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Kleine Weltreise – Tagebuch #27

Noch Gedanken zu weiteren Kritiken am Neuen Konzeptualismus (siehe vorher auf Kulturtechno).

Das sei doch Eigen-PR: Die kleingeistigste von allen Kritiken. Vulgär. Wir leben im Kapitalismus, auch die Neue Musik ist ein Markt, also kann schlechterdings jede Handlung als PR-Handlung geschmäht werden. Deine Frisur, die ist doch PR!
Dass es auch ein Interesse an der Sache gibt, scheint bei diesen Kritikern jenseits der FDP-Vorstellungskraft zu liegen. Das PR-Genöle ist eigentlich unterhalb jedes Diskursniveaus.
Wäre an der Sache nichts dran, würde ihr keine PR dieser Welt helfen. Ich kann auch keine Argumentationsführung sehen, die erkennen ließe, dass der NK „PR“ nötig hätte. Vielleicht kommen die, die so reden, deshalb drauf, weil sie insgeheim für sich selber PR nötig sehen. Ich weiß es nicht, will es auch nicht wissen.

Dass der Neue Konzeptualismus nicht neu sei? Jaja, man kann alles relativieren. Siehe dazu meine Texte Neu und Alt sowie Neuer Konzeptualismus oder Neo-Konzeptualismus?.
Wer keine Neuigkeit als solche anerkennen will, kann das immer herleiten, kann immer abstrahieren. Ein Klavierstück? Aber du weißt schon, es gibt bereits andere Klavierstücke..?! Ein Musikstück? Ist nichts neues, Musik gibt es doch bereits seit 30.000 Jahren. Ein Mensch auf der Bühne? Menschen hatten wir schon. Ein Minimum an Begeisterungsfähigkeit ist der Kunstrezeption halt doch zu eigen, vielleicht ist es auch politisch-genereller eine Frage von Optimismus und Glaube an / Hoffnung auf Fortschritt. Dann hat man vielleicht einen Sinn für die Beispiele und Argumente, die ich im Text Das Neue an der Konzeptmusik vorbringe.

„Warum der ‚Ismus‘?“ „Was soll die ‚Begriffsschublade‘?“
Ich habe die Bezeichnung „Neuer Konzeptualismus“ in Darmstadt – dem Ort für Diskurs – 2012 mit meinem Vortrag vorgeschlagen. Eine Diskussion entstand, der Begriff wurde nicht schlagartig, aber im Lauf der folgenden Zeit aufgegriffen. Nach dem Vortrag habe ich den Begriff erst wieder verwendet, nachdem ich gesehen habe, dass er auch von anderen gebraucht wird.
Ich mag Sprache. Um über Musik zu sprechen, brauchen wir Namen, Begriffe. Wem die Musik damit beschnitten wird, der hat keine musikalische Begabung. Nur weil wir den Ausdruck „verminderter Septakkord“ haben, schmälert das doch nicht die Wirkung des besagten Akkords. Ich weiß nicht, wie es anderen geht, mich verpflichtet der NK zu gar nichts, aber er gibt eine Orientierung auf dem weiten Feld, im dichten Wald (Gestrüpp) der Neuen Musik.
Es wird wohl auf ewig einen Widerstreit geben zwischen denen, die Sprache für etwas Produktives (Hegel) halten und denen, die darin etwas Wirklichkeitsschmälerndes (Adorno) sehen. Letzteren möchte ich allerdings raten, sich aus dem Diskurs auszuklinken und ‚einfach‘ Musik zu hören, statt Theorie-/Intellektuellenfeindlichkeit zu verbreiten – was paradoxerweise dann dennoch im Textmedium geschieht…

Leider geht es in den meisten Fällen, in denen diese Kritiken auftreten, gar nicht ernsthaft um diese Fragen wie der, welchen Stellenwert Sprache für die Musik hat, nicht um den Austausch von Argumenten, sondern um Abwehrreflexe, Rhetorik, Grabenkampf, Verteilungsneid. Wenn wenigstens das reflexiv wieder integriert würde, wären wir auch weiter.

[In meinem demnächst erscheinenden Text „Der erweiterte Musikbegriff“ werden diese Punkte ausführlich und konkret auf die Kritiken/Kritiker bezogen ausgeführt.]

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