Skip to content
 

Neuer Konzeptualismus – Methoden 2b) Kontext: Herstellung, Autorschaft, Ökonomie

2b) Herstellung, Autorschaft, Ökonomie

Die Musik wird aktiv in den Kontext ihrer Enstehtungsbedingungen gestellt.

 

In „Masterpiece Management“ stellen Tobias Schick und Katharina Vogt den musikalischen Inhalt explizit der Evaluation von außenstehenden Experten, um quasi ein zuverlässig-erfolgreiches Stück am Ende im Konzert zu präsentieren:

 

Katharina Vogt und ich arbeiten als junges Startup-Künstlerduo gemeinsam an dem Projekt masterpiece management, das durch das Ensemble mam.manufaktur für aktuelle musik während der new talents biennale 2014 in Köln zur Aufführung gelangen wird. Aufgrund unserer Jugend und Unerfahrenheit setzen wir jedoch zusätzlich auch auf den Rat eines unabhängigen Consultings, sodass unser Stück noch besser und ein hoffentlich durchschlagender Erfolg wird. Wir sind daher sehr froh, ankündigen zu können, dass wir verschiedene ausgewiesene Experten aus den Bereichen Komposition, Musikkritik/Musikwissenschaft und Unternehmensberatung gewinnen konnten, die unser Stück beurteilen und Verbesserungsvorschläge machen werden.


http://masterpiecemanagement2014.wordpress.com/

 

In meinem Stück „Fremdarbeit“ habe ich die Komposition an Hilfsarbeiter aus China und Indien ausgelagert, die meine Musik für einen neuen Auftrag von mir imitieren sollten. Neben dem Aspekt der Autorschaft steht hier auch der Wert von Arbeit – die „Produktion“ wurde in Billiglohnländer verlagert.

 

 

Den monetären Wert von Kunst thematisiert Patrick Frank in „The Law of Quality“, indem er die Noten seiner Komposition nach einem festgelegten Preisschema verkauft, das mit progressiver Preisstaffelung eine Qualitätssteigerung behauptet. Mit der Terminologie Marx: Nicht mehr der Gebrauchswert, sondern der Tauschwert bestimmt den ästhetischen Wert:

 

http://www.lawofquality.com

 

Die Frage der Autorschaft und ihrer monetär-bürokratischen Verwaltung habe ich 2008 mit der Aktion „product placements“ fokussiert:

 

 

In dieselbe Richtung geht Anton Wassiljew, der im Konzert auf einem Keyboard ein Klavierstück von Wolfgang Rihm spielen lässt (insofern auch ein Readymade-Fall), doch erklingen tut nichts außer den Tastengeräuschen, stattdessen wird mit jedem Tastendruck eine Email an die GEMA / Universal Edition / Wolfgang Rihm mit dem Soundfil dieses Tones geschickt.

 

1. der text des klavierstückes nr. 7 von wolfgang rihm wurde auf mikrophoniertem keyboard gespielt.

2. alle gespielten töne wurden intern im computer zu audio-dateien gemacht.

3. diese dateien wurden laut dem invertierten verteilungsplan der gema aus dem konzertsaal weggeschickt:
57% der töne – per e-mail an die angestellten der gema,
29% der töne – per e-mail an die angestellten von universal music und schott edition,
14% der töne – per post an wolfgang rihm.



http://usernamealreadyexists.net/?cat=147

 

„Wir wollen nun aber wirklich mal ein gutes Werk tun. „Feeds“ versteht sich auch als Bene-Feeds-Veranstaltung. Das Deutsche Rote Kreuz ruft wieder dazu auf, für Opfer von Neonazi-Anschlägen zu spenden. Allein in Ostdeutschland wurden 2009 255 Ausländer und Homosexuelle Opfer von neonazistischer Gewalt. Wir wollen nun dem Deutschen Roten Kreuz eine Spende erteilen. Ich wurde letztes Jahr darauf aufmerksam gemacht, dass der Komponist des berühmten Schlagers „Lili Marleen“, Norbert Schultze, während des Zweiten Weltkriegs auch Lieder wie „Panzer rollen in Afrika vor“ oder „Bomben auf Engelland“ komponierte. Und statt dass dieser Schund verboten würde, ist er bis heute im Repertoire der GEMA enthalten! Nachdem Schultze ein schönes Leben hatte hat er testamentarisch verfügt, dass fortan sämtliche Tantiemen aus Werken zwischen 33 und 45 ans Deutsche Rote Kreuz gehen. Jedesmal, wenn so ein Nazilied abgespielt wird, gehen die GEMA-Gebühren dafür ans Rote Kreuz. Das sind die Einnahmemodelle des Roten Kreuzes! Darum werden wir nun also eine Spende abgeben, indem wir so ein Nazilied abspielen. Felix, bitte, zum Abschluss unseres Themas „Musikentwertung“ die Musikentartung „Bomben auf Engelland“!“

 

(Aus „Feeds. Hören TV“. Musiktheater im Revier Gelsenkirchen 2010)

 

Neben der exzessiven Anwendung der Titel/Musik-Differenz verhandelt Trond Reinholdtsen in seinem Donaueschingen-Stück „Musik“ auch die Karriererelevanz von Donaueschingen-Aufträgen:

 

(bei 9’30“:)

 

Schließlich befasst sich Reinholdtsen in „Music as emotion“ mit der psychischen Disposition des Komponisten:

 

 

oder in „Everyday“ mit der des Interpreten:

 

 

Link zum Anfangspost der Reihe: Definitionen und Übersicht

Ein Kommentar

  1. Der Text von Tobias Schick und Katharina Vogt ist sehr gut geschrieben :-) Liest sich teils wie eine normierte Pressemitteilung von Firmen und Konzernen.

    Die Zwischenbilanz auf dem Blog von den beiden gefällt mir super gut :-)

    Was für eine Zombiewelt.