen in seinem Donaueschingen-Stück „Musik“ auch die Karriererelevanz von Donaueschingen-Aufträgen:

 

(bei 9’30“:)

 

Schließlich befasst sich Reinholdtsen in „Music as emotion“ mit der psychischen Disposition des Komponisten:

 

 

oder in „Everyday“ mit der des Interpreten:

 

 

Link zum Anfangspost der Reihe: Definitionen und Übersicht

Neuer Konzeptualismus – Methoden 2a) Titel+Musik

2. Kontext-Differenz

Ein Konzept kann auch an Rahmenbedingungen von Musik ansetzen; da die Rahmenbedingungen die Musik beeinflussen – „Institutionen komponieren“ -, lässt sich das auch aktiv konzeptualisieren.

(Schon auf der ersten Seite der Ästhetischen Theorie von Adorno heißt es: „Denn die absolute Freiheit in der Kunst, stets noch einem Partikularen, gerät in Widerspruch zum perennierenden Stande von Unfreiheit im Ganzen.“ Ebenso könnte Foucaults Diskursanalyse – die „Mikrophysik der Macht“, die die Vorstellung eines souverän handelnden Subjekts als illusionär entlarvt, oder Kittlers medientechnisches Apriori, die Auswirkungen der Speicher- und Übertragungsmedien auf ihren Inhalt und ihre Wahrnehmung herangezogen werden. Erst vor diesem Hintergrund von instrumenteller Vernunft und materieller Bedingungen und Bedeutungen wäre heute zu bestimmen, was denn noch an der Musik „autonom“, was bei ihr „Eigenlogik“ ist – oft genug werden diese Dinge einfach nur behauptet.)

 


2a) Titel+Musik

Eine erste Äußerlichkeit eines Musikstücks ist ein Titel, der selbst bei absoluter Musik noch eine verbale Beigabe darstellt.
Nun kann das Verhältnis von Musik zum Titel selbst zu einer spezifischen, gestalterischen Idee werden. Es ist ein Topos seit der Moderne, dass der Bruch zur Tonalität mit einer Differenz zum Titel angezeigt wird. Stücke wie der „Walzer“ von Schönberg („Hä, wo ist da der Walzer?“) oder die „Variationen“ von Webern („Hä, was wird da variiert?“) sind bekannt. Mit der Kenntnis des Titels wandelt sich zudem das Hören; schon als Jugendlicher hatte ich die Idee für ein Klavierstück in fünf Sätzen, die alle die gleichen Noten haben, aber der erste Satz trägt einen philosophisch-religiösen Titel, der zweite einen abstrakten, der dritte einen privat-amourösen, der vierte einen ironischen und der fünfte keinen. Ich nenne den Ansatz „Präpariertes Hören“ (Essay).

 

 

Intensiv arbeitet Trond Reinholdtsen mit der Differenz von Musik und sprachlichen Zuschreibungen. Er selbst agiert dabei als Performer-Moderator, der die Klangminiaturen präsentiert.

 

 

Während Trond eine zusammengesetzte Konzeptform entwickelt, behandelt Anton Wassiljew das Thema ganz puristisch; eine zufällige Zeitungsheadline wird mit einer Zufallsmusik, einer typischen, Klischee-haften Neuen Musik versehen (er hat davon aber wiederum einige Varianten erstellt). Prädestiniert für das Verfahren der „Ton-Bild-Schere“ ist YouTube, wo auf der Videoebene der Titel ständig angezeigt werden kann.

 

 

In „New Complexity Fountain“ habe ich umgekehrt einen Klischee-haften Titel auf Muzak verwendet (hier mehr Exemplare):

 

 

Eine Werk von Peter Ablinger ist bezeichnet als: „Wachstum und Massenmord. Für Titel, Streichquartett und Programmnotiz“. (mehr)

 

Mehr als nur ein Titel kann eine längere Zusatzinformation mitgegeben werden, wodurch die Wahrnehmung des ganzen Stückes eingefärbt wird, in dem Fall gewissermaßen „vergiftet“:

 

„Das hier habe ich im Internet gefunden, es nennt sich „Silent Subliminal“.
Diese Software wandelt Worte und Töne in einen subtilen Sound knapp unterhalb des Ultraschalls um, den wir mit unseren Ohren nicht bewusst hören können. Statt dessen passieren die „stillen“ Botschaften direkt und ungefiltert unser Unterbewusstsein – vorbei an der Zensur unseres kritischen Verstandes! Auf diese Weise können wir systematisch unser Gehirn neu programmieren und unserem Unterbewusstsein Überzeugungen einspeisen, die unser Leben positiv beeinflussen.

„Silent Subliminal“ ersetzt also kostspielige Hypnose-Sitzungen, in denen man sich den Suggestionen eines Therapeuten ausliefern muss, der möglicherweise ein Scharlatan ist. Mit der Software behält man dagegen die volle Kontrolle und kann selbsterdachte Affirmationen wie „ich bin schlank und sexy“, „ich kann gut schlafen“, „ich werde reich“ per Mikrofon aufnehmen, und das wird dann in den Bereich knapp unter dem Ultraschall moduliert. Anschließend wird empfohlen, diesen bewusst nicht mehr wahrnehmbaren Track mit einer Musik zusammenzumischen, die man persönlich gerne hört.

Dann wollen wir dieses Teufelszeug doch gleich mal ausprobieren! Eigens für Sie, verehrte Zuschauer, haben wir diese magische Software bestellt. Statt uns damit nun allerdings selbst etwas schönzureden, speisen wir einfach die Ansprache von Angela Merkel ein. Wir haben das natürlich vorproduziert, und das „hören“ wir uns jetzt an. Als Trägermusik spiele wir dazu live einfach einen formvollendeten Mozart. Also bitte, die Musiker einen Mozart, und Felix spielt aus den Lautsprechern unhörbar den Aufruf, die CDU zu wählen. Ich geh dann solange mal aufs Klo. Und Sie lassen das Ganze bitte vollkommen passiv auf sich wirken. Ziel dieses heutigen Abends muss sein, dass Sie alle die CDU wählen.“


(Aus „Feeds. Hören TV„, Musiktheater im Revier Gelsenkirchen 2010)

 

Das Video „Compression Sound Art“ spielt ebenfalls mit Zusatzinformationen, die nicht unmittelbar zu dem Gehörten passen:

 

 

Zusatzinformationen können auch nicht-sprachlich, sondern durch Video und Performance hinzutreten, wie bei Reinholdtsen:

 

(bei 0’46“:)

(bei 1’49“:)

 

oder bei Wassiljew:

 

 

 

 

 

 

 

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Neuer Konzeptualismus – Methoden 1q) Übertragung von Kunstwerken anderer Medien

1q) Übertragung von Kunstwerken anderer Medien

 

Peter Ablinger hat Malewitschs „Schwarzes Quadrat“ mit Weißem Rauschen in Klang übersetzt und stellt dazu die Frage, wie lange es wohl gespielt werden sollte, bis man die Empfindung eines Quadrats hat.

 

http://ablinger.mur.at/ww7_square.html

 

Ich habe dasselbe Gemälde umgesetzt mit einer Rechteckschwingung („Square Wave“) und die Ablingersche Frage mit 8 Sekunden beantwortet.

 

Dieses Jahr feiert das “Schwarze Quadrat” von Kasimir Malewitsch hundertsten Geburtstag. Dazu habe ich ein kleines Musikstück gemacht, eine klangliche Umsetzung desselben:

Das Quadrat erklingt als Rechteckschwingung (“Square Wave”);
die Farbe “Signalschwarz” hat den CIEL-Wert 28.66, darum als Frequenz 28.66 Hertz;
die Frage nach der Dauer, die Peter Ablinger für ein klingendes Quadrat gestellt hat, beantworte ich subjektiv mit 8 Sekunden.

 

Und den Kubismus schlechthin habe ich ebenfalls mit verschiedenen Schwingungsformen zu Klang gebracht:

 

 

Ole Hübner hat eine Rauminstallation von Bruce Nauman in Max/Msp nachgebaut:

 
(bei 6’42“:)

 

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Neuer Konzeptualismus – Methoden 1p) Technische Neuinterpretationen von Musik / Re-Enactment

1p) Technische Neuinterpretationen von Musik / Re-Enactment

 

Große Bekanntheit hat Cory Arcangel mit seiner Neuinterpretation der Schönbergschen Klavierstücke Op.11 mithilfe von Schnipseln von Katzenvideos erlangt:

 

 

Mit dem gleichen Verfahren („Konkatenative Synthese“) hat er auch Paganini und die Goldbergvariationen modelliert. Und dann gibt es noch die Porno-Badinerie.

 

Mit dem Kinect 3D Sensor habe ich LaMonte Young

 

(bei 2’43“)

 

und ein Fluxus-Stück von Robert Bozzi nachgespielt:

 

(bei 0’35“)

 

Patrick Liddell hat „I am sitting in a Room“ von Alvin Lucier im virtuellen Raum von YouTube realisiert:

 

 

Und ich habe mit der Split Screen Technik – „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ wiederum LaMonte Young umgesetzt:

 

(bei 0’33“)

 

Kein bereits existierendes Musikstück, sondern eine traurigerweise erfolgte Tötung eines Afro-Amerikaners durch Anbinden an einen Jeep hat Christian Marclay mit einer E-Gitarre wiederholt.

 

 

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Neuer Konzeptualismus – Methoden 1o) Noten gewinnen

1o) Aus einer Vorlage werden Noten gewonnen.

 

In „True Type Font Music“ liegt ein Gedicht von Eichendorff vor, bei dem ich auf Musikfonts anstelle normaler Buchstabenfonts gewechselt habe.

 

 

Ann Eysermans hat ähnliches gemacht:

 

Aankomst in ‚aangeslagen toestand‘, alarm voor afwaartse anionen, afwijkende aandrijvingen en antislip-atomen. Afrijden in accelleratie, de absorptie-aansluiting richting armsein-activator voorbij.

 

Sie hat auch Fahrpläne der belgischen Bahn zu Partituren erweitert:

 

 

Ich habe das Ergebnis eines Tennis-Matchs als Generalbassbezifferung genommen:

 

 

Oder etwas aufwändiger die Medien gewechselt:

 

 

Alberto Bernal schreibt „unmögliche Musik“:

 

 

Oder in „Was gesagt werden muss“ werden sämtliche Gedichte von Günter Grass ins offene Fenster der Notationssoftware „Cappella“ getippt:

 

 

Nicht Noten, aber eine Sequenzerdarstellung hat Ann Eysermans nach Vorbild der Zugstellung auf einem belgischen Bahnhof zusammengestellt – „Spoor“ heißt im Flämischen sowohl „Bahngleis“ als auch „Tonspur“.

 

 

Und da Ann Eysermans Züge zum Thema hat, hat sie auch PD-Patches gemacht mit dem dort vorhandenen „train~“-Objekt:

 

 

 

 

 

 

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Neuer Konzeptualismus – Methoden 1n) Subtraktion

1n) Subtraktion

Von einer Vorlage wird etwas entfernt.

 

 

 

 

 

 

 

Im Extremfall wird quasi alles entfernt, dennoch bleibt etwas übrig:

 

Peter Ablinger hat eine leere Schallplatte produziert, bei der nur noch das Hintergrundrauschen zu hören ist:

Auflage: 7 Stück, verschiedene Abspielgeschwindigkeiten, Rillenpressung ohne Klang

http://ablinger.mur.at/ww13.html

 

Jarrod Fawler hat eine CD mit 99 Stille-Tracks gemacht, die per Shuffle abgespielt werden soll – die Stille wird immer anders durch die Trackwechselgeräusche des CD-Players proportioniert. (Keine Aufnahme verfügbar)

 

Oder es ist wirklich alles entfernt – idealiter:

 

 

 

Beides, Addition und Subtraktion gestaltet Peter Ablinger mit seinen Wandelementen:

 

GALLERY PIECE (Weiss / Weisslich 32e)
abwechselnd klangabsorbierendes und -reflektierendes Material



http://ablinger.mur.at/ww32_schalldaemmung.html

 

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Neuer Konzeptualismus – Methoden 1m) Addition

1m) Addition

Zu einer Vorlage wird etwas hinzugefügt – wie damals Duchamp den Schnurrbart zur Mona Lisa.

 

Peter Ablinger deckt die live spielenden Musiker – idealiter – passgenau mit Rauschen zu, das alle Frequenzen enthält, die die Musiker spielen:

 

Instrumente und Rauschen

 

Zu einer Aufnahme von Brian Ferneyhoughs zweitem Streichquartett habe ich eine Band-in-a-Box – Begleitung hinzugefügt:

 

 

 

 

 

 

 

Zuletzt eine Addition, die zugleich eine gewaltige Subtraktion bedeutet:

 

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Neuer Konzeptualismus – Methoden 1l) Anhäufung

1l) Anhäufung

Eine charakteristische Aktion wird in mehreren Varianten ausgeführt, und diese werden dann gleichzeitig abgespielt.

 

Das Prinzip der meisten Stücke meiner „Split Screen Studies„. Zum Beispiel die Aufteilung einer Musikeinspielung, dann alles gleichzeitig abgespielt:

(Bei 1’55“:)

 

Am Anfang:

 

Im folgenden Video sind es Bücher als Vorlage, vom Prinzip nicht so unähnlich zu Ligetis Poème symphonique für 100 Metronome; jedes Buch hat seine eigene Lesegeschwindigkeit. Das zweite Stück dann ist inspiriert von Helmut Lachenmanns Oper „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“; darin gibt es eine Zähneklapperarie, die ich ziemlich affig fand, als ich in Stuttgart im Staatstheater Sänger in einem gut beheizten Opernhaus künstlich nach Lachenmanns Partitur mit den Zähnen Geräusche machen sah. Das wollte ich wenn dann doch mal echter machen:

 

 

Wiederum eine bekannte Vorlage, jetzt nicht in mehreren Varianten, sondern aus dem Original jeweils herausgelöst: Erik Carlson nimmt aus sämtlichen Brucknersymphonien die Paukenstimmen und macht daraus ein Stück für großes Paukenensemble:

http://midnightsledding.com/carlson/BrTi.pdf

 

Philipp Blume hat von Johannes Ockeghems „Missa Cuiusvis Toni“, welche in vier verschiedenen Modi gesungen werden kann, die vier Versionen übereinandergelegt:

 

 

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Neuer Konzeptualismus – Methoden 1k) Parameter ändern

1k) Parameter ändern

An einer Vorlage wird ein Parameter geändert.

 

Durch Umprogrammierung wird in der „Träumerei“ aus meinen „5 Programmierungen eines MIDI-Keyboards“ zwischen jeder Tonhöhe mit einem Glissando interpoliert:

 

 

Oder alle schwarzen Tasten zu weißen Tasten umgedeutet, wodurch ein Zwölftonstück zum diatonischen Stück wird.

 

Und die Dauern einer Bachfuge werden dadurch verzerrt, dass der Ton nicht bei Drücken der Taste erklingt, sondern erst bei Loslassen (könnte auch in der Rubrik „schwer zu spielende Instrumente“ stehen):

 

(bei 5’18“:)

 

Einige Stücke ändern die Dauern von Vorlagen, wie in meiner Compression Sound Art:

 

 

Peter Ablinger komprimiert Beethoven-Symphonien:

 

http://ablinger.mur.at/hiddenaudio/ww22_1990.m3u

(WEISS / WEISSLICH 22)

 

 

Seth Kim-Cohen dehnt „Sympathy for the Devil“:

 



http://www.kim-cohen.com/projects/68SFTD_home.html

 

John Cages „As slow as possible“ wird so schnell wie möglich abgespielt:

 

 

Oder in “Pixel’d” wird jeder Takt einer Vorlage zu einem Akkord zusammengefasst:

 

Beethoven, Für Elise

Beethoven, Klaviersonate C-Dur Op.53 „Waldsteinsonate“, dritter Satz

 

Seth Kim-Cohen weist an, Terry Rileys „In C“ einen Ganzton höher, „In D“ zu spielen. Ich habe daraufhin angewiesen, diese Version wiederum einen Ganzton niedriger zu spielen – „Back in C“.

 

In meinem Musiktheater „Feeds. Hören TV“ gibt es einen Dialog mit einem Mp3-Programmierer. Der Dialog wird live in mp3-Qualität komprimiert:

 

 

 

 

 

 

 

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