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Kategorie Kritik der reinen Vernunft

Diskussion über die Donaueschinger Aktionen & politische Kunst

Nach den Donaueschinger Aktionen gegen die Fusionierung der SWR-Orchester entspann sich auf Facebook eine lange Diskussion vor allem um die Aktion, die ich zusammen mit der GNM durchgeführt habe. Die Diskussion hat mich annähernd in Depressionen und auto-aggressives Verhalten gestürzt; was da an Vorwürfen kam, damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Mehrere Freundschaften sind hier zuende gegangen. Aber wie dem auch sei, in der Diskussion kommen nicht nur Komponisten-Eitelkeiten vor, sondern auch ein paar gute Gedanken über politische Kunst, darum hat der Pianist Ian Pace das Ganze auf seinen Blog transferiert zur öffentlichen Einsicht.

http://ianpace.wordpress.com/2012/11/07/the-johannes-kreidler-protest-at-donaueschingen-about-the-fusion-of-the-radio-orchestras-at-baden-badenfreiburg-and-stuttgart-a-discussion-from-facebook/

Update: Jetzt gibt es auch die PDF-Version. Bald dann auch als Reclam-Buch.

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Aphorismen des Tages:

 

Bruckner ist politischer als Holliger

Resultate 21-22

Ende einer Reihenstruktur

Zeit überrascht Kraft

Manifest für unterschiedliche Inkonsequenzen und Zeitstabilitäten

Konvergenz
Verdinglichgung
Teilung

Melodie
Panorama
Text

Friedhof der fusionierten Orchester

Während der Donaueschinger Musiktage letztes Wochenende gab es diverse Protestaktionen gegen die Fusionierung der beiden SWR-Orchester, so ein Friedhof mit Kreuzen für jedes in den letzten Jahren geschlossene („fusionierte“) Orchester.

Leider muss man davon ausgehen, dass die SWR-Fusion nicht mehr zu stoppen ist. Was unsere Aktionen aber dennoch sinnvoll macht: Den Oberen zeigen, dass bei der nächsten Kürzungsfantasie erbitterter Widerstand schon bereitsteht.

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Aphorismen des Tages:

 

Kommentarband Gott

Autonomie (1922)

Urheberrechtliche Stilisierung als Musikdrama

Tagebücher auf dem Walzenklavier

Unschönheiten, zum Titel geschrumpft

Polyphonie als Farce

Gebilde, durchnummeriert

Meine Donaueschinger Aktion (Update)

Für den Beginn des Eröffnungskonzerts der diesjährigen Donaueschinger Musiktage, bei denen ich mit einem neuen Ensemblestück und einer Klanginstallation vertreten war, habe ich im Auftrag der GNM eine Aktion gegen die Fusionierung der beiden SWR Symphonieorchester konzipiert und ausgeführt.

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Update: Jetzt steht die ganze Aktion + Radiotonspur online (Danke an die NMZ!)

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Mir wurde gesagt, am gestrigen Montag sei auch auf 3Sat Kulturzeit von der Aktion berichtet worden, ich kann in der Mediathek aber nichts finden.
Update: Hier ist der Beitrag in den Kulturzeit-News.

Auf Facebook wurde der vollständige Radiomitschnitt hochgeladen inklusive der anschließenden Rede von Festivalchef Armin Köhler:


https://www.facebook.com/photo.php?v=2509293029838

Hier der offizielle Bericht vom SWR. In vielen weiteren Tageszeitungen wird von der Aktion berichtet.

Versprecher des Tages: Gesprächskonzert mit Wolfgang Rihm

rihm6000.mp3

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Aphorismen des Tages:

 

Gestischer Neoliberalismus

Das symptomatische Portamento bei Ferneyhough

Cage herausgeben

Mit Deutungszwang argumentieren

Mattheson, Brecht, ungelöst

Einführung in den romantischen Gestaltwandel

Geschmack
Anwesenheit
Analogien

Der BILD-Algorithmus

Fehlt allerdings der Sport.

(via Kraftfuttermischwerk)

Früher auf Kulturtechno: Der Tatort-Algorithmus

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Aphorismen des Tages:

Der Rezipient des konstruktiven Wechsels

Die Lichtschranke am Ende des Tunnels

Formlos definierte Tiefenschärfe

Erotik in Sprechblasen

Intelligenz
Showeinlagen
Markendruck

Götterwerke wussten schöne Weltrevolutionen

Der Mensch wird Mädchen

Radikale Antitraditionalisten

Michael Rebhahns Vortrag „Hiermit trete ich aus der Neuen Musik aus“ online

„Insoweit sich der Komponist nicht auf die eingangs angesprochene Rolle des Konservators beschränken möchte, ist eine Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Realität des Musikalischen außerhalb der Mikrostruktur Neue Musik unumgänglich. Den Wandel der Produktions-, Verbreitungs- und Wahrnehmungsbedingungen von Musik zu ignorieren, käme einem ästhetischen Offenbarungseid gleich und dürfte bestenfalls im Interesse von Komponisten liegen, die Gefallen an der Rolle des Totengräbers ihres Genres finden. Die Position des aufmerksamen, kritischen Konsumenten, der die Mechanismen medialer Gegebenheiten mit Blick auf ihre Bedeutung für den Materialstand Neuer Musik beobachtet, ist eine der zentralen Voraussetzungen für den Entwurf eines zukunftsfähigen Komponierens.“

Allmählich kommen die Inhalte der diesjährigen Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik online – jetzt steht der vielbeachtete von Michael Rebhahn auf der IMD-Seite.

Unmittelbar nachdem Michael Rebhahn seine Lecture „Hiermit trete ich aus der Neuen Musik aus“ bei den Darmstädter Ferienkursen 2012 gehalten hatte, setzte eine rege Nachfrage nach dem Text ein. In mehreren Rezensionen und auf Internetforen wurde auf den Vortrag verwiesen. Bevor Rebhahns Text im nächsten Band (22) der „Darmstädter Beiträge zur Neuen Musik“ zu den Ferienkursen 2014 erscheinen soll, machen wir hier den Text online zugänglich.

http://www.internationales-musikinstitut.de/images/stories/PDF-Datein/NEWS_27.8.12_Hiermit_trete_ich_aus_der_Neuen_Musik_aus.pdf

Michael Rebhahn’s Darmstadt-Lecture online

Right after Michael Rebhahn gave his lecture „ I hereby resign from New Music“ at the Darmstadt Summer Course 2012 there came up a huge interest in the text. In some reviews and also in some internet blogs people were referring to the lecture. IMD will publish Rebhahn’s text within the „Darmstädter Beiträge zur Neuen Musik“ vol. 22 in 2014 but wants to make the text accessible online:

http://www.internationales-musikinstitut.de/images/stories/PDF-Datein/NEWS_27.8.12_Rebhahn_-_I_hereby_resign_from_New_Music.pdf

(via IMD)

Die Ex-negativo-Krankheit

Das ist ein Appell an die Musikpublizistik.

Sehr oft lese ich (oder höre ich in Radiosendungen) die Ex-negativo-Rhetorik. Als nur ein Beispiel (es findet sich aber wirklich in SEHR VIELEN journalistischen Texten über Musik derlei) in der De:Bug, worin das Klangkunstprojekt „Tweetscapes“ beschrieben wird:

Es sind sonische Artefakte, die sich nicht in selbstgefälliger Esoterik an Traditionen der Verfeinerung und Zerebralisierung abendländischer Großkunst laben. Das Oberlehrerhafte geht dieser Klangkunst völlig ab.

Wovon will sich der Autor (Holger Schulze) hier abgrenzen? Wer ist es denn, der sich in selbstgefälliger Esoterik an Traditionen der Verfeinerung und Zerebralisierung labt, wo ist die oberlehrerhafte Klangkunst, von der der Autor klarstellen möchte, dass sein besprochenes Werk sie auf jeden Fall NICHT ist? Wieso nennt er keine Namen?
Wahrscheinlich, weil es diesen Pappkameraden, diesen esoterischen Oberlehrerdeppen in Natura gar nicht gibt, sondern nur in der Imagination von Herrn Schulze. Herr Schulze leidet an der (sehr verbreiteten) Ex-negativo-Krankheit, genauer gesagt an der Phantom-Ex-negativo-Krankheit.

Zugegeben litt auch ich früher bisweilen an der Krankheit, eine Erbkrankheit. Aber ich sehe, dass es unproduktiv ist und verklemmt – Kritik, aber bloß nicht jemandem zu nahe treten. Doch irgendwann ist es überwunden mit Abgrenzung und Formulierung von lapidaren Gegensätzen, bei denen auf der einen Seite ein idealtypisches jämmerliches, anonymes Scheißding steht und auf der anderen Seite das konkrete, glänzende Gute. Jeder kann komponieren, was er will, kritisiert werden können nur die, die öffentliches Geld dafür ausgeben. Das ist aber eine eigene Baustelle.

Ich kann mir schon denken, wen Herr Schulze meint: Die Neue Musik bzw. manche ihrer prominenten Vertreter. Aber eine namentliche Auseinandersetzung wagt er dann doch nicht, haut lieber auf den Pappkameraden ein. Nur da funktioniert das Ex-negativo-Prinzip nämlich.

Ihr Musikjournalisten, die ihr Besprechungen schreibt und Radiosendungen macht: Hört, wenigstens mal versuchsweise, auf, mit der Ex-negativo-Rhetorik Zeilen zu füllen und Sendeminuten zu verheizen. Der Erklärungswert dieser Aussagen ist sehr gering und die Methode lässt Niveau vermissen, sie ist einfach nicht zeitgemäß dem postmodernen Pluralisms. Differenzen statt Gegensätze – aber das ist eben viel aufwändiger. Und wenn schon Opposition (bedenkt: „Wenige sind wert, dass man ihnen widerspricht“), dann immer konkret Namen nennen. Aber ihr werdet sehen, wie gut man darauf verzichten kann.

Tageslink: Eine Polemik gegen die Institutionen der Neuen Musik

In der Wiener Zeitung steht eine Polemik gegen die Neue Musik, die ich größtenteils unterschreiben kann; vor allem die mediale Situation (alte Instrumente) und die institutionellen Strukturen, die mit Kompositionen gefüttert werden wollen, sind mehr als bedenklich (siehe auch meine Texte Membranmanifest und Institutionen komponieren).

Wie kommt es, dass Musik, deren zentrales Merkmal laut Eigendefinition ihre Neuheit ist, sich zum allergrößten Teil mit Instrumenten und in Konzertsälen des 19. Jahrhunderts ereignet? […] So zeichnet sich Neue Musik heute weniger durch besondere strukturelle Eigenschaften ihrer Werke aus, als vielmehr durch die Entschlossenheit, medientechnisch rückwärtskompatible Musik für bestehende Strukturen wie Konzert- und Opernhäuser, Orchester und Notenverlage zu sein. Um es ein wenig überhöht zu zeichnen, ist Neue Musik eine Bewegung, die sich zwar als streng revolutionär definiert, die sich aufgrund ihrer Glaubensgrundsätze und der Gegebenheiten des Betriebes aber darauf beschränken muss, ihre Revolutionäre bei den Sängerknaben zu rekrutieren, um ihre Schlachten in der Kapuzinergruft zu schlagen.

http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/klassik/479587_Angegraute-Riten-der-Neutoener.html

Eine lange Version steht auf der Website des Autors, Volkmar Klien:
http://www.volkmarklien.com/text/VolkmarKlien_NeueMusikUndDieVerteidigung.pdf

Allerdings unangenehm ist mir mittlerweile die Verallgemeinerung. DIE „Neue Musik“ gibt es nicht (mehr), es gibt unendlich viel an unendlich vielen realen und virtuellen Orten. Es wäre an der Zeit, statt der Verallgemeinerung konkret Namen zu nennen, denn nicht alle Institutionen sind gleich träge, gerade in der letzten Zeit passiert mancher Umbruch. Es soll auch nicht alles Alte abgeschafft werden, aber die Vielfalt, gekoppelt an Innovationsbereitschaft, in allen Bereichen umgesetzt werden. Denn es geht, das wird in dem Text auch deutlich, um öffentliche Gelder; hinter allen ästhetischen Diskussionen stehen Gelddiskussionen.

(via E-Mail)

Artur Schnabel über Aktienkurse und Musik

Temperature reports and Stock Exchange quotations can be told in all languages. They cannot be expressed in music.

Aus: Arthur Schnabel, Harvard Lectures 1949, S.101 (Music and the Line of most Resistance)

Wenn er sich da mal nicht getäuscht hat.

Danke für den Tipp, Bernhard!