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Johannes Kreidler: Fünf konzeptuelle Stücke (2012)

Wie immer am Jahresende fasse ich kleinere konzeptuelle Arbeiten zusammen.

 

White and Black

 

Das Ereignis I

 

Das Ereignis II

 

Sheet Music
Joseph Haydn gewidmet

 

Zahlensymbolik heute

Ein Satz aus einer aktuellen Tageszeitung, in dem eine Zahl genannt wird. Ein Musikstück mit genau dieser Anzahl an Tönen.

(Alternativ kann die Anzahl mit irgendetwas anderem (Objekte oder Tätigkeiten) realisiert werden.)

Früher auf Kulturtechno:
Johannes Kreidler: Zwei konzeptuelle Stücke (2011)
Johannes Kreidler: Vier konzeptuelle Stücke (2010)

Johannes Kreidler: Scanner Studies

Die Idee hatte ich dieses Jahr zunächst in „Sheet Music“ durchgeführt.

Tägliche Textpartituren

Seit einiger Zeit gibt es auf Twitter einen Feed, der täglich ein neues Konzeptmusikstück als ‚Twitterpartitur‘ veröffentlicht. Ich konnte nicht herauskriegen, wer dahintersteckt, aber es sind sehr schöne Beiträge.

https://twitter.com/textscoreaday

Und hier gibt es eine umfangreiche Ressource verbaler Musikstücke (Danke, Johnny!):

http://www.uploaddownloadperform.net

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Aphorismen des Tages:

 

Takte werden Komponisten umsetzen

Vorgegebenes abzeichnen

Institut für schematische Kunst

So extrahiert man verdächtige Pausen

Positivität Stoffschichten Stück

Gefahr Ravel

Geräusche endlich Zufall

Harry Lehmann: Theoriemodell der ästhetischen Moderne

Vortrag auf den Reichenauer Künstlertagen am 8. Oktober 2012 auf der Insel Reichenau.

Die zugrunde liegende Theorie ist veröffentlicht in: »Avantgarde heute. Ein Theoriemodell der ästhetischen Moderne«, in: Musik & Ästhetik, Heft 38/2006, S. 5-41.

Der Text findet sich zum download auf meiner Website unter:
http://www.harrylehmann.net/texte/

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Aphorismen des Tages:

 

Die zu satt gehaltene Gesellschaft

Emphatische Differenz, verbiestert

Eingedrungen und anbelangt

Zum Beispiel den Impressionismus entlarven

Taumel subjektiver Gerinnungspunkte

Streichholzschachtel Beitrag Kunst

Großkomiker Smithson

Mittwoch aus Licht online

Drüben bei The Rambler hat jemand den kompletten MITTWOCH von Karlheinz Stockhausen aus YouTube-Videos zusammengestellt. Passend zum Tag, und was will man heute auch sonst tun, also setzt euch hin und schauet.

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Aphorismen des Tages:

 

Suitensatz am Grab nicht.

Kanonkünste fungieren als Musica sacra

Jeder Musiker die volle Interpretation, Beweistheorie

Dienst 1889-1939

Redaktion Moll Paris London

Brutatlität 525

Als Ganzes Form, 101

Weihnachtsoratorium, auf Smartphones & Tablets gespielt

Mehr dazu kann man auf dem Blog des Digiensembles erfahren:

http://www.digiensemble.de/smartphone-orchester-spielt-bach-arie/

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Aphorismen des Tages:

 

Schlussbildung befestigen

Praxis Dauer: Eros

Die Frageform mindestens wechseln

Das Metrum nicht nach deren Weise komponieren

Triumphieren über Arbeitsaufzeichnungen

In Leipzig ist Horizont

Innenkörper endlich hören

Last Christmas Style

Gibt es etwas Größeres, als die beiden größten Popsongs zu remixen? Wir haben es uns alle zu Weihnachten verdient.

(via SpOff)

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Aphorismen des Tages:

 

Erzeugende Logik 602-605

Stoßgreifende besondere Zielbefolgung

Die zweiten stellen immer Dinge postmodern

Stärker neue Takte richtig nie hören

London nicht Struktur

Blut im Film

Einmalig: Österreichische Drogen

Zahlensymbolik heute

Anton Wassiljew vertont aktuelle Nachrichten. Hier hat er algorithmischen Abfall für die Vertonung einer aktuellen Schlagzeile verwendet.

konzept no. 15: ” aktuelle nachrichten“

aktuelle nachrichten vertonen.

Auf Facebook/Twitter pflege ich schon seit längerem die Reihe „imaginäre Musikstücke“, bei denen aktuelle Nachrichtenzeilen und Sonstiges, das gerade herumgeistert, mit einer möglicherweise passenden Besetzung zu einer typischen Neue-Musik-Ankündigung formuliert werden.
Also heute würde das zB heißen:

„Schäuble plant umfangreiches Sparprogramm“
für Flöte, Klarinette und Klavier mit Gitarrenverstärker.

Aber es muss ja nicht nur imaginär sein. Gerade Konzeptkünstler sind ja Macher. Anton hat mich zu einer Variante inspiriert:

Zahlensymbolik heute
Ein Satz aus einer aktuellen Tageszeitung, in dem eine Zahl genannt wird. Ein Musikstück mit genau dieser Anzahl an Tönen.

(Alternativ kann die Anzahl mit irgendetwas anderem (Objekte oder Tätigkeiten) realisiert werden.)

Hier vier Umsetzungen, es spielt Konrad Zuse:

(via usernamealreadyexists)

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Aphorismen des Tages:

 

Krise anders sehen

Komponist Gehabe anders

Die gesammelte Thematik Arbeit

Bewusstgemachtes Berlin

Idee Praxis Celesta

Schuberts Attribute gut

48 übriglassen

Musik aus Schleim

Bin immer für Sprachoperationen zu haben: Klar definierte Begriffe („Noise“) metaphorisch behandeln („Pop Music is Noise!“), Metaphern hingegen mal wörtlich nehmen. Heute: Schleimige Musik.

Physicists use electrical signals from slime mould (Physarum polycephalum) to make music. Using the electrical signals generated by slime mould to make music creates an instrument musicians can ‘play’ by zapping the creature with light.

Mehr dazu hier (leider ohne Klangbeispiel):
http://www.technologyreview.com/view/508531/physicists-use-electrical-signals-from-slime-mould-to-make-music/

(via Networked Music Review)

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Aphorismen des Tages:

 

Bestimmt müssen Akteure keine Fitnessdrüsen

Positive Brillanz

Goldstein Befremdendes Kunst

Terz
Oh
Vermutung

Instrumente zitiert Emotionssprache

Ruhekissen Jesus

Strawinsky zum Punkt auffordern

Der Low-Tech- und Retro-Eskapismus

Letzte Woche besuchte ich ein typisches Underground-Konzert der Berliner freien Szene. In einem leeren Ladenlokal in Friedrichshain fand man sich ein, zuerst eine Noise-Improv-Nummer, dann ein Performer, der auf einem Super-8-Projektor ‚spielte’.

Schon zu Beginn des Konzerts stand dieses kleine Monstrum von Filmprojektor ehrwürdig da, mit seinen Spulen, Schaltern und eingespannten Bändern. Die Performance bestand dann darin, dass die Maschine ständig an- und ausgeschaltet wurde, dabei permanent in der Geschwindigkeit von 1 Bild pro Sekunde bis 25 Bilder pro Sekunde variiert und das ausgegebene Bild mit Filterfolien und Linsen manipuliert wurde, dass ein kleiner Schirm die Projektion in verstellbaren Winkeln einfing, etc.pp., immer wieder wurde noch ein neues Register gezogen, eine kurzweilige halbe Stunde lang. Es war alles schön anzusehen, die Maschine ratterte, zuckelte und stockte expressiv, es ergaben sich immer wieder reizvolle Farben und Formen, der Rhythmus der Aktionen hätte etwas entschlossener sein können, aber egal.

Mich hat währenddessen etwas Grundsätzliches angefangen zu beschäftigen: Was würde der Performer wohl anstellen, wenn er statt dieser 40 Jahre alten Super-8-Maschine einen Beamer von 2012 vor sich hätte – wo es nicht dankbar 100 Orte am Gerät gibt, an denen man irgendwas mit einfachen Handgriffen manipulieren kann, sondern er nur diese aseptische Oberfläche hätte und sich mit der Fernbedienung durch die Menüs und Untermenüs hangeln müsste. Tja, das wäre eine Herausforderung. Eine ästhetische, performative Herausforderung der heutigen, noch ein bisschen mehr entzauberten Welt.

Es gibt eine regelrechte Low-Tech- und Retroanalog-Bewegung in der Neuen Musik. Da wird mit Kassetten, Megaphonen, Effektgeräten und Kinderkeyboards fröhlich hantiert, manchmal im Resultat ganz hübsch, im Einzelnen kein Problem, und man kann mit den Geräten durchaus Sachen machen, die nur mit ihnen möglich sind – also gut, dass sie gemacht werden! Aber bei der Häufigkeit, in der mir das seit einigen Jahren begegnet, frage ich mich dann doch, ob das nicht tiefere Gründe hat und was das eigentlich ausdrückt. Und ich finde diesen Ansatz dann doch im Grunde total unbefriedigend. Es beschleicht mich der Verdacht: Hier manifestiert sich ein Eskapismus. Es gibt das Bedürfnis in dieser Welt 2012, sich mit den (sehr monströsen) Strukturen von Google, Amazon, Smartphones und Überwachungskameras auseinanderzusetzen; das spüren viele Komponisten, fühlen irgendwie eine Notwendigkeit, Elektronik einzusetzen. Aber im nächsten Moment kommt der Rückzieher und sie flüchten sich wieder weg in die harmloseste, banalste Form von Elektronik, in die Welt von Spielzeug und analogem Kleinkram von vor 30 Jahren. Man macht es sich schnell wieder einfach. Sowohl die Komponisten, die was zum Rumfummeln haben und nicht lernen müssen, was ein Algorithmus ist (obwohl sie täglich die Sklaven von Google-Algorithmen sind), als auch die Interpreten, die keine teuren Interfaces besorgen und keinen Programmabsturz fürchten müssen. Es wird da eine Aura abgegriffen, eine gewisse Exotik des Vergangenen hereingeholt und der Nostalgie oder gar der „Infantilgesellschaft“ (Jelinek) gefrönt, das ist alles billig zu haben.

Ist man einfach logistisch überfordert, ist man ästhetisch der hypermodernen Welt nicht mehr gewachsen? Mit seinen eigenen Mitteln kommt kein Künstlerchen gegen diese Weltkonzerne an, fürwahr. Man kann sich Hilfe von Experten heranholen, dafür muss man wiederum das Geld haben. Es ist sehr viel Arbeit. Beispielsweise Stefan Prins‘ Generation Kill, das bei den diesjährigen Donaueschinger Musiktagen viel Beachtung erfahren hat, war in der Tat ein Overkill an Arbeit am Medium – 4 Laptops je mit Interfaces, 4 Beamer, 8 Webcams, die Spieler mussten Joysticks genau nach Partitur bedienen, eigens gebaute halbtransparente Paravans, Found Footage und Live-Videoremix, spezielle Beleuchtung, Choreographie, Live-Audioelektronik sowieso, ein gigantischer Max/Msp+Jitter-Patch. Aber hey, Kunst ist halt viel Arbeit. Ich wünsche mir, dass dieser Anspruch und dieses Ethos (ganz grundsätzlich, nicht nur bezogen auf Elektronik) präsenter werden.

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Aphorismen des Tages:

Sanfte Textartikulation Ordnung

Kulturreise Verdopplung

Spitznamen begannen Postulate

Metier wird ernst

Tote Rezipienten

Mischpult Brahms

Abstehende Situationen Buchstaben