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Kleine Weltreise – Tagebuch #25

Die Argentinier
lachen über den
erneuten Staatsbankrott nur noch

Weltreise. Welten. Es ist ja Unsinn, von „Welten“ zu sprechen, das ist Rhetorik. Entweder man hat einen Ausdruck für „alles“ und das umfasst dann auch alles, oder der Ausdruck hat keinen Wert. Welt ist alles, davon gibt es dann nicht mehrere. „Welten“ ist so ähnlich wie der/die/das „Einzigste“. Man macht es nur, weil es sprachlich eben geht, von „Welt“ kann man einen Plural bilden, „Welten“. Von „Alles“ gibt es keinen Plural, würde sich einfach nicht nach einem deutschen Wort anhören, diese zwei „Allesse“ hier. (Auch „Musiken“ ist grenzwertig.)
Die Leibnizsche Provokation, wir lebten „in der besten aller möglichen Welten“, ein Quatschsatz, aber eine geniale Provokation. Voltaire, reagierend auf das Erdbeben von Lissabon, kommentierte: Wenn DAS die BESTE ALLER MÖGLICHEN WELTEN sein soll, DANN will ich erst mal DIE ANDEREN sehen..!
Derrida sagt, wir seien „weltlos“; das kann man originell finden. Bei ihm gibt es auch das Oxymoron „vorursprünglich“.

 
26 Miniaturen

1. Ein 30stimmiger Sinustonakkord, in den 2 Sekunden lang weißes Rauschen eingefügt ist

2. Feldaufnahme eines Schuhgeschäfts, zusammen mit der Feldaufnahme eines deutschen Waldes

3. 5 akzentuierte Tamtamschläge, im selben Rhythmus danach 5 Vokalaktionen

4. 2 eng aneinander liegende (beinahe-)Sinustöne, denen eine längere Pause folgt, in der man noch meint, elektronische Artefakte zu hören

5. Der erste Takt einer frühen Beethoven-Klaviersonate, danach Tonrepetitionen

6. Hohes Rauschen, unterbrochen von einem Symphonieorchester

7. Schmirgelpapierklänge, zusammen mit einer rudimentären Geigenmelodie

8. Alle Konzepte des Fluxus-Workshop-Buches, gleichzeitig vorgelesen

9. C-Dur, danach c-moll, schließlich a-moll

10. Das Zerbrechen einer Triangel. Das Verbrennen eines Woodblocks. Mit einem harten Gummischlägel auf dem verbrennenden Woodbock spielen

11. Verschieden gefilterte Rauschen, stets mit Decrescendo

12. Ein Feld von Akkordpaaren, stets glissandiert ein Akkord zum zweiten

13. 50stimmige Klavierakkorde mit extrem schnellem Arpeggio

14. Die 6 Gitarrensaiten kauen, mikrofoniert

15. Schallplatten als hängende Becken im Drumset

16. Ein kurzer Vortrag über die Herstellung von Darmsaiten

17. In 5 verschiedenen Geschwindigkeiten einen Schlüssel ins Schloss schieben

18. Bruderkuss zweier Dirigenten

19. 50 Triller auf einer großen Kirchenorgel

20. Vergleichende Audioaufnahmen von Reinigungsverhalten

21. 5 Rotationen mit dafür geeigneten Objekten

22. Der Kauf eines Hammers, mikrofoniert

23. Klänge, die 2 Köpfe miteinander produzieren können

24. Diatonische Akkorde, zu denen atonal, später mikrotonal gesungen wird

25. Lautheit, die immer unmöglicher wird

26. Der Unterschied zwischen reiben und streicheln (Klaviertasten)

Ein Kommentar

  1. knopfspiel sagt:

    Klar gibt es einen sinnvollen Plural von Welt; nämlich fiktive Welten.
    „Musiken“ fände ich eigentlich sogar schöner als „Musikstücke“ (oder gar „Songs“ oder „Tracks“), wird sich aber wohl nicht durchsetzen.

    Schönes Tagebuch übrigens! :-)