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Film im Kopf, rekonstruiert

Futurismus: Wissenschaftler der University of California, Berkeley, rekonstruieren mit Hirnstrommessgeräten visuelle Reize im Gehirn.

Imagine tapping into the mind of a coma patient, or watching one’s own dream on YouTube. With a cutting-edge blend of brain imaging and computer simulation, scientists at the University of California, Berkeley, are bringing these futuristic scenarios within reach.

Using functional Magnetic Resonance Imaging (fMRI) and computational models, UC Berkeley researchers have succeeded in decoding and reconstructing people’s dynamic visual experiences – in this case, watching Hollywood movie trailers.

As yet, the technology can only reconstruct movie clips people have already viewed. However, the breakthrough paves the way for reproducing the movies inside our heads that no one else sees, such as dreams and memories, according to researchers.

“This is a major leap toward reconstructing internal imagery,” said Professor Jack Gallant, a UC Berkeley neuroscientist and coauthor of the study published online today (Sept. 22) in the journal Current Biology. “We are opening a window into the movies in our minds.”

Interessant an der Methode ist desweiteren, dass zur Re-Synthese Material aus dem ‚totalen Archiv‘ benutzt wurde, also ein gigantisches Mashup (SpOn):

Die Testpersonen sahen sich neue Filme an, die sich von dem Material des ersten Durchlaufs komplett unterschieden. Allein auf Basis der Daten zur Gehirnaktivität rekonstruierte das Programm die gesehenen Filmszenen. Es griff dazu auf einen Pool aus 18 Millionen Sekunden willkürlich ausgewähltem YouTube-Material zurück und suchte nach Filmszenen, die den zuvor gelernten Hirnaktivitätsmustern am ehesten entsprachen.

Einmal mehr zeigt sich, wie die heutige Quantität an verfügbaren Daten im Netz neue Technologie erst ermöglicht.

Jetzt wäre natürlich auch interessant, was da klanglich rüberkäme.

(via Neatorama)

Radikale Antitraditionalisten

Heute: Franzosen.

„Merde pour Beethoven“
(Guillaume Apollinaire)

„Il faut brûler le Louvre“
(Le Corbusier)

In dem Sinne – Scheiße für Apollinaire, fackelt Le Corbusiers Häuser ab.

Über die Widersprüche von Musik im Internet

Björn Gottstein hat einen ganz guten, kurzen Text über den derzeit etwas paradoxen Zustand von Musik auf CDs und als Verlagsnoten einerseits und dem Internet andererseits geschrieben, worin auch ich zitiert werde:

http://www.de-cn.net/mag/mus/de8052910.htm

Noten und Aufnahme kann man im Netz kriegen, trotzdem hat die CD und die Verlagsausgabe einen Wert, nämlich einen symbolischen. Was natürlich irgendwie schief ist – man achtet einen Komponisten ob seines renommierten Verlags, bittet ihn dann aber doch, die Partitur einfach als pdf zu schicken; man schaut, was auf CD rausgekommen ist, um es sich dann als Mp3 runterzuladen, oder kauft die CD, um sie dann als Mp3 umzukopieren (ich weiß nicht wie’s anderen geht, aber ich habe keine CDs mehr und fange damit auch nicht wieder an). Da gibt es mindestens in Deutschland einfach ein Defizit an Qualitätsfiltern online, also vor allem Blogs, die das übernehmen.

Gottstein hätte allerdings noch erwähnen können, dass die Lobby-Arbeit von Verlagen nicht nur positiv ist, und dass eine Inverlagnahme in erster Linie nicht die Auszeichnung einer Ästhetik ist, sondern die Auszeichnung der ökonomischen Verwertbarkeit; denn Verlage präferieren zB aus rein wirtschaftlichen Gründen Instrumentalmusik.

Gesicht ersetzen

Arturo Castro setzt sich digitale Masken auf. Funktioniert verblüffend, wenn die Originale dazu eingeblendet werden.

(via Dangerous Minds)

Die Musiker auf der „Titanic“

Auf Anweisung des Kapitäns, um Panik zu vermeiden, spielten sie praktisch bis zum Ertrinken.

(Den Hinweis verdanke ich Marko Ciciliani, nach einem Werk von Garvin Bryars.)

Stockhausen über geistiges Eigentum, 1960

Erstaunliche Aussagen von Karlheinz Stockhausen über „geistiges Eigentum“, in dem Vortrag „Vieldeutige Form“ von 1960:

Geistigen Diebstahl gibt es nur so lange wie man geistiges Eigentum gelten läßt. Wem gehören die Ideen? Sind meine Ideen meine Ideen? Nein, ja, nein, ja, nein.
[…]
Wenn ich keine Ideen hab, ist nichts zu machen. Ich muß warten, bis sie kommen. Wenn ich mich auf die faule Haut lege und gar nicht mit ihnen rechne, kommen sie und halten mich vom Schlaf ab. Gehören sie mir also, diese Tauben, die einem in den Mund fliegen?
Gibt es denn meine Musik? Deine Musik? Seine Musik? Eure Musik? Kann ich was für meine Einfälle? Welcher Verdienst macht mich zum geistigen Eigentümer?
Mich berührt es nicht – nicht mehr – wenn jemand mir etwas stiehlt; wenn einer musikalische Gedanken wiederholt oder neu anstreicht, so, wie man bei einem geklauten Auto die Farbe wechselt; und wenn ein anderer musikalische Formulierungen verwendet, die ich vorher gefunden habe. Kurz: Wenn jemand nachher tut, was ich vorher tue.
Sollte das Prinzip des Eigentums vom Vorher und Nachher bestimmt sein? Wer zuerst kommt, mahlt am besten? Dann interessiert es mich überhaupt nicht. Wenn ein Gedanke oder eine Sache etwas für mich sein soll, muß es mir sein, was es für mich ist, ganz unabhängig vom Früher oder Später, vom Vorher oder Nachher. Aber das gibt es ja nicht. Ich hab es ja gleich gesagt: geistiges Eigenrum interessiert mich nicht.

Abgesehen davon interessiert mich das Problem des geistigen Eigentunis natürlich sehr, seit es mich nicht mehr interessiert. Je mehr Ideen man nämlich verschenkt und unachtsam herumliegen läßt, je weniger man sich um sie kümmert, um so mehr bekommt man. Das unökonomischste Prinzip, das mir je durch den Kopf gegangen ist: Je mehr du vergibst, umso mehr du kriegst. Ich kenne eine ganze Reihe Komponisten, die Angst haben, ihre Ideen mitzuteilen, bevor sie sie fixiert oder gar gedruckt und mit ihrem Firmennamen versehen haben. Sie sagen mir: wenn ich die Einfälle mitteile, bevor ich sie fixiert habe, verliere ich die Lust und die Ausdauer, sie noch zu behalten und auszuarbeiten. Ich habe diese Angst mit Stumpf und Stiel aus mir herausgerissen. Was mir durch die Lappen geht, ist mir gleichgültig, und jeder kann von mir wissen, was mir einfällt – zu jeder Zeit.

Abgedruckt in: Karlheinz Stockhausen, Texte zur Musik Band 2, S. 257f.

Den Hinweis verdanke ich Michael Iber, der diesen Ausschnitt als O-Ton (vorgetragen von Heinz-Klaus Metzger) in einer HR2-Radiosendung über Stockhausen in Darmstadt bringt.

Living in a Box – Partitur online

Die Partitur von Living in a Box, meinem letztjährigen Stück für das Ensemble Modern, steht jetzt online:

http://www.archive.org/download/JohannesKreidler-LivingInABox-Partitur/kreidler__living_in_a_box_partitur.pdf

„Douze Notations“ von Pierre Boulez, Filmversion

Konzerte einfach nur mit Standkamera abzufilmen, wie man’s immer häufiger sieht, ist nicht gerade attraktiv.
Der Pianist Illya Filshtinskiy hat die „Douze Notations“ von Pierre Boulez als Filme aufgenommen. Ich denke, er kriegt das ganz gut hin: visuell schön, aber minimalistisch, ohne dass es zur Videokunst wird und von der Musik ablenkt. Es hilft natürlich noch, dass es sich um bekannte Klassiker der Moderne handelt.
Hier drei Beispiele, hier der Rest (#6 fehlt):

(via Lukas Hellermann)

Marina Abramovićs „The Artist is present“ als Computerspiel

So schnell geht das heute mit der digitalen Aktualisierung der historischen Avantgarde: Marina Abramovićs letztjährige, allerdings wirklich sensationelle MoMA-Performance The Artist is present hat Pippin Barr als Online-Computerspiel im Stil von Larry 1 (also auch noch retro-isiert) programmiert.

Man geht in’s MoMA (sofern es offen hat, das Spiel hält sich an die realen Öffnungszeiten), bezahlt Eintritt, geht an den alten Meistern vorbei und kann sich dann anstellen. Aber nicht drängeln! Herrlich dämlich und eine schöne Form des Walhallas.

Hier kann jeder selber hingehn und sich anstellen. Wohl am besten morgens kommen:
http://www.pippinbarr.com/games/theartistispresent/TheArtistIsPresent.html

Es kann wirklich fesseln.

(via Unhappy Readymade)

Früher auf Kulturtechno: Digitale Reenactments von Beuys, Abramovic, Export

Roman Opalkas Zahlenbilder

In meiner Sammlung von Kunst mit großen Quantitäten habe ich noch gar nicht den Altmeister gezeigt: Roman Opalka.

Wikipedia:

In 1965, in his studio in Warsaw, Roman Opałka began painting a process of counting – from one to infinity. Starting in the top left-hand corner of the canvas and finishing in the bottom right-hand corner, the tiny numbers were painted in horizontal rows. Each new canvas, which the artist called a ‚detail‘, took up counting where the last left off. Each ‚detail‘ is the same size (196 x 135 cm), the dimension of his studio door in Warsaw. All details have the same title, „1965 / 1 – ∞“; the concept had no end, and the artist pledged his life to its execution: ‚All my work is a single thing, the description from number one to infinity. A single thing, a single life.‘

Over the years there were changes to the ritual. In Opałka’s first details he painted white numbers onto a black background. In 1968 he changed to a grey background ‚because it’s not a symbolic colour, nor an emotional one‘, and in 1972 he decided he would gradually lighten this grey background by adding 1 per cent more white to the ground with each passing detail. He expected to be painting virtually in white on white by the time he reached 7 777 777: ‚My objective is to get up to the white on white and still be alive.‘ As of July 2004, he had reached 5.5 million. Adopting this rigorously serialized approach, Opałka aligned himself with many other artists of the time who explored making art through systems and mathematics, like Daniel Buren, On Kawara, and Hanne Darboven.

Als Opalka diesen August starb, war er in der 5. Million und die Bilder schon annähernd weiß. Für Ölgemälde Opalkas werden auf dem Kunstmarkt derzeit bis zu 1.200.000 US-Dollar bezahlt.

(via Triangulation)