Heute: John Cage
Früher auf Kulturtechno:
Radikale Antitraditionalisten (Franzosen)
Radikale Antitraditionalisten (Fluxus)
Heute: John Cage
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Radikale Antitraditionalisten (Franzosen)
Radikale Antitraditionalisten (Fluxus)
„Insoweit sich der Komponist nicht auf die eingangs angesprochene Rolle des Konservators beschränken möchte, ist eine Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Realität des Musikalischen außerhalb der Mikrostruktur Neue Musik unumgänglich. Den Wandel der Produktions-, Verbreitungs- und Wahrnehmungsbedingungen von Musik zu ignorieren, käme einem ästhetischen Offenbarungseid gleich und dürfte bestenfalls im Interesse von Komponisten liegen, die Gefallen an der Rolle des Totengräbers ihres Genres finden. Die Position des aufmerksamen, kritischen Konsumenten, der die Mechanismen medialer Gegebenheiten mit Blick auf ihre Bedeutung für den Materialstand Neuer Musik beobachtet, ist eine der zentralen Voraussetzungen für den Entwurf eines zukunftsfähigen Komponierens.“
Allmählich kommen die Inhalte der diesjährigen Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik online – jetzt steht der vielbeachtete von Michael Rebhahn auf der IMD-Seite.
Unmittelbar nachdem Michael Rebhahn seine Lecture „Hiermit trete ich aus der Neuen Musik aus“ bei den Darmstädter Ferienkursen 2012 gehalten hatte, setzte eine rege Nachfrage nach dem Text ein. In mehreren Rezensionen und auf Internetforen wurde auf den Vortrag verwiesen. Bevor Rebhahns Text im nächsten Band (22) der „Darmstädter Beiträge zur Neuen Musik“ zu den Ferienkursen 2014 erscheinen soll, machen wir hier den Text online zugänglich.
Michael Rebhahn’s Darmstadt-Lecture online
Right after Michael Rebhahn gave his lecture „ I hereby resign from New Music“ at the Darmstadt Summer Course 2012 there came up a huge interest in the text. In some reviews and also in some internet blogs people were referring to the lecture. IMD will publish Rebhahn’s text within the „Darmstädter Beiträge zur Neuen Musik“ vol. 22 in 2014 but wants to make the text accessible online:
(via IMD)
Das ist ein Appell an die Musikpublizistik.
Sehr oft lese ich (oder höre ich in Radiosendungen) die Ex-negativo-Rhetorik. Als nur ein Beispiel (es findet sich aber wirklich in SEHR VIELEN journalistischen Texten über Musik derlei) in der De:Bug, worin das Klangkunstprojekt „Tweetscapes“ beschrieben wird:
Es sind sonische Artefakte, die sich nicht in selbstgefälliger Esoterik an Traditionen der Verfeinerung und Zerebralisierung abendländischer Großkunst laben. Das Oberlehrerhafte geht dieser Klangkunst völlig ab.
Wovon will sich der Autor (Holger Schulze) hier abgrenzen? Wer ist es denn, der sich in selbstgefälliger Esoterik an Traditionen der Verfeinerung und Zerebralisierung labt, wo ist die oberlehrerhafte Klangkunst, von der der Autor klarstellen möchte, dass sein besprochenes Werk sie auf jeden Fall NICHT ist? Wieso nennt er keine Namen?
Wahrscheinlich, weil es diesen Pappkameraden, diesen esoterischen Oberlehrerdeppen in Natura gar nicht gibt, sondern nur in der Imagination von Herrn Schulze. Herr Schulze leidet an der (sehr verbreiteten) Ex-negativo-Krankheit, genauer gesagt an der Phantom-Ex-negativo-Krankheit.
Zugegeben litt auch ich früher bisweilen an der Krankheit, eine Erbkrankheit. Aber ich sehe, dass es unproduktiv ist und verklemmt – Kritik, aber bloß nicht jemandem zu nahe treten. Doch irgendwann ist es überwunden mit Abgrenzung und Formulierung von lapidaren Gegensätzen, bei denen auf der einen Seite ein idealtypisches jämmerliches, anonymes Scheißding steht und auf der anderen Seite das konkrete, glänzende Gute. Jeder kann komponieren, was er will, kritisiert werden können nur die, die öffentliches Geld dafür ausgeben. Das ist aber eine eigene Baustelle.
Ich kann mir schon denken, wen Herr Schulze meint: Die Neue Musik bzw. manche ihrer prominenten Vertreter. Aber eine namentliche Auseinandersetzung wagt er dann doch nicht, haut lieber auf den Pappkameraden ein. Nur da funktioniert das Ex-negativo-Prinzip nämlich.
Ihr Musikjournalisten, die ihr Besprechungen schreibt und Radiosendungen macht: Hört, wenigstens mal versuchsweise, auf, mit der Ex-negativo-Rhetorik Zeilen zu füllen und Sendeminuten zu verheizen. Der Erklärungswert dieser Aussagen ist sehr gering und die Methode lässt Niveau vermissen, sie ist einfach nicht zeitgemäß dem postmodernen Pluralisms. Differenzen statt Gegensätze – aber das ist eben viel aufwändiger. Und wenn schon Opposition (bedenkt: „Wenige sind wert, dass man ihnen widerspricht“), dann immer konkret Namen nennen. Aber ihr werdet sehen, wie gut man darauf verzichten kann.
In der Wiener Zeitung steht eine Polemik gegen die Neue Musik, die ich größtenteils unterschreiben kann; vor allem die mediale Situation (alte Instrumente) und die institutionellen Strukturen, die mit Kompositionen gefüttert werden wollen, sind mehr als bedenklich (siehe auch meine Texte Membranmanifest und Institutionen komponieren).
Wie kommt es, dass Musik, deren zentrales Merkmal laut Eigendefinition ihre Neuheit ist, sich zum allergrößten Teil mit Instrumenten und in Konzertsälen des 19. Jahrhunderts ereignet? […] So zeichnet sich Neue Musik heute weniger durch besondere strukturelle Eigenschaften ihrer Werke aus, als vielmehr durch die Entschlossenheit, medientechnisch rückwärtskompatible Musik für bestehende Strukturen wie Konzert- und Opernhäuser, Orchester und Notenverlage zu sein. Um es ein wenig überhöht zu zeichnen, ist Neue Musik eine Bewegung, die sich zwar als streng revolutionär definiert, die sich aufgrund ihrer Glaubensgrundsätze und der Gegebenheiten des Betriebes aber darauf beschränken muss, ihre Revolutionäre bei den Sängerknaben zu rekrutieren, um ihre Schlachten in der Kapuzinergruft zu schlagen.
http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/klassik/479587_Angegraute-Riten-der-Neutoener.html
Eine lange Version steht auf der Website des Autors, Volkmar Klien:
http://www.volkmarklien.com/text/VolkmarKlien_NeueMusikUndDieVerteidigung.pdf
Allerdings unangenehm ist mir mittlerweile die Verallgemeinerung. DIE „Neue Musik“ gibt es nicht (mehr), es gibt unendlich viel an unendlich vielen realen und virtuellen Orten. Es wäre an der Zeit, statt der Verallgemeinerung konkret Namen zu nennen, denn nicht alle Institutionen sind gleich träge, gerade in der letzten Zeit passiert mancher Umbruch. Es soll auch nicht alles Alte abgeschafft werden, aber die Vielfalt, gekoppelt an Innovationsbereitschaft, in allen Bereichen umgesetzt werden. Denn es geht, das wird in dem Text auch deutlich, um öffentliche Gelder; hinter allen ästhetischen Diskussionen stehen Gelddiskussionen.
(via E-Mail)
Temperature reports and Stock Exchange quotations can be told in all languages. They cannot be expressed in music.
Aus: Arthur Schnabel, Harvard Lectures 1949, S.101 (Music and the Line of most Resistance)
Wenn er sich da mal nicht getäuscht hat.
Danke für den Tipp, Bernhard!
Nachtrag zur Dialektik der Aufklärung:
In Karl-Marx-Stadt Chemnitz wurde bei einer Kundenabstimmung Karl Marx als Konterfei für die neue Kreditkarte der Sparkasse ausgewählt.
Aus dem „Kommunistischen Manifest„:
Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d.h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren. Es kann dies natürlich zunächst nur geschehn vermittelst despotischer Eingriffe in das Eigentumsrecht und in die bürgerlichen Produktionsverhältnisse, durch Maßregeln also, die ökonomisch unzureichend und unhaltbar erscheinen, die aber im Lauf der Bewegung über sich selbst hinaustreiben und als Mittel zur Umwälzung der ganzen Produktionsweise unvermeidlich sind.
Diese Maßregeln werden natürlich je nach den verschiedenen Ländern verschieden sein.
Für die fortgeschrittensten Länder werden jedoch die folgenden ziemlich allgemein in Anwendung kommen können:
[…]
5. Zentralisation des Kredits in den Händen des Staats durch eine Nationalbank mit Staatskapital und ausschließlichem Monopol.
Weitere Meldungen:
+++ Amnesty International wirbt mit Hitler-Maskottchen +++ European Song Contest wird 2013 von Helmut Lachenmann moderiert +++ Vatikan feiert Friedrich Nietzsches 168. Geburtstag +++ Silvio Berlusconi übernimmt Schirmherrschaft von Anti-Korruptionsliga +++ Bock zum Gärtner gemacht +++
Update: Man muss dazusagen, dass Sparkassen in der Tat nicht ganz vergleichbar sind mit renditeorientierten Banken wie der Deutschen Bank.
(via Autodespair)
Martina Seeber hat einen 5minütigen Radiobeitrag für WDR3 produziert:
… aber nicht alles, was da der Uraufführungslandschaft entspringt, ist frisches Quellwasser. Im Grunde ist das Rihm’sche Biotop eine gigantische Abwasseraufbereitungsanlage. Um den Überblick zu behalten über das System des […] Self-Recyclings gibt es […] nun die Plattform www.rihm-plag.de. […] Ein System von Grafiken und Animationen dokumentiert das Copy&Paste-Imperium…
Früher auf Kulturtechno: Wolfgang Rihm zum 600. Geburtstag
Die beiden SWR-Orchester sollen fusioniert werden. Schande! Auf Initiative von Manos Tsangaris wurde nun die Website Kultur – Wozu? ins Leben gerufen, ein Portal für Unterstützung und Diskussion. Bitte teilnehmen!
Costa Cultura – Fusion der beiden SWR-Orchester
Die Costa Cultura befindet sich in Schieflage und droht in kürzester Zeit zu havarieren.
Die Verantwortlichen manövrieren in zu flachem Gewässer, wahrscheinlich um ihren Familienmitgliedern zu imponieren und ohne sich der allgemeinen Gefahr wirklich bewusst zu sein. Der Schiffsrumpf ist angeschlagen, das Riesenschiff neigt sich schon zur Seite, die beiden Bordkapellen werden angewiesen, sehr bald den Betrieb einzustellen, sich an Deck zu versammeln und ein gemeinsames Rettungsboot zu kapern – auf Kosten der Passagiere?Die Brücke singt im Chor: Diese Schieflage ist ganz normal, alles im Lot!
Bewahren Sie Ruhe! Befolgen Sie strikt unsere Anweisungen!
Wir werden gerade von Experten beraten.
Die wissen am besten, was zu tun ist.
Wir, die Passagiere und die einfache Besatzung fordern die Verantwortlichen in aller Schärfe auf, endlich die flachen Gewässer zu verlassen und die falschen Berater von Bord zu schicken!
Wir fordern sie auf, endlich die überlebenswichtigen Maßnahmen zur Gewährleistung der Weiterfahrt zu ergreifen und weiteren Schaden von Passagieren und Schiff abzuwenden!Wir fordern freie Fahrt für die Costa Cultura !
Die beiden SWR-Sinfonieorchester sollen nach Willen der Verantwortlichen fusioniert werden, d.h. mindestens eines würde hierbei abgeschafft.
Dagegen protestieren wir in aller Heftigkeit!
Kultur im Rundfunk verflacht mehr und mehr.
Der Sende-Anteil der neuen Musik ist innerhalb der letzten fünf Jahre von 1,5% auf 0,8% inländischer Produktionen gesunken.
Wir fordern die Verantwortlichen auf, den Fusionierungsplan der beiden SWR-Sinfonieorchester vom Tisch zu nehmen!
Wir fordern nachhaltige Qualität der Rundfunk-Kulturprogramme und andere, neue Konzeptionen!
Bitte leisten Sie Sorge dafür, dass der Kultur-Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nun wirklich wahrgenommen wird!Mark Andre // Carola Bauckholt // Martin Baumgärtel // Michael Beil // Mara Genschel // Lorenz Grau // Michael Hiemke // Neele Hülcker // Till Kniola // Steffen Krebber // Johannes Kreidler // Nicolas Kuhn // Brigitta Muntendorf // Enno Poppe // Tobias Schick // Manuel Schwierz // Manos Tsangaris // Eleftherios Veniadis // Katharina Vogt
Video, 28 min., 2008
by Alexandra Weltz, co author Sarah Bormann
digital handcraft is an educational film, a portrait of the process of computer hardware production. It displays the organisation of production in global value chains and investigates the conditions of life and labour for millions of migrant worker in China’s factories, which manufacture the hardware for the immaterial production of the 21st century.
This film takes a look at the flipside of globalised computer production, which is incongruous with the “clean” image the industry usually displays. By interviewing both activists and workers, the film investigates the current situation as well as future possibilities for improving their situation. Furthermore, the film looks at issues surrounding the illegal shipping of computer scrap parts from Germany to developing countries.
Danke für den Tipp, Harry!
Früher auf Kulturtechno: Ai Weiwei: Never Sorry