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Flötenmaschine

a picture of the Flute Playing Machine

The Flute-playing Machine(1979-82)
Alto flute, range g to g‘, blower, electro-magnets, electronics.150cm high.

On the right is the blower encased in its soundproof black box. On top of it is a valve that admits the air into the mouth piece of the flute. The horizontal brass tube is an especially made alto flute with a range of g to g‘. It is fitted with 12 electro-magnetic keys corresponding to the fingers of a human player. The diagonal slide on the right guides the music roll over a row of 15 photocells. Their signals are amplified by circuitry in the box below the flute and operate the keys and the air valve. The box below that contains the power supplies and the speed controller for the blower motor.

Martin Riches baut schon seit langem Instrumentenmaschinen (hier der Motormund). So sieht dann zB die Partitur für die Flötenmaschine aus, und darunter was dem in normaler Fünfliniennotation entspräche:

Flute Playing Machine: a score

Leider habe ich kein Klangbeispiel gefunden. Es wäre ja sehr interessant, ob man damit, vergleichbar Conlon Nancarrows Studien für mechanisches Klavier, unspielbar virtuose Flötenmusik auf der Maschine spielen könnte (und dann ein Duo für Player Flute und Player Piano).

untitled performance #3, Probenvideo

Filipe Fereira hat die Proben für untitled performance #3 NING Version in Oslo gefilmt.
Mit großem Dank an Ny Musikk und Heloisa!

Hypergeographie

Hyper Geography (2011) von Joe Hamilton.

(via The New Aesthetic)

Der stillste Ort der Welt

Ein wahrhaft „stilles Örtchen“: Der echolose Raum in den Orfield Laboratories, South Minneapolis.


Photo: Steven Orfield/Orfield Labs

If you think that loud noises drive you mad, try this quiet room for a change.

The anechoic chamber at Orfield Laboratories in South Minneapolis, certified as the quietest place on Earth by the Guinness World Records, is so quiet that the longest anyone has survived being in there is just 45 minutes:

‘When it’s quiet, ears will adapt. The quieter the room, the more things you hear. You’ll hear your heart beating, sometimes you can hear your lungs, hear your stomach gurgling loudly.

‘In the anechoic chamber, you become the sound.’

And this is a very disorientating experience. Mr Orfield explained that it’s so disconcerting that sitting down is a must.

He said: ‘How you orient yourself is through sounds you hear when you walk. In the anechnoic chamber, you don’t have any cues. You take away the perceptual cues that allow you to balance and manoeuvre. If you’re in there for half an hour, you have to be in a chair.’

Erst Recht Horror wäre dieser Raum für Tinnitusgeplagte (wie mich). Da sag noch einer „Musik als existenzielle Erfahrung“!

(via Neatorama)

Jetzt erschienen: Johannes Kreidler, Musik mit Musik. Texte 2005-2011

Ich freue mich bekanntzugeben, dass mein Buch „Musik mit Musik. Texte 2005-2011“ im Wolke Verlag erschienen ist.

256 Seiten, Paperback, € 19.80,– / E-book (PDF), € 12.80,–, 978-3-936000-93-1

Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, dass Kunst nichts Eingerahmtes ist, das man von außen betrachtet; vielmehr bildet sie »in der Welt« situative Verdichtungen, punktuelle Überhöhungen, welche ihre Ausläufer in alle Richtungen haben. Das heißt zum Beispiel, dass Kunst heute, mehr denn je, in der medialen Auffächerung lebt. In meinem Fall ist die Musik das ästhetische Zentrum, aus dem dann auch konzeptuelle Performances, dokumentarische Videos und: Texte hervorgehen.

Inhaltverzeichnis & Vorwort

Das Buch kann zB hier bestellt werden (oder bei Amazon, auch wenn es da bislang heißt, der Artikel sei noch nicht erschienen).

Schachspiele

Takako Saito | Spice Chess


Kelly Mark | Chess Set

Damien Hirst | Mental Escapology

(via Artists‘ Books and Multiples)

Die ersten Collagen (1912)

Georges Braque: Obstschale und Glas, 1912, Kohle u. geklebtes Papier.

Pablo Picasso: Stillleben mit Rohrstuhlgeflecht, 1912, Collage.

Die ersten Collagen, damals auch „Klebebilder“ oder „das neue Material“ genannt.

Ästhetik der Gesichtserkennung

Komponieren heute (Langversion)

 

Ich habe längst aufgehört, alleine zu komponieren.

Meine Ansprüche an das Kunstwerk sind derart gestiegen, und die Welt heute ist so komplex, dass  ich auf einige Hilfe angewiesen bin. Man sollte sich ja keiner technischen und menschlichen Hilfsmittel enthalten, denn sonste würde das ja nur bedeuten, sich künstliche Probleme zu schaffen. So wie ich ein Instrumentalensemble zur Aufführung brauche, nehme ich eben auch eine Legion an Arbeitskräften für die Komposition in Dienst. Es gibt viel zu viel, was ich nicht kann und mich sonst einschränken würde. Erst dieses Arsenal an Möglichkeiten ermöglicht mir die heute gebotene Materialbeherrschung und Flexibilität.

1. Marktforschung. Mein Recherche-Team besucht Festivals, hört Radiosendungen, außerdem geht es auf Kunstausstellungen und zu Theaterpremieren, aber vor allem durchforstet es das ganze Internet, also Podcasts und Musikblogs weltweit, nach neuesten Trends und Techniken, sprich: nach dem Zeitgeist. Des weiteren werden Facebook-Umfragen durchgeführt, Ideen an Probanden getestet, Hochleistungscomputer ermitteln statistische Trends und evaluieren Ästhetiken.

Es geht hierbei nicht darum, die Formel für das „perfekte“ Stück zu ermitteln, sondern schlichtweg um Weltaneignung.

2. Ein Kreativteam entwickelt Ideen – Originalität ist Pflicht!; alle erdenklichen Kreativitätstechniken (Brainwriting, Edison-Prinzip, Kopfstandtechnik, Mind Mapping, Galeriemethode, KJ-Methode, Bisoziation, Zufallstechniken, Tilmag-Methode usw.) kommen zum Einsatz. Ein eigenes Büro ist allein für Titelfindung und Programmtext zuständig. Die Hintergrundphilosophien werden in einem Think Tank in Connecticut entwickelt, von dort bekomme ich auch meine Vorträge geschrieben.

3. Ein Subunternehmen von Soft- und Hardwareentwicklern bleibt auf dem aktuellen Stand der Audio-Technik, besorgt Lizenzen von Fremdtechnologie (vielleicht betreiben sie auch Industriespionage, ich überlasse das ihnen) und entwickelt selber Software und Geräte.

4. Die Ausarbeitungsfirma schreibt die Partitur und erstellt die Elektronik. Ich bin dabei fast nie zugegen, was auch besser so ist, bzw. will man mich da auch gar nicht sehen; ich würde das Produkt eher verschlechtern. Ein Detektiv macht aber Stichproben. Ich höre das Stück meistens erst im Konzert.

Den Großteil übernimmt ohnehin maschinelle Intelligenz. Längst wäre all das nur von Menschenhand und -hirn nicht mehr umsetzbar.

5. Die „Special-Effects“-Abteilung optimiert die ganze Partitur und löst klanglich schwere Aufgaben. Wir haben hierfür Spitzenkräfte aus aller Welt gewinnen können. Abwerbungen – man spricht nicht gerne darüber – kommen natürlich auch vor. Die Politik hingegen freut sich sehr darüber, dass wir nächstes Jahr eine eigene Akademie für Nachwuchs gründen.

6. Ich bin bei all dem der Chef, der das Ganze koordiniert, am Ende die Verantwortung übernimmt und die „Marke“ bildet. Ich bin die öffentliche Person des Ganzen, stehe für Interviews zur Verfügung, repräsentiere in Konzerten und bin auf den Partys. Machen wir uns nichts vor: Die Kunstproduktion ist diktatorisch. Es gibt „Schwarmintelligenz“, aber keinen Kunstkommunismus. In der Kunst braucht es viele Hände und Hirne, jedoch einen Mastermind, der alles zusammenhält, der den Produktionsgeist wach hält, der bezahlt und der überhaupt die richtigen Leute findet und versammelt.

 

Ich beschreibe dies, weil es darum geht, möglichst bewusst zu praktizieren, was subkutan als Prinzip eh immer mehr waltet. Das alles soll ins Werk gesetzt werden. Sowieso ist solche Arbeitsteilung in der Bildenden Kunst Jahrhunderte alt (Rubens’ Atelier war bereits eine Fabrik).

Es geht überhaupt nicht darum, Geld zu erwirtschaften – das ist in der Neuen Musik ja fast nicht möglich. Tatsächlich sind die Produktionskosten ungleich höher als die Einnahmen aus dem Kunstwerk. Akquise, Fundraising und Lobbyarbeit gehören darum gleich an den Beginn des Produktionsplans.

Es geht darum, ein hypermodernes Kunstwerk zu schaffen.

 

Ganz gelegentlich verspüre ich den sentimentalen Wunsch, einmal selbst Hand anzulegen. Dann heuere ich bei einer anderen Komponistenfirma als einfacher Arbeiter an. Ich weiß meist gar nicht, für wen ich dann arbeite; einmal habe ich, Jahre später, im Konzert zufällig ein Stück wiedererkannt, an dem ich einen bescheidenen Anteil habe. Ein anderes Mal offenbarte sich irgendwann, dass es ein Zulieferbetrieb meines eigenen Konzerns ist, in dem ich tätig bin. Ich merkte es daran, dass so eine typische Skandal-Sache inszeniert wurde, die mir einigermaßen zuwider war. Ich kündigte. (Später las ich in der Zeitung, dass das Stück ein großer Erfolg wurde.)

Mittlerweile ist der Weltmarkt für Kunstmusik zwischen vier Konzernen aufgeteilt – einem eher nach der klassischen Musik orientierten, einem eher spielerischen, einem eher konzeptuellen und einem eher abstrakten Programm angehörigen –, von dem immerhin einer meinen Namen trägt. Unschöne Patentprozesse und Kartellverfahren überschatten allerdings die Kunstwelt. Ich bin derweil vereinsamt und lasse mich gar nicht mehr blicken. Einmal juckte es mich tatsächlich, mal wieder auf ein Notenblatt zu schreiben, was reichlich lächerlich ist. Das wäre wie wenn ich von Hand ein Auto bauen wollte, mit dem ich dann mit Mercedes und Porsche konkurrieren wollte.

Mein Konzern verbreitet zur Zeit einen Text, in dem man mich zur mythologischen Gestalt machen will. Man erhebt mich zu einer unbekannten Größe im ganzen Prozess, niemand weiß, was ich, der ja firmiert, eigentlich für einen Anteil an den Kunstwerken habe, wer ich überhaupt bin, ja ob es mich überhaupt gibt. Ich fühle mich außerstande, dem etwas dagegenzuhalten.

Grammophonkonzert im Beethovensaal (1889)

Unbekannter Maler: „Grammophonkonzert im Beethovensaal“ (1889) (Ausschnitt).
Das Original liegt nicht vor, eine Reproduktion stammt aus dem Bildarchiv Marburg. Abgedruckt in: Musik-Konzepte XI/2008, S. 182.

Das Bild war ironisch gemeint, es sollte die Anti-Utopie von Lautsprechermusik im Konzertsaal darstellen.