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Aus Tralien #11

Melbourne 13.8.
Bei den >12 Aposteln<. Hohe Felsformationen, die aus dem Meer ragen. Das wäre jetzt schon was, vor dieser Kulisse im Indischen Ozean zu baden, aber es ist saukalt und windig. Nichtsdestotrotz, goldene Uraubsregel: Niemals über das Wetter jammern. Beuys: „Jedes Wetter ist gut." Eine japanische Familie, bei der jedes Familienmitglied seinen eigenen Selfiestick hat. Dann zum „Arc“, eine natürliche Brücke im Ozean, die selber nicht so spektakulär ist, aber man sieht unter der Wasseroberfläche einen großen Wal, der sich in den Wogen wiegen lässt und immer wieder hinter einem Wellenberg an die Luft stupst. Und zuletzt, fast noch schöner als die Apostel, dabei viel weniger frequentiert, die „Bay of Martyres“, steinerne Schiffe, die anlegen. Schwarze Kühe gibt es hier („Schwarze Milch der Kühe“). Fahrt durch Regenwälder, wo der Koala beheimatet ist. Wo ist der Mensch beheimatet? Obwohl ich noch keinen einzigen Aborigine getroffen habe, fühlt es sich alles falsch an, die weißen Menschen in einem schwarzen Land. Gespräch mit Kim-Cohen über Leute, die glauben, sie seien klüger als alle anderen. Was der Beweis ziemlicher Dummheit ist. Niemand ist intelligenter als der Rest, und noch viel intelligenter ist die Geschichte. Schließlich ist man hinterher immer klüger. Darum: Alle Rhetorik fliegt sofort raus. Es gibt einen bekannten Komponisten, der sich auch als Schriftsteller sehr betätigt, der aber immer wieder meint, er könne die Leser verarschen, schreibt Sachen, von denen er selber weiß, dass sie so nicht stimmen, aber er scheint zu hoffen, dass das schon niemand merkt. Pustekuchen. Höre nachts (Jetlag) die Voice-Republic-Mitschnitte von Darmstadt. Es wird um den Begriff der politischen Musik gerungen. Ich will meinen: Politik ist, wo es um Gesetze geht, um Regeln der Gemeinschaft, und entsprechend um Machtstrukturen, um das Wesen der Gesetzgebung. Kunst, die sich damit beschäftigt (sie muss nicht notwendig gegen etwas protestiert), ist politisch. Natürlich besteht die Gefahr der Verwässerung („alles ist politisch“). Aber: genau so kann man auch sagen, dass alle Musik Spektralmusik ist, denn 99.999% aller Klänge haben Obertöne, und doch kann man sich auf einen dezidierten Gebrauch von Obertönen als >Spektralmusik< einigen. Was noch auffällt bei den Vorträgen und Diskussionen: Der >Konzept<-Begriff wird mittlerweile ganz selbstverständlich gebraucht, ebenso wie der der >Institutionenkritik<. Das war vor 10 Jahren noch ganz anders, da hat kein Mensch über diese Dinge gedacht. Frage mich, was man eigentlich vor 10 Jahren in Darmstadt diskutiert hat. Ich glaube, Ferneyhough hat über seine >12 Dimensionen der Zeitwahrnehmung< geredet. Links: Twelve Apostles
The Arc
Bay of Martyres