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Kategorie Futurismus

Es lebe die Aura! #2

Kürzlich zeigte ich den volldigitalen Geigenbogen, mit dem man fürs Auge Geige spielt, fürs Ohr digitale Klänge steuert. Warum das aber, wenn es doch letztlich um die Musik geht, also ums Hören? Die Aura der Performance ist bei Musik offenbar, gerade bei schwer verständlicher Avantgarde, eine große Hilfe, oder wenn man so will ein Eigenwert, essentieller Bestandteil, wie auch immer. (Ich muss darüber noch weiter nachdenken; ähnlich bleibt ja die Malerei faszinierend. Allerdings kann man sich auch vorstellen, dass es irgendwann Öl-Drucker geben wird, die quasi in 3D Ölbilder wie von Hand gemalt herstellen können, und zwar mit der nötigen ununterscheidbaren Simulation der Unschärfe, welche der menschlichen Hand zu eigen ist).
Was wir gegenwärtig erleben ist einerseits, dass alles digital wird, und das auf einem Niveau, das E-Gitarren, Geigen etc. eigentlich ad acta legen sollte, andererseits die alten Aufführungsmodi von Musik hinübergerettet werden: Statt Oboe wird man dann eben einen Blas-Sensor spielen. Soweit sind wir noch nicht, aber mir flattern gerade fast täglich neue Beispiele ins Haus. Heute: Der digitale Plattenspieler.

Peter Glaser beschreibt:

Die Vorliebe von DJs für Schallplatten (”Vinyl”) hat zur Entwicklung von Systemen geführt, mit denen MP3 und andere digitale Aufzeichnungen mit gewöhnlichen Plattenspielern gemischt werden können. Dazu werden spezielle Schallplatten benutzt, auf denen statt des Tonsignals ein Timecode aufgezeichnet wurde. Geeignete Hardware rechnet diesen Timecode in Signale um, mit denen dann eine Software die Abspielgeschwindigkeit und -richtung eines digitalen Musikstücks steuert.

Für sein Projekt “disko” benutzt Jonas Bohatsch ein solches Timecode-Vinyl, um Sounds und Animationen zu steuern, die ein Projektor direkt auf die schneeweisse Schallplatte projiziert. Die Projektionen lösen wiederum Samples aus und verändern sich, wenn sie von der Nadel des Tonabnehmers “getroffen” werden. Ein Computer liest die Position der Nadel aus und kann genau bestimmen, wann ein virtuelles Objekt von ihr touchiert wird. […]

Es lebe die Aura!

Vor kurzem fantasierte ich darüber, dass es irgendwann Öl-Drucker gibt, die Ölbilder herstellen, welche aussehen als seien sie von Menschenhand gemalt. Schließlich konnte die Fotografie und der C-Print die gute alte Malerei einfach nicht abschaffen: Die Aura des handgearbeiteten (oder was auch immer?) ist eben ein Faszinosum. Ich glaube aber daran, dass Computer früher oder später so leistungsstark sind, dass sie das „Menschliche“ täuschend echt imitieren können; Aus Einzelsamples zusammengesetzte Aufnahmen von Musikstücken (z.B. die Vienna Symphony Library) oder eben Bilder mit menschlicher Unschärfe.

Und prompt findet sich heute dies:

Eine Maschine, die Selbstporträts anfertigt. Erst wird ein Foto der Person gemacht, dann wird ihre Hand von der Maschine geführt. Letzteres finde ich ziemlich schlau; statt eines Druckkopfes, der es perfekt machen würde, kommt so die menschliche Unschärfe hinzu.

Mehr davon und gefunden hier.

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Komponieren lassen

in der „Welt“ steht heute ein interessanter Artikel zum Fortschritt von Kompositionsprogrammen:

http://www.welt.de/die-welt/article4047761/Jetzt-komponiert-er-selbst.html

Die Maschine erobert sich nun also eine Kunst, die bisher noch vom Nimbus der Kreativität umweht war. Die Resultate sind atemberaubend.

Zwar wird da noch betont, dass der Mensch natürlich dem überlegen sei – aber man bedenke, dass Schachcomputer auch mal belächelt wurden; die Programmierer sind übrigens die selben.

Man kann nur hoffen, dass es solche Software irgendwann auch für Avantgarde-Musik des 20. Jahrhunderts geben wird. Das IRCAM soll mal basteln. Dann tritt ein, was Harry Lehmann in seinem gerade erschienen Text „Die Digitalisierung der Neuen Musik“ prognostiziert:

Nicht die Tatsache, dass man mit Hilfe des Computers neue Kompositionstechniken entwickeln kann, sondern dass der Computer im Prinzip alle jemals entwickelten Kompositionsstile zu simulieren vermag, ist die Innovation, welche die Kategorie des Komponierens transformiert. Die sich abzeichnende Neuerung wäre, dass ein ganzes Arsenal an musikalischen Objekten und Prozessen aus dem Repertoire der Neuen Musik zur Verfügung steht – wie etwa Lachenmann’sche Geräuschfelder, Ferneyhough’sche Texturen oder Grisey’sche Spektralakkorde –, die sich in Analogie zum grafischen Programm [Photoshop] mit wenigen Handgriffen stauchen oder strecken, instrumental färben oder honogenisieren, rhythmisch schärfen oder verlangsamen, mit dem Pathos-Generator beschweren, mit der Fragment-Funktion nonoisieren oder mit dem neusten Spieltechniken-Plugin avantgardisieren lassen.

(Harry Lehmann, Die Digitalisierung der Neuen Musik. In: Vernetzungen. Neue Musik im Kontext von Wissenschaft und Technik, INMM Darmstadt Bd. 49, hg. von Jörn Peter Hiekel, Mainz 2009.)

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K-Bow

Jep! Gerade arbeite ich an einem Text, in dem u.a. diese Passage steht:

Für die Musik ist abzusehen, dass Sensorik die klassischen Instrumente ablösen kann. Dann gibt es statt für Klavier, Geige und Oboe Studiengänge für Tast-, Streich- und Blasmodule. Ein Komponist wird „instrumentieren“, indem er bestimmte Klangparameter bestimmten Körperbewegungen zuweist.

Und was finde ich da aktuell? Eine Demo des „K-Bow“, einem Geigenbogen, der tatsächlich lauter Sensoren hat.

(via)

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Tageslinks

Es geht los – Kalifornien erkennt als erste Instititution den E-Reader als Sparmöglichkeit. Dass es auf dieser Welt noch ein paar andere Institutionen gibt, die ebenfalls sparen müssen dürfte bekannt sein und jeder kann nun 1+1 zusammenzählen.

http://turi-2.blog.de/2009/06/10/heute2-schwarzenegger-gedruckte-schulbuecher-abschaffen-6276330/

http://www.heise.de/tp/blogs/4/139937

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Zukunftstheorie des Tages

Allenthalben ist im Internet davon zu lesen, dass der Werbemarkt im Online-Geschäft überhaupt gar nicht an die Einnahmen aus Print bzw. Fernsehen rankommen. Turi2 ist dafür das Fach-Blog.

Bekanntlich ist einer der größten Seiten im Netz, YouTube, erst recht nicht profitabel, und das trotz Millionen Nutzer. Die Theorie ist nun: Dass man sich trotz Unwirtschaftlichkeit um das Ding mit Millionen Nutzer reißt, liegt immer noch an dem Denken in der alten Logik, dass so viele Nutzer einfach Geld bringen MÜSSEN. Was aber, wenn sie es einfach doch nicht tun, und selbst wenn es Milliarden wären? Dann schließt man YouTube, und dann gibt es einen riesen Aufschrei, denn es ist ja Kulturgut, und dann wird YouTube verstaatlicht.

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Die Ära des Buches geht zu Ende

Sehr schöner ZEIT-Artikel (die aktuelle ZEIT kann ich überhaupt empfehlen, ist auch ein guter Text zu Mash-Up drin (ja, es wird darin auch meine GEMA-Aktion erwähnt, aber deshalb empfehle ich ihn nicht)) –
Endlich meldet sich die Fraktion zu Wort, die nicht jammert oder sich als selbstverständlich-sympathieträchtige Altmodisten gebärt, sondern an der ohnehin nicht aufzuhaltende Entwicklung das Positive sieht. Nein, das ist keine Arroganz.

http://www.zeit.de/2009/18/L-Buch?page=all

In dem Zusammenhang auch verlinkenswert ein treffender Artikel zum Generationenkonflikt der Digitalen Revolution:

http://www.welt.de/die-welt/article3620154/Das-Ruestzeug-des-modernen-Menschen.html

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Musiktheater der Zukunft: Roboter

Dass nach der Elektronischen Musik Roboter die Bühnen betreten werden, ist nur konsequent. Hier einige weitere Beispiele, von denen aus sich einiges visionieren lässt. Alle Nostalgiker, „Früher-war-alles-besser“- und „an-den-Menschen-wird-das-nie-heranreichen“ – Fantasiefaulenzer bitte NICHT klicken.

Japan’s next Topmodel:

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Futurismus: Augmented Reality

Auf der TED-Konferenz wurde ein Gerät vorgestellt, das vom ersten Eindruck her gleich das Gefühl vermittelt, dass Handys noch Kinderfasching sind.

Natürlich auch ein Beitrag zum Thema „Musiktheater der Zukunft“. Die Computerwelt ins 3D gebracht wird die Wahrnehmung von Informationen und auch von Gefühlen enorm verändern, und dass da sehr viel künstlerisch-ästhetisches Potenzial liegt, kann sich jeder halbwegs fantasiebegabte und non-nostalgische denken.

via

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Das dritte Auge

Soeben mache ich die neue Blogrubrik „Futurismus“ auf, denn Vorträge wie der folgende über künstliche Augen die noch viel mehr Lichtfrequenzen sehen können usw. begeistern mich.

A propos sind die Gazetten heuer natürlich gefüllt mit Artikeln zu 100 Jahre Futurisme. Besonders erwähnenswert der große Telepolis-Artikel, der mir nur in den Details übertrieben erscheint (Marinetti wurde im Ersten Weltkrieg nicht schwer verletzt) und ein bisschen zu oft toll findet, wie nicht-langweilig die heroischen Futuristenjahre waren. Insgesamt aber sehr lesenswert. Und bei Heise erfährt man endlich auch mal, wie es Marinetti mir nichts dir nichts auf die Titelseite des Figaro geschafft hat.
Dann gibt es da noch ein „Akustisches Manifest„, das antifuturistisch den Verkehrslärm geißelt und ein menschenfreundliches Stadtbild äh einen menschenfreundlichen Stadtklang fordert. Ist ja nicht so verkehrt, aber allein in Punkto artistischer Kühnheit ist es als Antwort auf das futuristische Manifest recht erbärmlich.

Alle wissen, wo der Futurismus Marinettis endete, und ob Augen die noch mehr Lichtfrequenzen sehen können wirklich dem Allgemeinwohl dienen werden, ist nicht gewiss. Also Augen auf!