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Kategorie Kritik der reinen Vernunft

Montag

Gibt nicht nur „leutselig“, sondern auch „leutunselig“

Der Westen

Verabreichung

KI-Enttäuschung

KI-Ernüchterung?
Ich bin immer interessiert an neuen Technologien, erhoffe mir davon Fortschritt und in der eigenen Biographie ist die digitale Revolution absolut prägend und beglückend. (Vgl. mein zusammen mit Harry Lehmann und Claus-Steffen Mahnkopf geschriebenes Buch „Musik, Ästhetik, Digitalisierung – eine Kontroverse“ 2010.) Zu KI habe ich letztes Jahr ein Semester lang Lehrveranstaltungen gemacht, vielleicht werde ich das im Frühjahr fortsetzen; jedenfalls verfolge ich die Entwicklungen aktiv.

Aber in den letzten Wochen hat sich bei mir Enttäuschung eingestellt. Ich habe ChatGPT 4 gekauft, aber finde partout keinen Nutzen für mich. Jedes Erzeugnis ist so dermaßen Durchschnitt, der Durchschnitt der Meinungen und Faktenlage zu einem Thema, das ist das stärkste Muster, jeder Output ist der BigMac oder das Leitungswasser des Wissensstandes. Originalität sucht man vergeblich. Also habe ich mal gezielt sehr originellen, geistreichen Input eingespeist – sämtliche Aphorismen Lichtenbergs und Ebner-Eschenbachs, um mir anschließend in dieser Art weitere Aphorismen geben zu lassen. Das Ergebnis war komplett Schrott (und nicht mal stilistisch den beiden genannten wirklich ähnlich). Literatur ist halt kein BigMac und kein Leitungswasser.

In einem Podcast hat unlängst Deutschlands Interneterklärer Sascha Lobo sich wieder mal in der Stimme überschlagen, was für eine grandiose Erfindung KI sei, damit könne man nun, das war sein erster Beispiel-Use-Case, auf Basis einiger Emails und eines Word-Dokuments sich eine Powerpoint-Präsentation zusammenstellen lassen. Ja super, und wie viel Prozent der Bevölkerung brauchen das..? In der Lobo-Welt ist das also Revolution. Oder dass das Ding dir selbständig ein Hotel bucht. Vielleicht will man das aber doch lieber selber in die Hand nehmen, bevor einem ein Bett in einem 6er-Zimmer in der Jugendherberge automatisch gebucht wird..? Na beim nächsten Mal hat die Maschine dann dazugelernt.

Des weiteren ist da das Problem der „Halluzinationen“ (man sollte die Dinger im Wording nicht zu sehr vermenschlichen, weder „halluzinieren“ sie, noch „trainieren“ sie, sie haben auch keine wirkliche „Intelligenz“). Keine Information der Maschine ist verlässlich. Du musst bei allem schon Bescheid wissen, das ganze Bildungspotenzial ist damit im Eimer. Mustererkennung ist ein anderes Prinzip als ein Faktencheck. Bestenfalls sortiert dir die Maschine also das Zeug. Ansonsten kann man sie eigentlich nur für das verwenden, was sie ist: eine Spielerei. Vielleicht eine inspirierende, wenigstens.

(Die potenteste Text-Anwendung ist wahrscheinlich das Coden, dafür taugt das System wirklich, hier geht es ja auch um nichts als formale Logik.)

Bei Bildgenerierung oder -bearbeitung – entsprechend früher oder später auch Video und Musik – kann das System fraglos sehr viel, das ist ein echter Sprung. Habe selber letztes Jahr damit ausgiebig rumgekalauert (Avantgarde Bananas).
Ein anderes Problem kommt hier aber immer mehr zum Tragen: Copyright. Die neueren Versionen werden immer schlechter. Dall E erlaubt mittlerweile nur noch das Imitat von Künstlern, die vor 1911 (!) gestorben sind. Damit auf keinen Fall in irgendeinem Land der Welt eine mögliche Urheberrechtsverletzung begangen wird. (Ich glaube, Mexiko mit 100 Jahren Schutz gehört da zu den Spitzereitern, aber wahrscheinlich gibt es noch irgendein Land mit 110 Jahren, darum diese 1911-Grenze.) Also kann man nur Ästhetiken bis 1910 nachmachen. Viel Spaß bei der Video-Generierung! Oder eben Stockfootage und lizenzfreies Zeug, und natürlich wird alles immer mehr bereinigt von etwaigen problematischen Begriffen #Leitungswasser #BigMac

Hinzu kommen dann noch so bescheuerte Regelungen, dass man nun KI-generierte Inhalte (Definitionsproblem, ab wann gilt etwas als KI?; außerdem: was, wenn es nur ein Mini-Detail betrifft, was, wenn es nur einer von vielen Filtern ist, nur einer von vielen Arbeitsschritten zwischendrin) kennzeichnen soll oder sie ganz geächtet werden.

Es gibt weitere Anwendungsgebiete, Stimmsynthese, das funktioniert sehr gut, im Zusammenhang mit automatischer Übersetzung könnte das sehr nützlich sein. KI-Coaches könnten ein großes Feld werden (ein interessanter Text von Bill Gates dazu). In beiden Fällen werden Datenschutz und Mißbrauch heikel.

Immer wieder haben mich Leute in den letzten Jahren gefragt, warum ich nicht auch Kunstwerke mit KI mache. Ich habe das schon 2008 und 2009, meine Arbeiten „product placements“ und „Fremdarbeit“ haben strukturell genau das erfasst; bei product placements geht es um die massenhafte algorithmische Verwendung kleinster Datenschnipsel und die Frage nach dem Copyright bei dieser Amalgamierung. Bei Fremdarbeit habe ich einen indischen Programmierer just die Aufgabe gegeben, via KI (damals noch sehr primitiv) meinen Musikstil zu imitieren, inklusive der Frage nach Autorschaft und Bezahlung. Dem habe ich immer noch nichts hinzuzufügen.
Kunstwerke, die hauptsächlich das Verhältnis von Mensch zu Maschine thematisieren – Kubricks 2001 ist da die geniale Ausnahme, die die Regel bestätigt -, fand ich immer schon öde, jedes Live-Elektronik-Stück will das zum Thema haben, es ist das Klischee von Musik mit Live-Elektronik seit es Live-Elektronik gibt. Das Ergebnis ist so oft ein ästhetisiertes Raunen.

Ich fände es super, wenn KI die große Revolution ist, die sie verspricht. Aber im Augenblick bin ich relativ enttäuscht, dem Erstaunen steht auch einige Frustration gegenüber, klar darf man die Erwartungen in die Zukunft projizieren, aber die Versprechungen sind vielleicht einfach viel zu groß, und wundere mich, warum andere im Augenblick nicht mit Kater aufwachen (darum dieser Text).

Jeder kann den Test machen – nimm diesen Text, speise ihn in ChatGPT ein mit der Bitte, ihn mit originelleren Gedanken anzureichern.

ASMR und Neue Musik

Unbequeme Wahrheit

Geschenktipp

Der Horror englischer Aussprache

Jaja, die angeblich so leichte Sprache. Betrifft halt allein die Grammatik, auch der Wortschatz ist vergleichsweise riesig.

Für die Komponier-Moral

GEMA Vergütung gemäß Dauer des Stücks (Beispiel Orchester). Überlegt`s euch, ob euer Stück WIRKLICH 19:45 lang sein soll… ist da nicht irgendwo noch eine Fermate, sind da nicht noch ein paar Tönchen mehr möglich… hm…. Sonst gibts nicht mehr Kohle als wie für ein 10 Minuten Stück… 🤔🤔🤔

Quelle: Philipp Lojak
„(Die Zahl am Ende jeder Zeile sind sog. Gummipunkte, auch „E-Punkte“ genannt, die mit 0,2855 € multipliziert werden pro Auff.)“
https://twitter.com/thelowjack/status/1627792416521572353

Kartesianischer Schock

Popsongs, bei denen die Musik den Songtext konterkariert

Wohlgemerkt: Unabsichtlich. Weil die Musik von Popmusik sowas halt nicht ausdrücken kann.