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Kategorie Technologik

Fehlerästhetik #5: Pixelverherrlichung

Das Pixel ist das visuelle Symbol für die Computerisierung schlechthin – dabei soll es eigentlich gar nicht gesehen werden; das ganze Prinzip von digitalen Bildern und Musikdateien basiert ja darauf, dass diskrete Werte in so hoher Auflösung aneinandergereiht werden, dass sie fürs Auge/Ohr verschmelzen, so wie im Kino die 24 Bilder pro Sekunde. Dennoch treten uns die Pixel oft ins Auge. Und so sieht man immer öfter auch ihre gewollt-absurde Übertragung in die Kohlenstoffwelt.

Sieht wie eine schlechte Nachbearbeitung aus, ist aber wirklich so gebaut: Das Weinmuseum in La Rioja, Spanien.

Ein ganzes Blog voller Pixel (bzw. Voxel, das 3D-Pixel) in Real Life ist The new Aesthetic. Obiges spanisches Beispiel sieht ja noch wirklich witzig aus, aber wenn man sich durch das Blog klickt ermüdet es einen bald. Spannender finde ich da Aram Bartholls Projekte, die über das bloße Pixel hinausgehen und bedeutungsgeladene Objekte der Computerisierung in den Alltag überträgt. (Dass die Pixelästhetik bis ins 19. Jahrhundert zurückgeht, habe ich hier gezeigt.)

Fehlerästhetik #4: klassische Instrumente falsch spielen

Die ganze Ästhetik von Helmut Lachenmann basiert darauf, klassische Instrumente verfremdet zu spielen, als „Kritik am philharmonischen Schönklang“ und am tonalen, exkludierenden Hören.

Die Crux ist daran jedoch, dass Lachenmann mit diesen „Fehlern“ so streng komponiert wie Beethoven; anarchisch ist das (heute) gar nicht, und er wird mittlerweile im Klassikbetrieb gefeiert wie Beethoven – außerdem stirbt der Klassikbetrieb langsam aus. Unbestritten ist die Musik aber sehr schön. Doch zum Preis, dass der ‚Fehler‘ verschwunden ist. Hier ist er dagegen noch da:

Video meines Vortrags „Paneklektizismus“ vom 27.4. in Witten

UPDATE: leider gehen in dem video bild und ton etwas out of sync. ich werde es beheben und nochmal hochladen, allerdings erst in 7 tagen.
UPDATE2: neue version online, alte gelöscht (sorry für die gelöschten likes, ging leider nicht anders).

Vortrag, gehalten am 27.4.2012 beim Symposium „Musik als Material – Bearbeitung, Sampling, Bricolage“ / Wittener Tage für Neue Kammermusik, Universität Witten-Herdecke

Abstract:
Außer dem nur noch selten gelingenden Kunststück, einen nie gehörten Klang hervorzuzaubern, bedienen sich die Komponisten heute zwangsläufig des Bestehenden. Das betrifft nicht nur musikalische Grundelemente, wie die 88 Tasten des Klaviers, sondern auch deren Kombinationen. Instrumentale Gesten, standardisierte Satztechniken und expressive Topoi sind allgegenwärtig und können nach 100 Jahren Neue Musik und 30 Jahren ihrer institutionellen Durchorganisierung kaum noch umgangen oder umgedeutet werden (ähnlich gilt das auch für die Popmusik); endgültig wird durch das Internet, das „totale Archiv“, das Vergessen der Kunstgeschichte nahezu unmöglich. Darum setzt ein Kategorienwechsel ein: Die Frage ist immer weniger, ob ein Komponist zitiert, sondern was, wie und wofür.

Fehlerästhetik #3: Unschärfe

Als nur ein (prominentes) Beispiel für die Ästhetisierung der Unschärfe, ein abgemaltes Foto von Gerhard Richter, die Matrosen von 1965:

Ein ganzes Buch von Wolfgang Ullrich befasst sich mit der „Geschichte der Unschärfe„, das ich im Augenglick leider nicht zur Hand habe.

Der erste Sprachsynthesizer (1939)

Considered the first electrical speech synthesizer, VODER (Voice Operation DEmonstratoR) was developed by Homer Dudley at Bell Labs and demonstrated at both the 1939 New York World’s Fair and the 1939 Golden Gate International Exposition. Difficult to use and difficult to operate, VODER nonetheless paved the way for future machine-generated speech.

Vielen Dank für den Tipp, Michael!

Fehlerästhetik #2: visuelle Artefakte / Glitches


Glitch Art

Wikipedia:

[…] In der Elektronik bezeichnet man mit Glitch [glɪtʃ] eine kurzzeitige Falschaussage in logischen Schaltungen. Diese tritt auf, weil die Signallaufzeiten in den einzelnen Gattern niemals vollkommen gleich sind. Die Anfälligkeit für Glitches steigt mit der Komplexität der Schaltungen, kann aber auch bereits bei sehr einfachen Schaltungen vorhanden sein. Sie stellen ein wesentliches Problem bei der Entwicklung moderner elektronischer Schaltungen und schneller Mikroprozessoren dar.

[…] Als Glitch [glɪtʃ] wird in der Fernseh- und Videotechnik eine kurzzeitige Falschausgabe von Bild- oder Toninhalten bezeichnet, ähnlich den Glitches in der Elektronik.

Diese Fehler treten häufig beim Spulen innerhalb eines Filmes bzw. beim Wiedereinsetzen des Filmes nach einem Spulvorgang auf, wenn die benötigten Daten nicht schnell genug zwischengespeichert und wiedergegeben werden können.

Ebenfalls entstehen Glitche(s) beim Interpolieren von einzelnen Datenbestandteilen des Signals, welche bei einem Kopier- oder Übertragungsvorgang verfälscht oder ausgelassen wurden.

Im Bild wirkt sich das durch vemehrte Artefaktbildung oder gar andersfarbige Klötzchenbildung aus. Beim Ton kann es zu störenden Verzerrungen der Frequenz oder Nebengeräuschen kommen.

Fehlerästhetik #1: Glitches, Clicks & Cuts

Heute beginnt eine zwölfteilige Reihe, die über die nächste Zeit verteilt hier erscheint. Thema ist die ‚Fehlerästhetik‘ in Musik und visueller Kunst. Das Thema ist interessant und reichhaltig, aber Ziel der Abhandlung ist eine Kritik. Los geht’s erst mal mit Materialsammlung. Heute: Glitches, Clicks & Cuts in der Musik. Gemeint sind typische Fehler in der Produktion von elektronischer Musik – Klickgeräusche, gegenmetrische Schnitte und andere Störelemente wie zB ein Hänger in der CD (siehe auch Wikipedia). Die Ästhetik wurde in den letzten beiden Jahrzehnten exzessiv durchgeführt, hier nur ein paar wenige Beispiele:

http://hoteldiscipline.net/wp-content/uploads/2008/10/careless-semantics-12-reasons-to-live.mp3

Glitch music caused by a Game Genie. The code used actually affects all the music in the game, but most of the music in this video is in World 1. It also makes some of the sound effects sound more Atari 2600 like.

Zeichenmaschine malt Zeichenmaschinen

Selbstportrait: Pablo Garcia lässt eine Zeichenmaschine Zeichenmaschinen seit Dürer zeichnen.

(via exinfoam)

Flötenmaschine

a picture of the Flute Playing Machine

The Flute-playing Machine(1979-82)
Alto flute, range g to g‘, blower, electro-magnets, electronics.150cm high.

On the right is the blower encased in its soundproof black box. On top of it is a valve that admits the air into the mouth piece of the flute. The horizontal brass tube is an especially made alto flute with a range of g to g‘. It is fitted with 12 electro-magnetic keys corresponding to the fingers of a human player. The diagonal slide on the right guides the music roll over a row of 15 photocells. Their signals are amplified by circuitry in the box below the flute and operate the keys and the air valve. The box below that contains the power supplies and the speed controller for the blower motor.

Martin Riches baut schon seit langem Instrumentenmaschinen (hier der Motormund). So sieht dann zB die Partitur für die Flötenmaschine aus, und darunter was dem in normaler Fünfliniennotation entspräche:

Flute Playing Machine: a score

Leider habe ich kein Klangbeispiel gefunden. Es wäre ja sehr interessant, ob man damit, vergleichbar Conlon Nancarrows Studien für mechanisches Klavier, unspielbar virtuose Flötenmusik auf der Maschine spielen könnte (und dann ein Duo für Player Flute und Player Piano).

Hypergeographie

Hyper Geography (2011) von Joe Hamilton.

(via The New Aesthetic)