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250 Millionen für die Konjunktur der Waffenindustrie

SpOn schreibt im Artikel Waffenindustrie profitiert von Konjunkturpaket:

Für Aufregung sorgt aber die Tatsache, dass rund 250 Millionen Euro aus dem 50 Milliarden Euro umfassenden Konjunkturpaket für die Beschaffung von Waffen und Kriegsgerät ausgegeben werden sollen. Eine vorläufige Einkaufsliste des Verteidigungsministeriums umfasse 1000 Maschinenpistolen der baden-württembergischen Waffenschmiede Heckler & Koch für drei Millionen Euro, 34 „Dingo II“-Patrouillenfahrzeuge für 24,4 Millionen Euro, zehn bewaffnete Fennek-Spähwagen für 35 Millionen Euro sowie fünf Seafox-Unterwasserdrohnen zur Minenbekämpfung für 34 Millionen Euro.

Schön, dass indirekt auch der Friedhofindustrie was zukommt. Mit den Leichen ging’s in letzter Zeit ja ziemlich abwärts, harhar.

Dafür-zahl-ich-nicht: GEZ-Aktion

Telepolis macht auf die Aktion Dafür zahl ich nicht aufmerksam, die mehr Qualität von den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten verlangt. Dem kann ich mich nur anschließen.

Kurz dargelegt: Ich bin für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Natürlich auch deshalb, weil ich als Komponist ernster Musik vom „Bildungsauftrag“ durch Kompositionsaufträge der Rundfunkanstalten profitiere. Aber es muss grundsätzlich einen qualitativen Gegenpol zum Werbefernsehen geben. Nur ist mir schleierhaft, was das Musikantenstadl, mein musikalischer Erzfeind, etc. da zu suchen hat, und wofür Gottschalk Millionen kriegen muss. Es ist wahrscheinlich gut, dass ich da nix zu sagen habe, denn wenn’s nach mir ginge reduzierte man die GEZ-Gebühr auf 3€ pro Person, dafür würde aber wirklich nur oberste Qualität (die kostet nicht mehr!) produziert, und die wäre mit CC-Lizenz immer im Netz abrufbar.

Übrigens ist die Einrichtung GEZ historisch begründet; man wollte keine Steuer einrichten, um nicht zu staatsnah zu sein. Das ist heute leider moralisch verheerend – über das Finanzamt regt man sich nicht so auf.

Netzpolitik: Podcast zur Kulturflatrate

Markus Beckedahl interviewte Volker Grassmuck zur Kulturflatrate. Die Debatte darum ist mittlerweile netzweit am Kochen, und schon fast überkommt einen das Gefühl, dass das Thema totgeredet wird, ehe etwas passiert (die ästhetische Dimension der Demokratie ist ein Problem). Dieses Gespräch ist aber sehr empfehlenswert, da ein wirklicher Experte spricht.

Der alte Markt wird wegbrechen und in seiner Form nicht wiederherstellbar sein (und das ist auch nicht zu wünschen). Modellrechung: Der Arbeiter im CD-Presswerk verliert seinen Job, aber er braucht auch nicht mehr so viel Geld für Konsumgüter, denn er kann sie umsonst herunterladen (und gewinnt viel Zeit!). Wer daran verliert, sind natürlich die Bosse des Arbeiters, aber diese Umverteilung können wir uns nur wünschen.

An den Kommentaren zu dem Netzpolitik-Post wird trotz Grassmuck-pro Kulturflatrate – Expertise deutlich, dass die Sache große Widerstände hat. Nachhaltige Lösung wird die Kulturflatrate nicht sein. Die ganz logische letzte Konsequenz aus der Digitalisierung und dem damit folgenden Ende vieler Arbeitsmodelle ist das bedingungslose Grundeinkommen. Hoffentlich werden die beiden Themen Digitale Revolution und Grundeinkommen bald in der Diskussion noch mehr „verlinkt“.

Instrument Design: Tastatur

Dass die traditionellen Instrumente an Bedeutung verlieren ist absehbar (wobei ich nicht für Abschaffung, sondern Ergänzung seitens der Elektronik bin). Stattdessen werden Module, die verschiedentlich auf Klänge applizierbar sind, immer mehr Verwendung finden. Das sind die HIDs, Human Interface Devices, deren gebräuchlichste Tastatur und Maus sind. Die Maus erscheint mir ziemlich ungeeignet zum Musikmachen, aber die Tastatur eignet sich ziemlich gut. Bei Endphase habe ich die Computertastatur häufig verwendet, und komplett im Stück untitled performance #1.

Ähnlich auch diese Website, auf der der Besucher selbst spielen darf; schöne Art, den Nutzer aktiv werden zu lassen. Für eine wirkliche Netzkunst müsste man sich nur noch Besonderheitsklänge einfallen lassen.

Kreidlers YouTube Charts

Nicht ganz unstolz kann ich heute „Charts Music“ die 400.000 – Views passieren sehen. Aus dem Anlass kommentiere ich mal meine YouTube-TopTen:

1. Charts Music (400.000) — Hat halt einfach gepasst und betrifft alle weltweit.

2. product placements (92.000 [alle Versionen (lang, kurz, englisch) addiert]) — auch ne Rakete, nur etwas intellektueller.

3. Wacom Tablet Performance (40.000) — Da scheinen immer wieder an dem Tablet Interessierte draufzustoßen und stoßen sich entsprechend an den Sounds (siehe Kommentare). Ich hab das Ding ganz unschuldig ins Netz gestellt, ist auch nur ein Experiment gewesen…

4. London (25.000) — nebenbei hat sich meine experimentelle Tonspur-Arbeit für _himbeergeist: auch hochgeviewed, aber natürlich weil Sex sells, entsprechend auch hier die Ignorantenkommentare.

5. Call Wolfgang (22.000) — innerdeutsche Angelegenheit, da aber mit einigem Wirbel und immer noch aktuell.

6. Tonspur zur Mondlandung (3.500) — An der Spitze der Niederungen die Tonspur zur Mondlandung, die doch Einige thematisch interessiert.

7. COIT (2.300) — ob da der mißverständliche Titel anlockt? Handelt sich tatsächlich doch um ne ziemliche Fach-Angelegenheit.

8. Anlässe, sich eine zu drehen (1.800) — In aller Bescheidenheit: Es ist das beste Neue-Musik-Gitarrenstück nach (zeitlich!) „Salut für Caudwell“, und immerhin von meinen Konzertstücken auch das meistgesehene auf YouTube.

9. RAM microsystems (1.600) — Meine meistgespielte Performance und hier der Mitschnitt der besten Version, nur leider mit miserablem Ton, aber der Heini von der Technik hat’s nicht gebacken gekriegt mir mal den guten Sound rüberkommen zu lassen. Hätte mehr Views verdient!

10.Träumerei (1.400) — Warum ausgerechet das einige Klicks bekommt, weiß ich nicht, ich schätze weil’s bei den „related Videos“ meiner anderen (s.o.) aus undurchschaubaren YouTube-Ranking-Gründen meist ganz oben steht.

Wenn man allerdings sieht, dass andere Videos bei YouTube in einer Woche millionenmal angeklickt werden, ist auch bei meiner Nr. 1 keine Überheblichkeit angebracht.

GEMA-Doku @YouTube

Endlich kann ich die gesamte Doku der GEMA-Aktion bei YouTube unterbringen (die 10-Minuten-Grenze gilt für mich nicht mehr, harhar); Sevenload ist einfach zweite Reihe.


YouTube-Link

Theorie der Provokation – Appendix 1

Zum Thema kommt aktuell ein Interview mit Rosa von Praunheim auf SpOn, Titel: Skandal ist etwas Fruchtbares. [Danke Arno und Stefan!]

Für mich ist ein Skandal etwas Fruchtbares. Er regt auf und dazu an, sich für ein Thema leidenschaftlich zu engagieren. Ohne Reibung, ohne Tabubrüche gibt es keinen Fortschritt. Entscheidend ist für mich, dass der Skandal Öffentlichkeit herstellt: Die Leute diskutieren plötzlich über ein Thema, regen sich darüber auf – das ist immer bereichernd.

Ich habe noch zusammengetragen, was Santiago Sierra mit seiner „bezahlte Personen“-Idee schon alles gemacht hat:

  • 30 CM LANGE LINIE AUF EINE BEZAHLTE PERSON TÄTOWIERT
  • 250 CM LANGE LINIE, TÄTOWIERT AUF 6 BEZAHLTE PERSONEN
  • 465 BEZAHLTE LEUTE
  • 8 LEUTE, DIE DAFÜR BEZAHLT WERDEN, DASS SIE IM INNEREN VON KARTONSCHACHTELN BLEIBEN
  • 24 BETONBLÖCKE, DIE WÄHREND EINES ARBEITSTAGES STÄNDIG VON BEZAHLTEN ARBEITERN BEWEGT WERDEN
  • 160 CM LANGE LINIE, DIE AUF 4 LEUTE TÄTOWIERT IST
  • 3 LEUTE, DIE DAFÜR BEZAHLT WERDEN, DASS SIE WÄHREND EINES FESTS IN 3 KISTEN LIEGEN BLEIBEN
  • 10 PERSONEN, DIE DAFÜR BEZAHLT WERDEN, DASS SIE MASTURBIEREN
  • 10 ZOLL LANGE LINIE, RASIERT AUF DEN KÖPFEN VON ZWEI DROGENABHÄNGIGEN, DIE MIT JE EINER HEROINDOSIS ENTLOHNT WERDEN
  • 68 LEUTE, DIE DAFÜR BEZAHLT WERDEN, DASS SIE DEN EINGANG ZU EINEM MUSEUM BLOCKIEREN
  • ARBEITER, DIE NICHT BEZAHLT WERDEN KÖNNEN, WERDEN DAFÜR ENTLOHNT, DASS SIE IM INNEREN VON KARTONSCHACHTELN BLEIBEN
  • PERSON, DIE FÜR EINE UNUNTERBROCHENE ARBEITSZEIT VON 360 STUNDEN BEZAHLT WIRD
  • HERAUSGERISSENE MAUER EINER GALERIE, UM 60 GRAD ZUM BODEN GENEIGT UND GESTÜTZT VON 5 PERSONEN
  • 12 ARBEITER, DIE DAFÜR BEZAHLT WERDEN, DASS SIE IM INNEREN VON KARTONSCHACHTELN BLEIBEN
  • PERSON, DIE DAFÜR BEZAHLT WIRD, DEN TEILNEHMERN AN DER EINWEIHUNG OHNE DEREN ZUSTIMMUNG DIE SCHUHE ZU PUTZEN
  • PERSON, DIE DAFÜR BEZAHLT WIRD, IM KOFFERRAUM EINES AUTO ZU BLEIBEN
  • PERSON IN EINEM UNTERIRDISCHEN GRABEN MIT 300 x 500 x 300 CM
  • 430 LEUTE, DIE MIT 30 SOL DIE STUNDE BEZAHLT WERDEN
  • PERSON, DIE DAFÜR BEZAHLT WIRD, DASS SIE AN EINEM HOLZBLOCK FESTGEBUNDEN BLEIBT
  • 133 LEUTE, DIE DAFÜR BEZAHLT WERDEN, DASS SIE IHR HAAR BLOND FÄRBEN
  • 11 LEUTE, DIE DAFÜR BEZAHLT WERDEN, DASS SIE EINEN SATZ LERNEN
  • PERSONENGRUPPE MIT BLICK AUF DIE WAND UND PERSON MIT BLICK AUF DIE WAND
  • POLYURETHANSPRAY AUF 18 PERSONEN GESPRÜHT
  • 586 ARBEITSSTUNDEN

Und zuletzt noch eine schöne Bestätigung dieses Blog-Theorieprojekts:

Im Editorial des aktuellen Hauptblatts [von Nature] werden Wissenschaftler geradezu aufgefordert, sich endlich auch in der Blogosphäre zu engagieren (It’s good to blog“). Und zwar auch – oder gerade – solche, die  mit dem Gedanken spielen oder die ersten Schritte eingeleitet haben, in einem der hochrangigen „Nature“-Journale zu publizieren.

Woher nimmt der Staat das viele Geld?

Telepolis-Artikel zur viel zu wenig gestellten Frage, woher denn die ganzen Milliarden kommen:

Doch wer sind die Geldgeber? Konkrete Informationen dazu bleiben rar. Die Finanzagentur veröffentlicht lediglich eine [extern] allgemeine Liste der „Bietergruppe Bundesemissionen“. Diese nennt für das Jahr 2008 als Hauptkreditgeber die Barclays Bank, die Deutsche Bank, Merrill Lynch, UBS und Morgan Stanley, weiter unten tauchen Goldman Sachs und Citigroup auf, schließlich sogar die mittlerweile teilverstaatlichte Commerzbank.

Ich habe schon überlegt, als Aktion einen Politiker-Computer auf den Alex zu stellen, der ständig Geld druckt. Könnte provokant sein, denn bei Geldscheine Kopieren kommt man schnell mit dem Gesetz in Konflikt. Ich will aber doch bei meinen Leisten bleiben und wenn dann etwas machen, bei dem etwas klingt (Druckergeräusche ist mir zu wenig..).

Aktion des Monats (Update)

Der Komponist, Musikwissenschaftler und Musikkritiker Arno Lücker hat heute abend nach einem Konzert im Theater Brandenburg, wo sein Stück

I was like: „Oh my God!“
And she was like: „What the fuck!“
And we were like: „Oh my God, what the fuck!“
(für Trompete und Zuspielung) (2008/2009)

von Paul Hübner gespielt worden war, einem Gast der während dem Konzert andauernd gelacht hatte, einen Eimer Wasser über dem Kopf ausgeleert. Chapeau!

Update: Arno Lücker wird nun mit einer Anzeige gedroht. Ich rufe zur Solidarität auf zu Gunsten störungsfreier Konzerte!

Theorie der Provokation 2 (Musik)

Nachdem ich gestern einige Stichpunkte zur Herstellung von Provokation zusammengetragen habe, gehe ich heute auf Provokation in der Musik(geschichte) ein.

Es gibt immer wieder neue, ungewohnte Musik, die auf die Alteingesessenen provokant wirkt, die mittelalterliche Ars Nova, die Neuerungen Monteverdis, die sich als dezidiert modern selbstverstandenen Romantiker, bis zum Techno, der die Altrocker abzuschaffen drohte. All das interessiert hier nicht so sehr, da es sich kaum um gezielte Provokationen handelt als vielmehr um den üblichen Prozess der Etablierung von Neuem, auch wenn das z.T. ostentativ auftrat, manchmal aber auch im Gegenteil (Schönberg verstand sich als Traditionalist!).

Hier soll es um Kunst gehen, deren Wesen die Provokation ist. In der Musik gibt es da:

  • Dissonanzen (nicht von Schönberg als Provokation gedacht, aber beispielsweise bei Varèse), Geräusche (Lachenmann)
  • Lautstärke (ebenfalls Varèse, Rockmusik, Dror Feiler)
  • Kunstbegriff-Erweiterung (Dada, Cages Zufalls- oder Stille-Musik, Fluxus-Konzepte und – Zerstörungen)
  • Diebstahl (Sampling: GEMA-Aktion)
  • Semantische Inhalte (Texte oder Zuschreibungen, z.B. Charts Music)

Die Dissonanzen sind heute zwar nicht etabliert, aber einer kleinen verrückten Künstlersparte, der „Neuen Musik“, einigermaßen zugebilligt, ebenso was den erweiterten Kunstbegriff angeht. Die Lautstärke kann immer noch provozieren. Provokante Texte wusste die Rock- / Punkmusik zu gebrauchen (in der Neuen Musik gibt es die fast gar nicht!), evtl. unterstrichen von extremer Lautstärke. Am aktuellsten ist sicher Sampling, das durch die digitale Revolution Attraktivität gewonnen hat und zugleich entschiedenen Gegnern gegenübersteht, da hier eine riesige Marktstruktur bedroht wird. Der technologische Fortschritt allgemein wird auch wieder ein paar konservative Lager angreifen, z.B. der Fortschritt der elektronischen Musik und ihrer Instrumente, die die guten alten Instrumente einschließlich der (imho eh immer peinlich gewesenen) E-Gitarre verdrängen könnten.

Interessant für die Zukunft wird die vom Philosophen Harry Lehmann angekündigte „gehaltsästhetische Wende“ sein. Klänge sind weithin erschöpft, aber sie können semantisiert werden, wie ich es zum Beispiel mit Charts Music getan habe. In der Art versuche ich nun auch, einige Aktionen zur Bundestagswahl zu konzipieren, wofür als klingendes Material vor allem Reden von Politikern dienen, die nicht einfach nur Klang sind, sondern inhaltlichen und auratischen Gehalt haben.