POLEMISCHE RATIONALITÄT
Beim Wiederlesen von Camus‘ „Der Mythos des Sisyphos“, dieses bekannten Texts, der eine Philosophie des absurden Glücksempfindens ausdenkt („wir müssen uns Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen“), fiel mir hinein: Tatsächlich absurd, dass es erst seit den 1990ern in der wissenschaftlich-akademischen Psychologie die „Glücksforschung“ gibt. Davor war Psychologie ja immerzu mit den Traumata und, glücklichstenfalls, mit der Gestaltwahrnehmung und Bedürfnispyramiden befasst. Aber was die Menschen glücklich macht, daran hat man – wissenschaftlich – nie gedacht. Und dieweil die Philosophen drauflosgelassen.
Aber mittlerweile gibt es sie, und damit ist Camus Makulatur.
Psychologie ist die Rationalisierung des Irrationalen.
Dann vom Was zum Wie, also von der Wissenschaft zur Politik: 2012 ging schließlich-endlich, eine Künstlergruppe aus Mannheim daran, ein „Glücksministerium“ zu umreißen, welches die Vermehrung des „Bruttonationalglücks“ zum Ziel habe.
Auch wenn dieses Bruttonationalglück schwerlich sich in Zahlen darstellen lässt, auch wenn es mit dem Glück eine komplizierte, also wahrlich wissenschaftsnotbedürftige Angelegenheit ist, sollte das „pursuit of happniness“ nicht nur ein (in der US-Verfassung verbrieftes) Menschenrecht, sondern: Staatsaufgabe sein. Zum Beispiel mit der Stundeneinplanung eines Schulfaches „Glück“.