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Kleine Weltreise – Tagebuch #22

Da ist er, der Spießer, der Bauer, der sich nicht auf was Fremdes einlassen will oder kann.

Gestern ging man nach Festivalende zusammen essen, einige Künstler und die Intendanz, auf Wunsch einer beteiligten Chinesin zum Chinesen. Das war so mit einem großen Topf, zweigeteilt (Fleisch/Veggie) in der Mitte des runden Tisches auf einer heißen Platte, in dem man dann alle möglichen Sachen, die man sich bestellte, kochte. Voll schön, oder?

Ich will im Restaurant essen. Nicht kochen. Das war alles so ein mühsames, anstrengendes Prozedere, ich hatte tierisch Hunger und außerdem hatte man gleich nach dem letzten Podiumsgespräch schon mehrere Biere zu sich genommen, ständig musste man am Tisch wieder klären, welche Seite des Topfes ist jetzt die vegetarische, nicht dass man die nächsten Fleischscheiben in den falschen Pott gibt (was irgendwann natürlich doch passierte), ist das schon durch, mal prüfen, nein, doch noch nicht, dieses komische Etwas, was war das noch mal, kocht man das auch oder isst man das roh, kann mir jemand die Sauce reichen, die gerade ganz am anderen Ende des Tisches steht. Oh, jetzt hat es beim Reinschmeißen aber gespritzt. Wieviel Fisch sollen wir noch machen? Die Bedienung muss Kochwasser nachgießen, das dampft hier aber auch..!
Kochen ist die Aufgabe des Kochs. Ich finde auch, die Portionierung und die Würzung ist seine Aufgabe, ja, die Kunst des Kochs. Ich will eine wohldosierte Komposition auf einem Teller serviert bekommen, will mir nicht mein Essen erst zusammenklauben und noch nicht mal nach Öl fragen und nachwürzen müssen. Ich will ein Kunstwerk, ein Meisterwerk, eine verantwortungsvolle Kreation des Küchenchefs bekommen. Wobei ich eine Sache am chinesischen, ich glaube das kann man generell sagen am asiatischen, stäbchenzuessenden Essen schätze, dass es keine Knochen enthält und schon in mundgerechte Stücke geschnitten ist (mit Stäbchen kann man ja auch schlechterdings nichts schneiden..!). DAS wiederum missfällt mir am europäischen Essen: Dass man das erst auf dem Teller zerlegen und womöglich noch von nicht-essbarem (Knochen) trennen muss. Der Teller ist nicht der Schlachthof. Auf den Teller gehört nur Essbares. Ok, einiges sieht ungeschnitten besser aus, Auge isst mit und so. Aber Knochen haben auf dem Teller nichts verloren, man serviert Essen auch nicht mit irgendwelchen Verpackungsresten.

Ich bin der faulste Esser und der größte Genießer: Ich will beim Essen gehen halt essen.

Da isst (höhö) er, der Schöngeist, der Dandy, der sich die Finger nicht schmutzig machen will. Aber eine Sache war wirklich gut in dem Restaurant und gehört sofort weltweit übernommen (ich dachte mir das schon als Kind, dass es sowas doch geben müsse): Am Tisch befand sich ein Knopf, mit dem man die Bedienung herbeirufen konnte. Ich will im Restaurant nämlich auch nicht dieses Rumgucken und Gehample, das bisweilen verzweifelte Winken und Rufen nach einer Bedienung aufführen. Sch‘will essen, genießen und mich dabei gerne gepflegt unterhalten.