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Aus Tralien #19

Sydney 25.8.
Ausflugstag. Gang ums Opernhaus. Auch jetzt wirkt es relativ klein, nicht nur wegen der Wolkenkratzer im Hintergrund, sondern überhaupt für ein Opernhaus. Trotzdem: das tollste Bauwerk, das ich je gesehen habe, die Lage direkt am Meer, und diese aufwändige Muschelform. Es ist anders als alle anderen Gebäude, völlig speziell, man ist einfach fasziniert, kann sich nicht sattsehen daran. So ein Haus baut man eigentlich nicht, das sieht alles nach einem sagenhaften Luxus der Verschwendung aus, diese funktionslose Dachkonstruktion. Auch nett: In dem Meer ums Opernhaus herum schwimmen Haie. Die wilde Schönheit der Gefahr. Ob da schon jemand zwischen dem 2. und 3. Akt von Aida mit dem Schampusglas reingestolpert ist.

Danni weint wegen des schlechten Symposiums in Melbourne, und dass auch das Sydney-Symposium in den Händen von Liquid Architecture hätte stattfinden sollen, sowieso, eigentlich hätte es ein großer Kongress zum Neuen Konzeptualismus werden sollen. Sie ist so nah am Wasser gebaut wie das hiesige Opernhaus.

Von einer Aussichtsplattform schauen wir Surfern zu.
„Wie könnte man diese Surfer dort im Wasser sonifizieren?“
-„Indem man von einem Helikopter aus 100 Gitarren auf sie abwirft.“

Fahrt mit dem Schiff zu einer vorgelagerten Landzunge. Die Stadt hat sich um die verschlungene Bucht angesiedelt, es sieht sehr schön aus. Wir steigen auf Felsen hoch bis auf ein Plateau, auf dem sich ein kleiner Regenwassersee findet, in dem wir waten. Eine Eidechse, größer als ich je eine gesehen habe – die Australier sagen, diese sei klein. Weiter finden wir ehemalige Militäranlagen aus dem Zweiten Weltkrieg, und später rasten wir neben vielen Kakadus. Zwischenzeitlich hält uns eine Ratte an einem Aussichtspunkt auf Trab.

Bei Sonnenuntergang mit der Fähre zurück Richtung Opernhaus. Die Leute kommen aus dem Fotografieren nicht mehr raus. Selbst ich Nicht-Fotograf werde schwach.

Abends bei einer Ausstellungseröffnung, mit viel Nacktheit, irgendwas mit „Body“ ist das Thema. Eine Installation mit Filmen lauter männlicher Pornodarstellerr, die im >White Cube< wichsen bis zum Abspritzen. Es ist verstörend; im Essay, der demnächst in Seiltanz erscheint, habe ich geschrieben, dass Nacktheit etc. immer noch eine Provokation ist. Außerdem in der Ausstellung: Riesige Fotos schön bemalter Muschis; ein Künstler, der superqueeres Zeug macht, aber dazu sagt, es sei nicht queer, man solle das nicht so lesen. Danni findet das blöd, ich nicht. Siehe Jonathan Meeses Umdefinition des Hitlergrusses: geht natürlich nicht, darum geht erst recht, es zu behaupten.

Dann Treffen mit zwei Studierenden aus dem polnischen Kurs. Auch hier wieder das Thema der starken Assimiliationsleistung der australischen Immigranten. Erstes Gebot bei Ankunft aus dem Sowjet-Terror, aus Nazi-Deutschland, aus Italien: Ab heute sind wir Australier; während heute die Deutschtürken in der dritten Generation noch unter sich bleiben. Ob das in Deutschland am fehlenden Nationalgefühlsangebot liegt, am Rassismus gegen Fremdarbeiter, oder in Australien wiederum an der Abgrenzung gegen die Aborigines, an der Lage ab vom Schuss, oder weiß noch was für Faktoren – im Resultat ist es eine extreme Diskrepanz.

Links:
The Phonobomb of the Opera