1. Vorgefundenes
Der Hauptansatz des Neuen Konzeptualismus ist fraglos die Verarbeitung von Vorgefundenem. Das Vorhandensein der gigantischen Datenmengen im totalen Archiv des Internets lädt dazu ein, diese Daten zu aufzugreifen, zu editieren – auch künstlerisch. Und Algorithmen können just die Maschinen sein, von denen LeWitt sprach. Der Gebrauch von Bestehendem und Ansätze einer künstlerischen Entfaltung der immanenten Gehalte von Vorlagen resultiert zudem aus dem Wunsch, die Musik stärker an die Lebenswelt anzuschließen.
a) Readymade: etwas zur Musik erklären
Der klassische, reinste Fall: Etwas Vorgefundenes, das bislang nicht als Musik rezipiert wurde, wird zur Musik erklärt. Im Einzelfall stellt sich die Frage, was gefunden wurde, und mit welcher Methode es zum Kunstwerk gerahmt wird.
Peter Ablinger hat viele musikalische Readymades geschaffen, beispielsweise durch Anbringen von Stuhlreihen,
(Weiß/Weißlich 14, Sitzen und Hören)
durch Aufstellen eines Kopfhörers, auf dem man genau dasselbe hört wie ohne,
(Weiß/Weißlich 23, Kunstkopf / Kopfhörer)
durch Hinweise („Hinweisstücke“)
„vorhandene“ Versionen von WEISS / WEISSLICH 7:
ein Wasserfall
ein Springbrunnen
ein Ventilator
die Zentralheizung
der Regen
der Wind
Autobahnen
das Meer
etc.
oder Ortsbeschreibungen.
WEISS / WEISSLICH 10, Orte
10a: Kreuzgang mit Brunnenhaus, Lilienfeld, Niederösterreich
10b: Autobahntunnel, Plabutsch, Graz
10c: Klamm, Burgau am Attersee
10d: Weißdornhain, Grieben, Hiddensee
Oder eine Probensituation wird zum Konzert erklärt.
Die erste Aufführung am 26.10.2006 in Berlin im Ballhaus Naunynstrasse, hatte den Untertitel „KEIN KONZERT“ und war eine Art öffentlicher Probe wo die Spieler den Notentext erst on stage erhielten
Sein Schüler Alberto Bernal hat mit Notenlinien gewissermaßen einen Sockel für die ästhetische Betrachtung geschaffen, wobei hier moralisch heikle Aussichtspunkte gewählt werden.
Auch ein Link, versehen mit einem Titel, kann ein Readymade erstellen, wie ich es getan habe:
Passwortmusik http://t.co/QPqVZ3jBne
— Johannes Kreidler (@_Kreidler) 20. Dezember 2013
Oder andere Beschreibungen:
Der Klang vom Einscannen von Beethoven-Noten. Oder von Lachenmann-Noten, oder Nono-Noten.
— Johannes Kreidler (@_Kreidler) 25. Februar 2014
Das formale Erlebnis, wie man im Bett liegt.
— Johannes Kreidler (@_Kreidler) 25. Februar 2014
Feldaufnahmen berühmter Gebäude. Feldaufnahmen von Gebäuden von Le Corbusier.
— Johannes Kreidler (@_Kreidler) 25. Februar 2014
Die Klänge von Alarmanlagen bei im Museum ausgestellten Instrumenten.
— Johannes Kreidler (@_Kreidler) 25. Februar 2014
Klavierstück 8: Suchbegriff "piano" auf YouPorn
— Johannes Kreidler (@_Kreidler) 29. Januar 2014