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Kunsttextgenerator
Über Strukturen und Mechanismen der Förderinstrumente, Preise und Stipendien in der Neuen Musik
In der aktuellen Ausgabe der „Positionen“ (für die ich früher schon geworben habe) steht ein interessanter Artikel mit Recherchen über Strukturen und Mechanismen der Förderinstrumente Preise und Stipendien in der Neuen Musik. Der Text ist online.
Snip:
Die Preisträgerin des Schneider-Schott Musikpreises Mainz 2012 war Birke J.
Bertelsmeier. Sie studierte bei Wolfgang Rihm an der Hochschule für Musik Karlsruhe. Rihm saß in der Jury. Ebenso gewann Bertelsmeier 2012/13 ein Stipendium für das Herrenhaus Edenkoben, in der Jury: Peter Eötvös und
Wolfgang Rihm. Dass die anderen beiden Stipendiaten Ying Wang und Ygoda Szmytka ebenfalls davor mit Rihm zusammengearbeitet haben (Yin Wang) oder seine Schüler waren (Yagoda Szmytka), vermag nicht mehr zu überraschen.
Dazu gibt es ein Blog mit weiterem Material, ausführlichen Tabellen:
http://foerderungneuermusikindeutschland.wordpress.com/
Dieser Blog macht das analytische Material öffentlich einsehbar, das dem Artikel
“Ives oder Webern hätten heute keine Chance…” Über Strukturen und Mechanismen der Förderinstrumente Preise und Stipendien
zugrunde liegt, veröffentlicht in der Zeitschrift Positionen. Texte zur aktuellen Musik Nr 96/2013. Der Untersuchung lag die Fragestellung zugrunde: Inwiefern haben die Förderstrukturen in Deutschland hinsichtlich Innovation oder Stagnation Einfluss auf den Status Quo, auf Qualität und Entwicklung zeitgenössischer Musik?
Der Artikel kann hier eingesehen werden: Positionen_96_Förderungsmassnahmen
Die Tabellen bieten einen statistischen Überblick über Fördermaßnahmen neuer Musik in Deutschland, fokussiert auf Preise und Stipendien.
Die in der Tabelle aufgeführten Namen und Daten basieren auf Recherchen, die wir im Rahmen des Bachelor-Studiengangs 2012/2013 Kunst, Musik und Medien: Organisation und Vermittlung an der Philipps-Universität Marburg durchgeführt haben. Da sich die Vergaberhythmen zeitlich zum Teil stark unterscheiden, liegen der Untersuchung die jeweils letzten fünf Verleihungen zu Grunde.
Beide Tabellen liegen sowohl im Open Document als auch im Microsoft Office Format vor.
Es wäre toll, wenn Tabelle und Aufsatz eine rege Diskussion auslösen würden, das Thema ist mehr als brisant.
Offener Brief gegen Ausbeutung in der Neuen Musik
Diesen offenen Brief eines mir nicht bekannten Studenten aus Essen möchte ich hier auch bringen, denn er prangert zu Recht eine Stellenanzeige im Bereich der Neuen Musik an, bei der Anforderungen und Bezahlung krass auseinanderklaffen.
So oft es in meinem Dunstkreis ohne Idealismus nicht geht – eine solche Fulltime-Jobofferte darf es politisch einfach nicht geben. Konzerte, die sich der Rundum-Ausbeutung junger Hochschulabsolventen verdanken, sind keine Hochkultur.
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Sehr geehrte Damen und Herren des Ensembles Musikfabrik,
ich möchte ihnen hiermit zu ihrer äußerst gelungenen Satire zur aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt und dem im künstlerischen Bereich und dessen Umfeld gängigen Hang zur Selbstausbeutung gratulieren.
Schon mit der eröffnenden Selbstbeschreibung des Ensembles als einem Hort der kreativen Selbstbestimmung und demokratischer Organisationsstruktur, sowie des Internationalen Renomees, das mit den ausgesuchten Interpretationen sowie Auftragskompositionen einhergeht, gelingt es ihnen beim Leser eine wohlwollende Voreingenommenheit für das kommende zu erzeugen.
Hut ab für ihren Mut, sich selbst für diese Satire herzugeben, denn was folgt lässt einen das vorangegangene Wohlwollen doch recht schnell vergessen.
Es erinnert an die vielen Berichte in den Medien über die “Generation Praktikum” die sich – hochqualifiziert – von einem als “Chance auf Entwicklung” bezeichneten Praktikum zum nächsten hangelt und dabei harte Arbeit verrichtet, ohne dafür auch nur im Ansatz angemessen bezahlt zu werden.
Die von ihnen hier gestellten hohen Anforderungen, angefangen bei Sprach- und Computerkenntnissen sowie der Bereitschaft zu Überstunden und unter Druck gut arbeiten zu können, stehen exemplarisch für obengenanntes – fast wie aus einem Lehrbuch. Es wird sich hier ja nicht umsonst an Hochschul-Absolventen gewandt.
Das aufgerufene Bruttogehalt von 950 € ist eine schmerzhafte Erinnerung an das Fehlen eines einheitlichen Mindestlohnes, sowie ein mahnender Fingerzeig an alle Berufsanfänger, nicht jedem auf den ersten Blick attraktiven Jobangebot unüberlegt nachzugehen.
Geht man bei dem von ihnen so trefflich persiflierten “Job-Angebot”, von 22 Arbeitstagen im Monat aus, macht das 176 Stunden. 950 Euro entspricht dann einem Stundenlohn von weniger als 5,40 €. Nicht zu vergessen, brutto, d.h. netto bleibt noch weniger. Wie sollte man sich davon eine Wohnung finanzieren? Dazu in Köln, wo eine 1-Zimmerwohnung mit 16qm ab ca. 285 € kalt zu bekommen ist. (Kurzer Blick auf http://www.wg-gesucht.de/1-zimmer-wohnungen-in-Koeln.73.1.0.0.html). Von den Kosten für Nahrung und etwas Freizeitgestaltung ganz abgesehen.
Dass sie diesen Hungerlohn als Aufwandsentschädigung bezeichnen halte ich für eine gelungene Finte in Richtung der in der politischen Umgangssprache gebräuchlichen Euphemismen wie Job-Center, Leiharbeit oder Wiedereingliederungsmaßnahmen.
Auch entbindet dieses Wort den damit Angesprochenen davon, diese Stelle als Vollzeitarbeitsstelle zu sehen, da es sich – diesem Duktus gemäß – hierbei ja vor allem um eine Chance für BewerberInnen handeln soll, die
“sich für Neue Musik begeistern und gerne in einem kreativen Umfeld arbeiten”
und nicht um einen Knochenjob, in dem regulär das dreifache bezahlt wird.
Jedem der schonmal kurzfristig für eher wenig Lohn für die Sache der Kunst/Kultur gearbeitet hat, ist sich natürlich darüber im Klaren, dass nicht jede Einrichtung einen Mindestlohn o.ä. leisten kann. Aber davon ist hier ja auch nicht die Rede.
Da sie – wie eingangs erwähnt – diese Arbeitsstelle ja vorgeblich für ihr eigenes Ensemble anbieten, ist der letzte Punkt der Satire sicher die Unterfinanzierung, unter der hochrangige Musikalische Institutionen wie die ihre leiden.
Hier wird deutlich dass es nichts hilft wenn in einem Kuratorium vom Kulturdezernent der Stadt Köln bis hin zum Präsident des Deutschen Bundestages, alle wichtigen zuständigen Vertreter aus Kultur und Politik vertreten sind und dass die Finanzierung immer nur unter dem wünschenswerten Niveau bleiben kann, auch wenn eine Fördererliste (http://musikfabrik.eu/netzwerk/aktuelle-foerderer.html) einen anderen Eindruck erwecken mag.
Unter welchen Umständen als unter chronischem, existenziellen Geldmangel, sollte ein Ensemble mit ihren Meriten sonst ein derartig auf die längerfristige Ausbeutung eines jungen Menschen angelegtes Angebot unterbreiten?
Ich möchte abschließend noch einmal betonen, für wie mutig ich es von ihnen halte, ihren eigenen Namen in diesen Text einzubringen, der schmerzhaft an die bestehenden Unzulänglichkeiten erinnert, die leider gängige Praxis sind.
Ich hoffe dass er allen eine Mahnung ist, dass junge Menschen für den Kulturbetrieb nicht zum Nulltarif zu haben sind.
Mit hochachtungsvollen Grüßen
Nicolas Kretz
Student der Elektronischen Komposition am ICEM Essen
P.S.: Für alle die sich jetzt fragen worum es hierbei geht, habe ich den Originaltext, dem in seiner Aktualität eine große Öffentlichkeit gebührt, angehangen.
Nachzulesen ist er auch hier:
http://musikfabrik.eu/ueber-uns/mitarbeiter/stellenangebote.html
„Zeitgenössische Kunst als Institutionskritik“ – Rede von Heiner Goebbels
Heiner Goebbels hat eine bemerkenswerte Rede zur Zukunft der Kultur gehalten.
Woher also wird die Zukunft der Künste kommen, wenn wir nicht nur die Texte im Theater, die Klänge in der Oper und die Schrittfolgen beim Tanz austauschen und renovieren wollen?
Ich glaube, wir müssen strukturell darüber nachdenken.
Wie verhindern wir, dass diese absolut schützenswerten und für die Präsentation des Repertoires einzigartigen Institutionen, über die wir zur Zeit noch verfügen, nicht die beherrschenden, beharrenden Schwerkräfte sind, denen gegenüber mehr und mehr und ganz zurecht die Kritik laut wird, sie seien ’nicht für die Kunst und die Künstler da‘, sondern verlangten im Gegenteil von den Künstlern, ‚was gut für das Haus ist‘: für das Abo, für den Spielplan, für die Besetzung, für das Budget, die zur Verfügung stehende Probenzeit etc. … Aber der Kompromiss ist ein schlechter Regisseur.
Was uns fehlt sind Häuser, die frei sind – aber nicht ‚im doppelten Sinne‘, sondern genauso ausgestattet wie ein Opernhaus, wie ein Stadt- oder Staatstheater –, Produktionsmöglichkeiten, wie ich sie zum Beispiel glücklicherweise zurzeit bei der Ruhrtriennale vorfinde.
Klangkunst im MoMa und die Kritik daran
Seit August läuft im Museum of Modern Art New York, dem bedeutendsten Kunsttempel der Welt, die erste dezidierte Klangkunstausstellung:
http://www.moma.org/interactives/exhibitions/2013/soundings/
Nachdem letztes Jahr die gefeierte „A House full of Music“-Ausstellung in Darmstadt lief (Kulturtechno früher) und im ZKM die schöne „Sound Art“-Ausstellung gezeigt wurde, ist die Klangkunst also auch international im großen Stil angekommen. Hurra!!!!!
Sollte man meinen. Jedoch ist es wohl so, dass die in New York ausgestellten Arbeiten größtenteils sehr niveaulos sind. Seth Kim-Cohen, Autor des hervorragenden Buches „In the blink of an ear. Toward a non-cochlear Sonic Art“ von 2009, in dem er in einem großen historischen Bogen den aktuellen „conceptual turn“ in der Musik beschreibt und philosophisch unterfüttert, hat ein Blog gegründet, das sich hauptsächlich der Kritik an der MoMa-Ausstellung widmet. Dabei hat er schöne theoretische Konzepte, wie etwa die Begriffsgruppen „Sign-Sine-Sein“ oder „Sight-Site-Zeit“:
http://voiceofbrokenneck.blogspot.de/
Hier der Artikel in der New York Times, der sowohl die Ausstellung als auch Kim-Cohens Auseinandersetzung bespricht:
http://www.nytimes.com/2013/08/04/arts/design/museums-embrace-works-made-of-sound.html?pagewanted=all&_r=1&
Und so bereitet derzeit die New Yorker Galerie AVA eine Ausstellung vor, die ein Stück weit eine „Gegenausstellung“ darstellt.
Mir ist dieser Zwiespalt schon öfter begegnet: Da gibt’s endlich ein großes Projekt, das eigentlich im Sinne der Kunstmusik ist, aber dann wird es auch sehr populistisch. Dann kann man der Ansicht sein, besser als gar nix, oder der Ansicht sein, besser nix als so ne Kacke. Zum Beispiel beim „Rhythm is it„-Projekt hatte ich mit einigen Leuten darüber die Diskussion. Ich tendiere eher zu ersterer Ansicht: Immerhin gibt’s mal was. Und so habe ich auch die Hoffnung mit der MoMa-Ausstellung: Zumindest tritt überhaupt mal die Klangkunst in die Wahrnehmung von mehr Leuten, darauf kann man dann ja vielleicht noch aufbauen, was das Niveau angeht.
Joanna Bailie’s Manifesto to save New Music
Nach Michael Rebhahns Darmstädter Vortrag „Hiermit trete ich aus der Neuen Musik aus“ 2012 hat die schwedische Zeitschrift Nutida Musik einige Komponisten um Statements zu diesem Vortrag gebeten (mein Statement). Hier das couragierte Statement von Joanna Bailie.
Resign from new music? Never, I mean to save it! Here are some simple practical suggestions for rescuing new music from its own cultural irrelevance that I have gathered together in a very short MANIFESTO.
1. Let’s cut our ties with the classical music scene. It is the elderly, deeply conservative and wealthy husband (oh the opera houses and symphony orchestras!) we have been married to all these years who (not so) secretly hates us. We still love the dusty old man though, because we love Beethoven and conservatory-trained musicians. This is not good enough: time to set ourselves free girlfriends!
2. Down with publishers! They absorb funding and contribute a great deal towards the promotion and domination of culturally irrelevant middle-of-the-road New Music.
3. Take some care over curation. Why does New Music think it’s OK to be lazy about which works are arranged on a concert or festival together? And while we’re on the subject, why are sound art, instrumental new music, electronic music and improvisation so rarely presented on the same platform? Surely a little more dialogue between these genres would be beneficial to all.
4. Always keep the following questions in mind when composing: Do any of your culturally-engaged conceptual artist friends understand your music or think it’s interesting? Do they even bother going to your concerts?
5. For ensembles and composers: find a more fruitful and less rigid way of working together, one that is not based on the classical model of composing for three months, making the parts, a few hours of rehearsal, a very short general in the venue and then (one) performance. This modus operandi sucks.
Einige der angesprochenen Aspekte klingen auch in meinen Texten „Institutionen komponieren“ und „Membranmanifest“ an.
No problem! Approaches towards an artistic New Music (Vortrag von Michael Rebhahn)
Michael Rebhahn hat eine Fortsetzung seines Darmstadt-Vortags „Hiermit trete ich aus der Neuen Musik aus“ bei einer Konferenz an der Harvard University gehalten (Kulturtechno früher). Darin referiert er sehr interessante Antworten auf seinen ersten Vortrag und bringt nun auch explizite Beispiele.
Der Vortrag steht online auf einer eigens eingerichteten Seite der Harvard New Music Group für die Konferenz, auf der auch Harry Lehmann, Hannes Seidl und ich gesprochen haben:
http://hgnm.org/2013/05/13/documentation-hgnm-conference-new-perspectives-on-new-music/
Hier ein instruktives Beispiel feinster Neuer Musik aus seinem Vortrag, die Summe aller Neuer Musik schlechthin, die irgendwie, nun ja, vielleicht so langsam zum Alteisen gelegt werden kann.
Sven Isabel Schöllkötter
Music for voice, clarinet, violoncello, piano and percussion
Die ver-songte Stoiber-Rede. Weitere Meldung: Rad erfunden!
Es macht überall die Runde und ist bereits im Pop-Feuilleton der FAZ angekommen: Die musikalisierte Stoiber-Rede.
Ich danke für diverse Hinweisgeber, möchte an der Stelle aber möglichst ohne Arroganz (die ich mir beim Pop-Feuilleton nur mit viel Mühe verkneifen kann), nur so als Ermunterung zum Kennenlernen sagen: Kinder, das Verfahren kennt die Neue Musik seit Jahren, ja, Jahrzehnten.
Früher auf Kulturtechno:
“Voices and Piano” von Peter Ablinger
Ablingerization before Ablinger
Die FAZ und andere merken’s halt leider erst, wenn ein SONG daraus geworden ist. Drüben im Bad Blog hat Hahn das gut auseinandergenommen.
Ähnlich verhält es sich mit Kraftwerk – jedes mal, wenn davon die Rede ist, dass die „Elektronik-Pioniere“ seien, muss ich mich schmerzhaft winden; Kraftwerk haben nur ver-songt, was Stockhausen, Xenakis und Koenig 20 Jahre früher als wirkliche Pioniere im Atonalen ergründet haben.
Nun ja, vielleicht müsste die Neue Musik halt auch gleich ver-songen; einmal die Experimentalversion und gleich dazu die Songversion. Ein Zukunftsmodell?
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Aphorismen des Tages:
Musik ist Terzquartakkord
Unterhaltung zwingt zum Postmodernediskurs
Zusammenhang Praxis
Oktave kann 235
Er sah, erblickte Göttingen
Experimenteller Hals
Passt auf: Kräfte
Per Zufall durchs Netz
In meinem Essay „Das totale Archiv“ habe ich am Rand eine Bemerkung gemacht über die Aneignung von Wissen durch Zufallsgeneratoren.
Vielleicht ist die einzig adäquate Form der Wissensaneignung heute und in Zukunft die Funktion „Zufälliger Artikel“ auf Wikipedia.
Kürzlich hatte ich hier schon das Kunstprojekt, bei dem jemand sich per Zufall von Amazon beschicken lässt. Hier nun ein Browser-Plugin zum zufälligen Surfen im Netz:
Wer in seiner freien Zeit gerne ziellos im Internet herum surft, kann das mit der www.go Firefox-Erweiterung jetzt auch automatisieren. Die Software ruft alle paar Sekunden einen neuen, zufälligen Link auf der aktuellen Webseite auf und bringt Sie so schnell auf Webseiten, die Sie wahrscheinlich noch nie gesehen haben.
http://www.chip.de/news/www.go-Zufall-Internet-Reise-mit-Firefox-Add-on_59527136.html
Das birgt eine große, interessante Diskussion:
1. Wie mit den heutigen, riesigen Datenmassen sinnvoll, ethisch und pragmatisch umgegangen werden kann
2. Wie man sich der „Filter Bubble“ erwehren kann (siehe dazu: Miriam Meckel)
Und eine Antwort auf beide Fragen ist: der Zufallsgenerator! Beispielsweise komme ich bei den ca. 70.000 Samples von Einzelklängen, die ich auf der Festplatte habe, eigentlich nur noch durch Zufallsverfahren zu guten Kombinationen (siehe: COIT). Weshalb ich im Donaueschinger Programmtext dann geschrieben habe:
Eigentlich müsste nicht nur mein Name als Autor dranstehen, denn das meiste habe ich vom Computer komponieren lassen (Zufallsgeneratoren kann man Subjektivität zugestehen); ich habe nur geeignete Resultate ausgewählt. Selber wäre ich auf sie nicht gekommen.
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Aphorismen des Tages:
Gegenstand Paris Ton
26 herrscht
abschirmen beziehungsweise Musiker
Zaungäste sind kosmisch
Psychophysische Rechts-links-Dimension
Haben
Dynamik
Skizzen
öffnen
Schelling
Hörer
Der Low-Tech- und Retro-Eskapismus
Letzte Woche besuchte ich ein typisches Underground-Konzert der Berliner freien Szene. In einem leeren Ladenlokal in Friedrichshain fand man sich ein, zuerst eine Noise-Improv-Nummer, dann ein Performer, der auf einem Super-8-Projektor ‚spielte’.
Schon zu Beginn des Konzerts stand dieses kleine Monstrum von Filmprojektor ehrwürdig da, mit seinen Spulen, Schaltern und eingespannten Bändern. Die Performance bestand dann darin, dass die Maschine ständig an- und ausgeschaltet wurde, dabei permanent in der Geschwindigkeit von 1 Bild pro Sekunde bis 25 Bilder pro Sekunde variiert und das ausgegebene Bild mit Filterfolien und Linsen manipuliert wurde, dass ein kleiner Schirm die Projektion in verstellbaren Winkeln einfing, etc.pp., immer wieder wurde noch ein neues Register gezogen, eine kurzweilige halbe Stunde lang. Es war alles schön anzusehen, die Maschine ratterte, zuckelte und stockte expressiv, es ergaben sich immer wieder reizvolle Farben und Formen, der Rhythmus der Aktionen hätte etwas entschlossener sein können, aber egal.
Mich hat währenddessen etwas Grundsätzliches angefangen zu beschäftigen: Was würde der Performer wohl anstellen, wenn er statt dieser 40 Jahre alten Super-8-Maschine einen Beamer von 2012 vor sich hätte – wo es nicht dankbar 100 Orte am Gerät gibt, an denen man irgendwas mit einfachen Handgriffen manipulieren kann, sondern er nur diese aseptische Oberfläche hätte und sich mit der Fernbedienung durch die Menüs und Untermenüs hangeln müsste. Tja, das wäre eine Herausforderung. Eine ästhetische, performative Herausforderung der heutigen, noch ein bisschen mehr entzauberten Welt.
Es gibt eine regelrechte Low-Tech- und Retroanalog-Bewegung in der Neuen Musik. Da wird mit Kassetten, Megaphonen, Effektgeräten und Kinderkeyboards fröhlich hantiert, manchmal im Resultat ganz hübsch, im Einzelnen kein Problem, und man kann mit den Geräten durchaus Sachen machen, die nur mit ihnen möglich sind – also gut, dass sie gemacht werden! Aber bei der Häufigkeit, in der mir das seit einigen Jahren begegnet, frage ich mich dann doch, ob das nicht tiefere Gründe hat und was das eigentlich ausdrückt. Und ich finde diesen Ansatz dann doch im Grunde total unbefriedigend. Es beschleicht mich der Verdacht: Hier manifestiert sich ein Eskapismus. Es gibt das Bedürfnis in dieser Welt 2012, sich mit den (sehr monströsen) Strukturen von Google, Amazon, Smartphones und Überwachungskameras auseinanderzusetzen; das spüren viele Komponisten, fühlen irgendwie eine Notwendigkeit, Elektronik einzusetzen. Aber im nächsten Moment kommt der Rückzieher und sie flüchten sich wieder weg in die harmloseste, banalste Form von Elektronik, in die Welt von Spielzeug und analogem Kleinkram von vor 30 Jahren. Man macht es sich schnell wieder einfach. Sowohl die Komponisten, die was zum Rumfummeln haben und nicht lernen müssen, was ein Algorithmus ist (obwohl sie täglich die Sklaven von Google-Algorithmen sind), als auch die Interpreten, die keine teuren Interfaces besorgen und keinen Programmabsturz fürchten müssen. Es wird da eine Aura abgegriffen, eine gewisse Exotik des Vergangenen hereingeholt und der Nostalgie oder gar der „Infantilgesellschaft“ (Jelinek) gefrönt, das ist alles billig zu haben.
Ist man einfach logistisch überfordert, ist man ästhetisch der hypermodernen Welt nicht mehr gewachsen? Mit seinen eigenen Mitteln kommt kein Künstlerchen gegen diese Weltkonzerne an, fürwahr. Man kann sich Hilfe von Experten heranholen, dafür muss man wiederum das Geld haben. Es ist sehr viel Arbeit. Beispielsweise Stefan Prins‘ Generation Kill, das bei den diesjährigen Donaueschinger Musiktagen viel Beachtung erfahren hat, war in der Tat ein Overkill an Arbeit am Medium – 4 Laptops je mit Interfaces, 4 Beamer, 8 Webcams, die Spieler mussten Joysticks genau nach Partitur bedienen, eigens gebaute halbtransparente Paravans, Found Footage und Live-Videoremix, spezielle Beleuchtung, Choreographie, Live-Audioelektronik sowieso, ein gigantischer Max/Msp+Jitter-Patch. Aber hey, Kunst ist halt viel Arbeit. Ich wünsche mir, dass dieser Anspruch und dieses Ethos (ganz grundsätzlich, nicht nur bezogen auf Elektronik) präsenter werden.
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Aphorismen des Tages:
Sanfte Textartikulation Ordnung
Kulturreise Verdopplung
Spitznamen begannen Postulate
Metier wird ernst
Tote Rezipienten
Mischpult Brahms
Abstehende Situationen Buchstaben