…denn was da zeitgleich an der Ostfront passiert ist doch zu grässlich.
GEMA!
Die GEMA schafft es schon wieder, Unmut zu stiften, und diesmal ganz ohne Urheberrechte: Im Bad Blog of Musick berichtet Moritz Eggert, dass wegen technischer Umstellung viele der 2009 anstehenden Ausschüttungen erst 2010 erfolgen werden. Jaja, da geriert sich die GEMA immer als die Schutzhülle der armen Komponisten, aber die können jetzt mal zusehen wie sie ihre Miete bezahlen. So viel Verlass auf die GEMA. Man hielt es ja noch nicht mal für angebracht, die Mitglieder zu informieren, da geht nur, nachdem alle schon auf die Ausschüttung warten, so ein Brief an die Komponistenverbände.
Theo Geissler von der NMZ im Kommentar dazu:
…bei dem “Rückstand” soll es sich um eine höhere fünfstellige Zahl von nicht abgerechneten Programmen handeln. Der Vertrag von Heker [GEMA-Chef] ist vom “alten” Aufsichtsrat im Vorfeld der Wahlen bei der Mitgliederversammlung demnächst sicherheitsalber um fünf Jahre verlängert worden. Ein trefflicher Beitrag zur “System-Stabilisierung”…
Nur nebenbei: Unter der „höheren fünfstelligen Zahl“ sind natürlich auch alle meine Aufführungen.
Dass die Information erst jetzt, nach der Jahrespressekonferenz herausgegeben wird, wird auch kein Zufall sein.
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Online-Petition zur GEMA-Reform
Gulli berichtet über eine gestartete Online-Petition zur Reformierung der GEMA. Ich habe unterzeichnet, trotz grundsätzlicher Bedenken zu Online-Petitionen, und in dem Fall trotz meiner Skepsis, was der Gesetzgeber da richten soll, die GEMA ist zunächst ein selbstorganisierter Verein (bei dem allerdings nur die gut Verdienenden abstimmen dürfen; nicht zuletzt darum habe ich mit anderen Mitteln mich bei der GEMA zu Wort gemeldet *g* ). Außerdem kann ich einfach nicht glauben, dass sich nötige 50 000 für die GEMA interessieren.
Wie dem auch sei, es zeigt sich erneut, dass der Wunsch nach GEMA-Reformen immer lauter wird.
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Into no brain
Mir geht gerade das Messer in der Hose auf, wenn ich Starkomponist Jörg Widmann darüber schwafeln sehe, was er nichts zu sagen hat zu seiner Deplatzierung seinem Aufenthalt in Dubai im Rahmen des Projekts „into“, bei dem Komponisten in bestimmte Städte geschickt wurden, um sich kompositorisch mit ihnen zu beschäftigen.
Dubai ist 1. eine riesige Spekulationsblase (siehe hier) und 2. ein Ort extremer Ausbeutung (siehe hier). Erst heute habe ich mich mit Christian von Borries unterhalten, der zwei mal in Dubai war für einen Dokufilm, und der erzählt hat von den Gastarbeitern, die die Hochhäuser bauen weil sie für ihre Arbeit da ein paar Groschen mehr kriegen als in Pakistan, auch wenn sie in Dubai ebenfalls in Slums ohne fließend Wasser wohnen müssen, und die jetzt, wo die Blase platzt und sie nur noch unnützer Menschenmüll sind sofort ausgewiesen werden usw.
Naivling Widmann tangiert das natürlich nicht und komponiert in seinem Appartment mit Konzertflügel Wiener Walzer.
Meine ursprüngliche Reaktion nach zwei, drei Wochen auf all das Neue und Fremde war ja auch die, dass ich plötzlich diesen skurrilen alpenländischen Walzer geschrieben habe und überhaupt sehr kurze, aphoristische Stücke. Es ist eine seltsame, aber für mich heute nachvollziehbare Reaktion: Man vergewissert sich des Eigenen. Genauso, wie es einen unter Umständen zuhause woandershin in die Fremde drängt, so trieb es mich in der Fremde zum Eigenen.
Ich habe hier auf der Klarinette unendlich viel Mozart gespielt, auch auf dem Klavier Mozart, Schumann und Brahms und Berg.
(quelle)
Genau, flüchte dich in die große abendländische Musik. Mit ökonomischen Ungleichheiten, mit Wohlstand auf Kosten von ausgebeuteten Gastarbeitern etc. hat die Kunst ja nichts zu tun. Vergewissere dich ja deiner eigenen Identität, die dort an der Schnittstelle zwischen erster und dritter Welt sonst bedroht werden könnte. Hoffentlich platzt die Blase Jörg Widmann bald.
Pro Schwan
Auf Carta gibt’s einen schönen Text: 10 gute Gründe, am 23.Mai eine Frau zu wählen. Dem schließe ich mich an. Den Bundeshorst mit seinem debilen dritte-Zähne-Grinsen konnte ich, leider im Gegensatz zum Volksgroßteil, nie leiden.
Repräsentanten haben eine ästhetische Funktion – sie sind personifizierte, also wahrnehmbar gemachte Macht. Ich plädiere insofern für eine ästhetische Betrachtung der Politik, als das ja nicht heißen muss, hier nur einer Oper zu frönen, sondern die Ästhetik auf reale Machtverhältnisse und politische Fragen zu beziehen. Rainald Goetz gelingt das immer wieder großartig in „Klage“.
Das Amt des Bundespräsidenten ist in diesem Land praktisch per Definitionem ästhetisch, wobei unser Bundeshorst allerdings überflüssigerweise immer wieder meint, auch mal aktiv Politik machen zu müssen, wahrscheinlich weil er selber weiß dass er ästhetisch unter aller Kanone ist. (N.B.: Seine Haltung zum Regiertheater.) Die Ästhetik von Horst Köhler gehört weg und Gesine Schwan an seiner statt wäre prima. Sehr schade, dass daraus nichts wird.
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Petition erfolgreich!
Es lebe die Demokratie!
Wobei ich jetzt mal meine Bedenken zu digitalen Unterschriftenaktionen loswerden muss:
Ich kann mich damit einfach nicht anfreunden, weil
1. man natürlich doppelt und x-fach „unterzeichnen“ kann dank mehrfacher Email-Accounts
2. solche Listen dann leicht einfach mal eine andere Überschrift bekommen könnten und dann firmiert man für Weiß-Gott-was.
Beides ist analog auch möglich, aber doch nicht so leicht. Andererseits wünsche ich mir keinesfalls personalisierte Email-Adressen oder sonstige veritable digitale Signaturen. Darum halte ich doch nach wie vor analoge Unterschriftenaktionen für besser.
Wie dem auch sei, im konkreten Fall bin ich selbstverständlich für die Initiative und freue mich über den ersten Erfolg gegen Zensursula und Zenzypries.
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Tageslink
Auf den Bad Blog of Musick habe ich ja schon hingewiesen, trotzdem noch ausdrücklich der Link zum aktuellen schönen Text von Arno Lücker:
http://blogs.nmz.de/badblog/2009/05/07/abschlussbericht-des-patienten-l/
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Oh Mensch! (Update)
Bin mitten in der Probenphase mit dem Ensemble Modern – sechs junge Komponisten haben neue Stücke geschrieben, die am Sonntag und Dienstag dann zu öffentlichem Gehör gebracht werden.
Was mir völlig unerklärlich ist: Warum suhlen sich meine altersgenössischen Komponistenkollegen dermaßen in minutenlangem fortissimo-Pathos? Ich denke nicht dass wir in pathetischen Zeiten leben. Ich mag ja Expressionismus, aber seinerzeit gab’s auch einen Weltkrieg und einen ersten Hochindustrialismus, der verdaut werden musste. Da sind wir heute doch etwas weiter.
Update: Nicht dass man denkt ich lästere hier hinterm Rücken – In der Kneipe wird natürlich auch Tacheles geredet. Speziell zwei Stücke haben bereits von der Gruppe den Spitznamen „Macho Pieces“ erhalten.
Tageslink
Der Urheberrechtsexperte Till Kreutzer schaut mal genau in / denkt über AGB in Verträgen mit Urhebern nach. Jeder kennt ja den Stress, seitenweise Kleingedrucktes unterschreiben zu müssen. Darum ist auch Kreutzers Text zwangsläufig juristischer Stress, aber sehr informativer:
http://irights.info/index.php?id=761
Sein Fazit:
Davon, dass das seit 2002 geltende Urhebervertragsrecht gemeinsam mit dem AGB-Recht einen „lückenlosen Schutz“ bietet, wie es sich der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung auf die Schulter klopfend selbst attestiert, kann nach alledem keine Rede sein.
Frei nach Kafka:
Urheberrechte abgegeben. Geweint.
Frankfurt 1
Hotel 2.0: In jedem Hotelzimmer gibt’s ein Display, das bei Betreten mit der Aufnahme eines Aquariums startet, und dazu entweicht sanft den Lautsprechern ein Meeresrauschen. Hab den elektrischen Stöpsel gezogen.
Bemerkenswert der saisonale Unterschied: Letztes Jahr gab’s die Aufnahme eines Kaminfeuers.
Frei nach Kafka:
Elektrisches Aquarium betrachtet. Geweint.
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