Skip to content

„In Futurum“ von Erwin Schulhoff

Unglaublich – Ein Klavierstück ohne auch nur eine Taste zu drücken, das gibt’s nicht erst seit Lachenmann, sondern schon seit 1919, dank Dada. (Der Pianist spielt allerdings versehentlich einen Ton, wahrscheinlich eine höchst freudsche Fehlleistung.) Richtigerweise heißt das Stück ja auch „In Futurum“. Es besteht nur aus Pausen, die interpretiert werden wollen.

Danke für den Hinweis, Ole!

Nazimusik im Selbstversuch – 1. Bericht von den „Feeds“-Proben

Spätfolgen des Zweiten Weltkriegs

Ich erzähle öfter, zuletzt in meiner Darmstadt Lecture, dass ich vornehmlich Musik verarbeite, die ich nicht mag. Das erzeugt in der Regel Diskussion – ob das denn wirklich stimmt?!

Hoffentlich ist das wenigstens in diesem Fall eindeutig: In „Feeds. Hören TV“ erklingt an einer Stelle ein altes Nazilied, noch teilweise von live-Instrumenten verstärkt. Was hat es damit auf sich?

Norbert Schultze (Quelle: Wikipedia)

Norbert Schultze (Quelle: Wikipedia)

Der Komponist des berühmten Schlagers „Lili Marleen“, Norbert Schultze, hat während des Zweiten Weltkriegs auch Lieder wie „Panzer rollen in Afrika vor“ oder „Bomben auf Engelland“ komponiert. Und statt dass dieser Schund verboten würde, ist er bis heute im Repertoire der GEMA enthalten. (Kann man im online-Katalog der GEMA recherchieren.) Nachdem Schultze ein schönes Leben hatte, hat er testamentarisch verfügt, dass fortan sämtliche Tantiemen aus Werken zwischen 33 und 45 ans Deutsche Rote Kreuz gehen. Jedesmal, wenn so ein Nazilied abgespielt wird, gehen die GEMA-Gebühren dafür ans Rote Kreuz. Das sind die Einnahmemodelle des Roten Kreuzes. (Ich wurde darauf von Martin Hufner hingewiesen, danke, Martin!)

Aktion „Nazilieder für Flutopfer in Pakistan“

In „Feeds“ werden wir dem DRK eine Spende geben, indem wir „Bomben auf Engelland“ spielen – denn dann müssen wir auch die GEMA-Gebühren dafür entrichten, die dann ans Deutsche Rote Kreuz weitergehen.

Eine Schwierigkeit, die ich allerdings gar nicht beachtet hatte, ist die Probenarbeit damit. Immer wieder diesen Nazischund hören zu müssen ist so grauenhaft, so unerträglich, dass der Part eigentlich unspielbar ist. Ich muss leider feststellen: Hier wird Musik zur existenziellen Erfahrung.

Christoph Schlingensief RIP

Nirvana / Rockin robin – Mashup

Da ich Pathos überhaupt nicht ausstehen kann, sind mir alle Smells-like-Teen-Spirit – Remixe höchst sympathisch. (vgl. auf Kulturtechno: Musikentwertung?)

(via The Daily What)

Darmstadt Lecture – Video

Mein Vortrag vom 24.7.2010 bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik ist nun online samt PowerPoint-Folien, in englisch:

My Lecture at the Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik on 24 July is now online, including Power Point Slides, in english:

[ad#ad2]

Partitur für einen Ohrwurm

Fremdarbeit – Radiosendung online

Die Radiosendung vom 10.6.2010 auf DeutschlandRadio Kultur über meine Aktion Fremdarbeit ist jetzt online:

Hier eine Hörerreaktion.

Player Piano Pionier

Das Player Piano, ein selbstspielendes Klavier mit Lochstreifenprinzip, gilt als Vorläufer der elektronischen Musik, und der herausragende Komponist dafür ist Conlon Nancarrow, der von 1948 an sich zurückzog um ganz autonom dafür zu komponieren. In den 1970ern wurde er dann weltbekannt, angeblich dank Ligeti.

Drüben bei Acousmata schreibt Thomas Patteson über einen unbekannten Pionier der Player-Piano-Musik: Hans Haaß. Da gibt es auch ein Stück von 1926 zu hören, was ziemlich gut ist und sehr zu den Roaring-Twenties passt.

Alles weitere hier:

http://acousmata.com/post/846043955/fugue-in-c-major

I will survive – Shoahüberlebender tanzt in Ausschwitz

Ein Video, das ich hervorragend finde: Ein Ausschwitzüberlebender tanzt zusammen mit vier Enkeln an Orten der Shoah. Hier wird praktisch die gesamte Problematik der Gedenkkultur aufgeworfen.

Texte dazu:
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0813/feuilleton/0008/index.html
http://www.taz.de/1/netz/netzkultur/artikel/1/disco-dancing-in-auschwitz/
http://bersarin.wordpress.com/2010/08/14/dancing-auschwitz-1/

Die stärkste Ästhetik ist die, die (fast) nicht auszuhalten ist.

„Mein Schreibzeug“ @ Positionen 84

In der Zeitschrift Positionen erscheint in der Ausgabe 84 (ab Mitte August erhältlich) mit dem Thema „Neukontextualisierung – Generationenwechsel“ ein kürzerer Text von mir mit dem Titel „Mein Schreibzeug“, in dem es um die heutigen Produktionsbedingungen des Komponierens geht.

Snip:

Die Möglichkeiten des Komponierens haben sich für mich durch den technologischen Fortschritt stark erweitert. Beispielsweise wird die seit Jahrzehnten ausgegebene Parole „anything goes“ überhaupt erst jetzt real – weil mittels Computer und Lautsprecher nun tatsächlich alles Klingende eingesetzt werden kann. (Bis vor zehn Jahren war „alles“ fast nur im Rahmen der klassischen Instrumente machbar.)

Mit der Emanzipation vom Klassik-Image erledigen sich dann meines Erachtens diverse, gern genutzte Nährböden der Kunstmusik: neoromantische Ausdrucksoffenbarungen, Neue-Musik-Simulationen, Stilprovokationen oder Kritik am „philharmonischen Schönklang“. (Die Berliner Philharmonie ist ein Altenheim – will ich ein Altenheim kritisieren?)

[ad#ad2]