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Aus Tralien #12

Gold Coast, 14.8.
Das vertrackte Englisch. Angefangen bei den ganzen falschen Freunden (will, become, eventually, sensible); dann gibt es für viele deutsche Ausdrücke zwei englische (liberty/freedom, jump/bounce, everything/anything, near/close), andererseits gibt es deutsche Wörter, für die es keine englischen gibt, zB >Stipendiat< sagt man im Englischen nicht, man könnte vielleicht >stipend receiver< oder so sagen, sagt aber niemand, und man kann nicht >sein Auto tanken<, man >geht zur tank station<. Im Flugzeug nach Gold Coast. Aus dem Fenster die Blue Mountains, man sieht (kontrollierte) Buschfeuer. Meine lesbische Begleitung, die sexuell mit allen Wassern gewaschen bzw. beschmutzt zu sein scheint, erzählt reichlich Gossip, checkt die Stewardessen auf ihre Geilheit, sie ist ein Testosteronbolzen in einem Frauenkörper. Bei Ankunft gleich ein Bad im Pazifik, der quasi den Hinterhof der Wohnung bildet. In den Cafes Hippiemusik auf akustischen Gitarren, es scheint der Soundtrack zur Surfkultur zu sein, oder kommt noch von Goya her. Kaum auszuhalten. Urlaub-Arbeit. Für manche Arbeit muss man einfach Zeit verstreichen lassen, es arbeitet dann schon, aber man kann es nicht aktiv beschleunigen, so wenig wie man eine Schwangerschaft beschleunigen kann. Gold Coast, 15.8. Whale watching, Buckelwale vor der australischen Westküste, die zu der Jahreszeit in wärmere Gefilde ziehen. Man sieht sie erst von weitem, wie sie immer wieder kurz auftauchen, auch mal die Schwanzflosse hochheben und dann schön damit wieder eintauchen. Eine Portion Erhabenheit, diese großen ruhigen Tiere. Die Leute klatschen ihnen Applaus (schlimm für einen Applausgegner). Später macht das Boot Kehre, man dachte schon, das wars, aber dann geht es an eine andere Stelle, wo die Wale ganz nah ans Boot kommen, sie scheinen regelrecht neugierig zu sein und die Menschen grüßen zu wollen. Die Leiterin, eine Maori, macht Stimmung. Leider hänge ich zwischendurch an der Reeling, der Wellengang ist enorm und das Schiff klein. Gratulation an Celeste Oram zum Kranichsteiner Musikpreis. Habe auf Kulturtechno vor zwei Jahren schon mal eine schöne Arbeit von ihr gepostet. Gespräch am Strand. Der Experimentalfilm wandert aus dem Kino in die Galerien, alle streben zur Bildenden Kunst bzw. schluckt die alles, ihrem Markt- und Prestigetriumph ist nichts entgegenzusetzen. Aber natürlich gibt es dann auch Experimentalfilmer, die dafür kämpfen, dass man gerade jetzt den Ort braucht, an dem man >gefangen< ist, sich radikalem Film aussetzt und nicht gleich nach ein paar Sekunden weitergeht bzw. weiterklickt. Übers Künstlerleben. Danni: „It’s a criminal’s career“. Danach kann man nie mehr in die bürgerliche Welt zurückfinden. Nietzsche. Zerstörte alles, nur nicht die Kunst. Kunst ist unsere Religion. Wenigstens die beste aller Religionen. Artspeak. „Komplex“. alles muss heute >komplex< sein. Begriff also auf dem Hund. Ich sage lieber „viel“, oder das „Riesige“, im englischen „massive“, steckt dann auch „Masse“ drin, also eine quantitative Bestimmung. Links: Celeste Orams Rasurpartitur
Gegen Applaus