Melbourne 20.8.
Eines meiner zehn Biere gestern muss leider schlecht gewesen sein. Kopfschmerz.
Weitere Ideen für die Brisbane->Soundcard<: - Ich gehe / Taxi / Bahn und mache dabei viele Fotos, man hört nur den Rhythmus des Fotografierens - im Sinne von Linksverkehr gehen zwei Personen mit Aufnahmegeräten bei A / B los, treffen sich in der Mitte und gehen dann jeweils zu dem anderen Punkt weiter Stimmungssysteme auf weißes Rauschen anwenden. (Obwohl weißes Rauschen alle Frequenzen enthält, kann man ein Sample weißen Rauschens transponieren. Schöne Paradoxie.) Ein Punksänger gröhlt Stimmungssysteme, etwa die Bohlen-Pierce-Skala. Bei Stimmungssystemen ist ja auch die Fetischisierung interessant, das Nerdig-Verschrobene dieser Cent-Philosophien. Verschrobung. Die Verschrobenheit. Schrobismus. Ein Sample weißen Rauschens. Ein Sample weißen Rausches. Bei meiner Präsentation am RMIT fragte mich ein Typ nach meiner Meinung zu >Augmentation<. Auf meine Bitte, das zu präzisieren, erwiderte er, es gehe nicht darum, was er darunter verstehe. Joel verbessert gelegentlich mein Englisch, will aber auch nicht zu viel verbessern – damit die Sprache in Bewegung bleibt. [Genderhinweis: Habe in dem folgenden Abschnitt das Geschlecht konsequent abgewechselt.] Was man wieder unfreiwillig aus Deutschland mitkriegt. Ein Musikwissenschaftsstudent meint sich erdreisten zu können, in einer öffentlichen Mini-Wortmeldung ein Stück von mir eben mal runterbuttern zu können. Steigt aufs ganz hohe Ross, übersetzt aber 2 von 3 Wörtern des englischen Titels falsch, behauptet ohne jegliche journalistische Recherche, ich habe Claqueurinnen bezahlt, pickt sich willkürlich Teile des Stücks heraus, um sie dann falsch zu beschreiben, vergleicht ohne historische Kenntnis mit der Historie, das Programmheft wird natürlich auch ignoriert usw. Und wenn man dann den Zögling mal auf seine sachlichen Fehler hinweist, man kann in dem Alter ja vielleicht noch das schlimmste abwenden, kommt zurück, man habe als Komponist ihm nicht das Stück zu erklären. Und damit ist er nicht allein (es sind halt die lauten, die auffallen);- sie scheinen sich darin zu gefallen, als die nächste Generation von Pippikackascheißern aus der Darmstädter Schreibschule (genauer: der deutschen Sektion davon) herauszugehen, die ihre Inkompetenz und Gehässigkeit für das Siegel journalistischer Unabhängigkeit hält. Warum diese Unkultur des öffentlichen Beleidigens und der Besserwisserposerei in der Kunstkritik. Wollt ihr Fürsprecherinnen oder Pippikakkascheißer sein? Eine Künstlerin ebenso wie ein Stück sollte nach dem Besten, was geschaffen wurde, beurteilt werden, nicht nach dem Schlechtesten. Wenn man ein Stück bespricht, dann: -interpretieren, nicht nur beschreiben -die eigenen Kriterien transparent machen - aber mehr noch den Kriterien des Werks gerecht werden (es hat keinen Sinn und wäre infam, ein serielles Stück danach zu bewerten, wie gut man dazu tanzen kann) -die differentiellen Momente zur Geschichte herausarbeiten Und sich als Partner verstehen, es geht darum, den Leserinnen ein Stück näher zu bringen; auch denen, die das Stück schon gehört haben, eine originelle Interpretation offerieren. Das wäre doch mal ein Gewinn. Stattdessen immer wieder diese Schnellsudeleien über Nacht und das Verlautbaren ungefragter >Meinungen<; was qualifiziert sie eigentlich dazu? Kritiker wissen also, wie Musik zu sein hat, nur sollten sie dann zu >Neuer< Musik den Mund halten, die ist eben (erst mal) keine Musik, alle bisherigen Kriterien für wie >Komponieren< geht, wie viele Noten die Musikerinnen spielen usw. stehen per Definition zur Disposition. Wer dafür keinen Sinn hat, soll sich ein anderes Betätigungsfeld suchen. Kritiker, die Hüter der Konventionen, bravo, wer kann das wollen, nicht mal sie selber. Aber leider verpesten diese talentlosen Scheißeschreiberinnen die Gazetten auf ewig, niemand braucht sie, es hilft keinem, schlau wird von diesen Ergüssen niemand, allerhöchstenfalls machen sie sich zum Gespött künftiger Historiker. Es ist eine Bankrotterklärung der Musikwissenschaft. In der NZZ schrieb ein Schreiberling vor einigen Jahren: "Johannes Kreidler hat mal wieder bewiesen, dass er weder komponieren kann noch will." Wie dem auch sei, wenn dieser Kritiker weiß, wie Komponieren geht, dann will ich das auf keinen Fall können. Ginge es nach den Kritikerinnen, wäre ich schon längst nicht mehr auf den Podien; Komponisten, die heute angebetet werden, hätten vor 30 Jahren quittieren können, der damaligen Journaille nach - es ist derselbe Schlag von Spießerinnen, der dann, wenn der Wind sich dreht, einen Lachenmann hofiert. Es hilft nur eins, >nicht einmal ignorieren<. Seit Jahren lese ich keine Kritiken mehr (überhaupt keine mehr), nur muss ich noch die Freunde darauf hinweisen, mich nicht auf welche hinzuweisen. "Wesentlich sind die Fürsprecher. Die Schöpfung, das sind die Fürsprecher. Ohne sie gibt es kein Werk. Ich brauche meine Fürsprecher." (Deleuze) Links: Punk-Skala
Ist der Blogbeitrag eine Parodie?
Es gibt keinen Grund zu der Annahme.
Heißt das, dass es mittlerweile normal ist, verbal so aufzufahren, weil ein Student eine Kritik geschrieben hat? Ich hatte bei diesem „Was ist das für eine Anmaßung mich zu kritisieren“ und bei dem „Ich lese keine Kritiken mehr – aber zitiere sie“ eher das Gefühl hier soll der Kulturbetrieb und seine Selbstverliebtheit aufs Korn genommen werden. Aber vielleicht verstehe ich auch etwas nicht. Jedenfalls hatte ich schon lange niemanden mehr prahlen hören, wie viel sie oder er am Abend davor getrunken hat.
Der Student hat eine so dermaßen idiotische >Kritik< publiziert, dass ich es für geboten hielt, ihn zu kontaktieren, und das schreibe ich hier auch mal ins Tagebuch - denn es ist ein Symptom, er hat da nur mal wieder was bestätigt, was immer wieder waltet, ob von Studierenden oder nicht, nur bei ersteren kann man vielleicht noch was ausrichten. Wenn Kritiker*innen meinen, Kunstkritik sei Besserwisserei und Gehässigkeit, dann läuft was falsch. Dass ich jetzt auch nicht gerade freundschaftlich formuliert habe, ja, so schallt's dann halt aus dem Wald wieder raus. Beim nächsten mal dann, jenseits des Tagesbuchs, wieder ganz moderat.