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Kleine Weltreise – Tagebuch #26

Hier wird desinfiziert, wie ich es noch nicht erlebt habe. Beim Anflug auf Argentinien gingen die Stewardessen und Stewards vor aller Augen durch das ganze Flugzeug mit Spray; das Auto, in dem ich zum Hotel chauffiert wurde, trug den Duft von Desinfektion in seinen Polstern; auch das Hotelzimmer riecht verdächtig süßlich. Es ist gar nicht ironisch, dass Buenos Aires „Gute Luft“ heißt.

 

Short Cuts

Jetzt hab ich den richtigen Vergleich: Das Grün von Tattoos sieht aus wie Grünspan.

Trauerarbeit. Kein gutes Wort. Ist dann nicht mehr weit bis zur Trauerökonomie.

Das Geheimnis als Währung in den omnipräsenten Tauschbeziehungen, Privates/Privatheit als Investitionsmasse. „Erotisches Kapital“. Was wir privat halten, tun wir entweder, weil es uns für andere nicht interessant erscheint, oder aber weil es Verschleuderung von Vermögen wäre, ein schlechter Deal.

Fokus. An etwas denken, ist das so wie man einen Gegenstand anschaut, oder so wie man etwas bestimmtes hört. An etwas denken ist außerhalb von Zeit und Raum, also dieses etwas, nicht der Vorgang, insofern außerhalb der genannten Vergleiche.

„Ein ‚Ich‘ ist niemals in sich selbst“ (Derrida)

Zum Narzissmus gehören immer zwei.

 

Das abschließende Künstlergespräch in Melbourne, geleitet von einer Radiojournalistin: Statt irgendwelcher Fragen zum Werk gab es Aufgaben der Art „Nennen Sie ihr Lieblingswort und wiederholen Sie es 10 mal.“ „Machen Sie einen Klang, der etwas ausdrückt.“ Sollte wohl au style conceptuel sein. Das hatte dann zur Folge, dass Sachen rumgeworfen und umgeschmissen wurden, ich hab mir bei einer Aktion derart die Hand selbst versohlt, dass sie jetzt noch weh tut. Die meisten Beteiligten fanden es eher blöd, niemand hat damit gerechnet, man wäre gerne vorbereiteter gewesen; Journalisten werten Spontaneität in der Tat viel zu hoch. Im Vergleich zu vielen anderen Gesprächen finde ich aber doch immerhin gut, dass sie so gut vorbereitet war inkl. Powerpoint. Wie viele schlechte Panels hab ich schon erlebt, und fast immer, weil die Moderation schlecht war.

 
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Klänge, die man besonders morgens gerne hört. Hörpsychologie der Tageszeiten und Körpersituationen. So, wie der Blick „auf etwas ruht“, das Ohr in einen Klang reinkuscheln. Wie bei einer Tinnitusmaske.