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Aus Tralien #3

Das Niveau der Studierenden im Kurs ist erfreulich hoch, gut informiert, technisch versiert, schöne Ideen.
Ein paar Beispiele (sorry für die Auswahl, andere sollen noch folgen!)-

Jakub Jankowski lässt ein Zizek-Lied singen in bester holländischer Manier:

 

Mateusz Smigasiewicz, aus seiner Trilogie „This is not D Major“: Too many Partials.
Wie der Name schon sagt, ein D-Dur-Akkord mit viel zu vielen viel zu lauten Obertönen. Warum bin ich da nicht schon draufgekommen?

 

Dylan Richards hangelt sich durch die Empfehlungsalgorithmen von YouTube; müsst ihr in einem Proxy anschauen:
https://www.youtube.com/watch?v=8H-AfK76u-Q

 

Erste australische Fühlung – eine Studentin aus Sydney erzählt, dass es seit 6 Monaten im Norden Gewalt mit Indigenen gibt.

Es gab die Anfrage, für Nico Coucks Konzert in Darmstadt Intermezzi zu gestalten, unter Federführung von Sergej Maingardt; Motto: Sex, Drugs & Rock’n’Roll. Ich habe natürlich für Sex zugesagt. Jetzt die Absage mangels Zusagen. Vielleicht besser so, meine Idee wäre Hardcore gewesen, ein expliziter Selbstfick mit Doppelbelichtung.

Im Solokonzert nun auch den dritten Teil der „Instrumentalisms“-Reihe gespielt, somit alle drei in Osteuropa uraufgeführt.
Auch der Hitler-Film ist in Polen kein Problem, ist ja auch Popkultur.

Instrumentalisms C

Johannes Kreidler
Instrumentalisms C
for Keyboard & Video (2016)
Synthetis Summer Course Radziejowice (Poland), 22.7.2016

Früher auf Kulturtechno:
Instrumentalisms A
Instrumentalisms B

Aus Tralien #2

Radziejowice 21.7.2016
Vortrag „Why political (New) Music“, Vorübung für Darmstadt. Reger Zuspruch; es ist nicht zu übersehen, dass die neue Generation viel politisierter aufwächst als einige Jahrgänge davor.

Martin Bresnick stellt danach einen Schlager von 1917 vor, der die Amerikaner für den Weltkrieg mobilisieren sollte. „Get your gun, get your gun“. Ohrwurm für den Rest des Tages, alles andere als angenehm. Angeblich soll Kaugummikauen gegen Ohrwürmer helfen.

Beim Mitagessen Gespräch über deutschen Geschichtsunterricht. Mein Lehrer, Herr Mayer aus Tübingen, war noch >Pimpf< im dritten Reich, und brachte uns eine Art Wurfball mit, den sie ihnen zum Spielen gaben – lag in der Hand wie eine Handgranate, die Form war eindeutig. Ein deutscher Musiker am Tisch erzählt, sein Geschichtslehrer spekulierte an der Tafel über die Versäumnisse der Wehrmacht, Hitlers >Zangengriff< im Osten, der falsch ausgeführt wurde. All das natürlich nur aus >militärstrategischer Sicht< bedauerlich. Klausur: Skizzieren Sie die taktischen Fehler der Wehrmacht beim Russlandfeldzug. Ein Studentin erählt von einem neuen Brauch in Polen, >fucked up nights<: Man trifft sich in der Kneipe und jeder erzählt in einer lustigen Weise von den schlimmsten Desastern in seinem Leben. Im Unterricht immer wieder die Frage, ob die Dramaturgie einer Partitur geschickt gemacht ist oder nicht. Die Frage, ob etwas zu langweilig ist, ist selber langweilig. Wenn Form nur die gefällige Entfaltung einer Idee ist, Form also ein rein handwerklich-funktionaler Vorgang ist, dann fehlt eine substanzielle Idee von Zeit. Ein elementares Modell für Formfragen ist Sex, das Erleben mit seinen Entwicklungen und Höhepunkten, auch anatomisch eine Formfrage. Eine Studentin weist auf das ASMR-artige Phänomen des >virtual Barber< hin, die Geräusche des Haareschneidens hört man sich per Kopfhörer an. Links: Over there (1917)
Wie man einen Ohrwurm loswird
Virtual Barber
Man Ray über Kunst + Sex

Aus Tralien #1

Im Flugzeug 18.7.2016
In der Schleife: >That’s the way I like it<. Das Thema schon mal sehr aufklärerisch, deutlich sagen, wie man’s mag. Es ist völlig klar, dass es um Sex, und zwar um den Willen zu >gutem Sex< geht. Aber: Der Song hat nur Mollakkorde, und alles Gesungene nimmt sich so dermaßen aufpeitschend aus, geradezu gebrüllt, dass darin die ganze Dialektik von Willensäußerung mitklingt – der Schrecken der Vergewaltigung. Textkorrekturen. Das Lektorat macht aus „Strukturkomposition für Orchester“-> „strukturelle Orchesterkomposition“. Nee, also so eine Änderung geht gar nicht.

Radziejowice 19.7.2016
Der Kurs findet auf einem noblen Anwesen statt, ein veritabler Schloss-Palast, Eigentum des Staates und für künstlerische Projekte vorgesehen. Auf dem Rasen ein Mähroboter. Wir sagen ja nur zu den Maschinen Roboter, die sich irgendwie wie Lebewesen bewegen, dabei wäre auch ein Ventilator ein Roboter, der den Fächerarm übernimmt. Dem Mähroboter unterstellt man ein Seelenleben, wie er da so vor sich hinmäht, ein motorisiertes Schaf.

Radziejowice 20.7.2016
Martin Bresnick, betagter amerikanischer Komponist, trägt anekdotenreich vor. Ist es nicht das, was betagte Menschen tun sollen, Anekdoten erzählen? Mit seiner amerikanischen Art, die immer die persönliche Geschichte einflicht, macht er das sehr schön.
Erzählt von einem seiner Lehrer, Franchetti, unbekannt, Sohn des ebenfalls unbekannten, von Helmut Krausser grimmig protegierten Franchetti-Vater. Franchetti-Sohn verlangte tatsächlich noch in den 1960ern, dass alle seine Studierenden exakt so zu komponieren lernen müssten wie er komponierte, alles andere wären >Fehler<. In dieser absurden Radikalität irgendwie fast wieder sympathisch, von außen gesehen. Heute geht das natürlich alles überhaupt nicht mehr, immer gilt es, die individuelle Sprache des Eleven zu finden/entwickeln. Aber dass so ein Konsens besteht, dass es keine >Schule< mehr geben dürfe, ist mir unverständlich. Ist doch nichts schlimmes, und de facto hat eine Lehrerin nun mal einen speziellen Horizont und ist Spezialistin für bestimmte Dinge, warum das nicht >Schule< nennen? Alle gebrauchen den Ausdruck >Zweite Wiener Schule<, aber lehnen andererseits die Bildung von Schulen ab. Als ob Lernen was schlechtes wäre. Bresnick war 1967 in Stanford und studierte bei Chowning Elektronische Musik. Tagsüber kniffelten sie an riesigen Maschinen genannt >Computer< Schallwellen aus, die nach Stunden des Prozessierens dann für eine Sekunde angehört werden konnten; nachts nahm er als Gitarrist, und, herrlich, auch als Oboist, am >Summer of Love< in San Francisco teil. Erzählt, dass schon damals eine Art Digitaltechnik für die Bombenabwürfe in Vietnam Verwendung fand. Jede Aufführung ist eine Uraufführung. I’d like to change all Tempi into M.M.=0 Links: That’s the way I like it
Radziejowice

Video meines neuen Stücks „Fantasies of Downfall“

Johannes Kreidler
Fantasies of Downfall
for Vibraphone, Audio and Video Playback
Håkon Stene, Percussion
Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik, 1.8.2016

++++
Damit verabschiedet sich Kulturtechno in die Sommerpause. Anfang September geht’s wieder los, dann mit einem neuen Reisetagebuch.

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