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Immaterial

Eine Musikrichtung, bei der Originalität programmatisch ist. Das ist doch was, das ist doch mal ein schöner Anspruch! Wann hat man sowas zuletzt formuliert? Neue Einfallheit.
Man kann in der Tradition stehen. Man kann aber auch innovativ sein.
Breakfast with Creativity. Die Musikgeschichte prämiert Innovation, nicht Restauration.
Ideenkunst.

Die Neue Musik befindet sich im Matrialchat, im „Matriarchiv“ (Derrida).
Material ist Marterial.

Oft sind mir in den letzten Jahren Leute begegnet mit der Aussage, Konzepte seien ja schön und gut, aber sie wünschen sich eben auch Ästhetisches. Vor allem nach meinem Minusbolero kamen viele freudig an, “endlich ein Konzept, das auch zu etwas sehr Ästhetischem führt!”. Einerseits habe ich alles Verständnis für dieses Ideal, andererseits empfinde ich aber doch einen Unmut, schwingt darin eben auch ein Urteil, das die prinzipielle Differenz musikkonzeptueller Musik abqualifiziert zugunsten einer doch vielleicht wieder eher gewohnteren Musikauffassung. Der Widerspruch liegt im Konzeptualismus selbst, aber erst in der Bandbreite bis hin zu den radikal anästhetischen Konzepten. In der Entfaltung dieses Horizonts lohnt sich dann wirklich, verschiedene Interpretationen zu diskutieren.

Konzeptkunst, das Unterlassen von Ausgestaltung, das sagt auch etwas aus über unnötige Arbeit, über Präsenz von Gutem.

Versehentlich, also absichtlich das falsche, also das richtige Konzept zur Musik mitteilen, also vorenthalten.

Das Erschießungskommando, bei dem eine Gruppe von Schützen abkommandiert wird, und einer erhält aber eine Platzpatrone, so dass später keinem der Gruppe mehr der Prozess gemacht werden kann, denn ein Unschuldiger ist ja darunter – man kann nur den Befehlsgeber belangen. Den Konzeptualisten.
Sich angreifbar und systematisch unangreifbar machen. Der Schütze mit der Platzpatrone ist der Mörder. Unangreifbarkeit, weil unidentifizierbar ein unschuldiges Element darin ist, bzw. ein Element Fake ist.
Eine solche Konstruktion ist postmodern.

„Realität in der Musik ist die Realität der Musik.“ (Danuser)
Musik stellt nichts dar, sie ist selbst Objekt der Darstellung.
Wenn die Musik als Musik zur Musik wird. (Heidegger)

Viele Konzepte werden zusammengebracht zu einer „Petersburger Hängung“, oder zum Duchampschen Miniaturmuseumskasten.

Konzept und Zeit
Wie kann die Zeit konzeptualisiert, ein differenziertes Gefühl von Zeit, ein Gefühl für Rekurs und Antizipation, von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft konzeptualisiert werden. Wie können diese Aspekte von Zeit zur Idee werden, inwiefern sind sie es.
Sicherlich ist ein erster Ansatz die messbare Zeit. Eine Dauer aufsagen und dabei die Zeit stoppen, danach den Wert der gestoppten Zeit aufsagen und das wiederum stoppen und dann aufsagen und stoppen usw. Man könnte starten mit dem Aufsagen des Konzepts, das gestoppt wird. Stop und stoppen.
Die Vergangenheit, das sind die Samples, das Archiv, die Musik mit Musik; auch die Abwesenheit. Das Abwesen, abwesentlich. Das Reprodukt.
Dafür braucht es einen Begriff der Bewegung. Dialektik ist Zeit.
Sicherlich wäre es eine Option, Zeitumkehr, irreale Zeit zum Gegenstand der Konzeptualisierung zu machen. Alles ist gregorianischer Choral. Johann Sebastian Bach (1980-2082).
Die falsche Stoppuhr, das defekte Metronom, das perfekte Metronom. Die Belichtungszeit, die Beschallungszeit, die Schallgeschwindigkeit ohne Raum. Die Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen. Die Gleichzeit und die Ungleichzeit. Die Rückbeschleunigung. Die Sonne, die Erde, Rotationskuss.
Diejenige Musik mit Musik.