Erst die Kurzmeldungen:
-Ein YouTube-Kommentator möchte sich daduch auszeichnen, dass er im Alleingang die Melodie der Pornoindustrie in den Ultraschallbereich bringen will. Schön, dass es noch Menschen mit gesundem Konsumverhalten und männlicher Kaufkraft gibt. Umgekehrt wird mit Recht moniert, dass der Lehman-Kurs eigentlich melodisch in den Infraschall gehen müsste und nur noch für Wale hörbar sein dürfte. Meine Melodie stellt da eher eine Art (Milliarden-)Rettungspaket dar.
-Die Urheberrechtsfrage wird haufenweise diskutiert und ist in der Tat unklar, nicht anders wie bei meiner GEMA-Aktion. Darum rühr ich ja in der Wunde.
-Ein Emailschreiber hat die Idee, die Aktiendarstellungen als Oszillatoren zu verwenden. Liegt eigentlich nahe, ist aber nicht hörbar nachzuvollziehen und ich hätte auf Microsofts tolles Programm verzichten müssen.
Und jetzt zur ewig diskutierten Frage nach Kunst, Werbeaktion oder Selbstdarstellung:
Offensichtlich verfolge ich ja keine kommerzielle Absicht. Darauf stellt sich dem gesunden Kapitalistenverstand natürlich gleich die Frage, warum ich das dann mache — und da kommt der Kapitalistenverstand auf die logische Folgerung, dass es somit ja nur um Selbstdarstellung bzw. Eigenwerbung gehen kann. Obwohl dieser Vorwurf derart uralt und immer das billigste Mittel ist, sich um die Inhalte zu drücken, äußere ich mich mal hiermit hierzu:
Solange es Menschen gibt, gibt es Kommunikation, und so lange es Kommunikation gibt scheitert diese auch, und aus diesem Grundproblem leitet sich praktisch alles ab. Damit wird man nicht fertig, aber man kann es auf ein Niveau bringen, auf dem kleine Lösungen, die ein wenig lang halten, sichtbar werden und bei dem diese Konflikte auch in Heiterkeit aufgehen können. Und dazu kann die Kunst mit ihrer Funktion, Dinge sinnlich wahrnehmbar zu machen, helfen. Ihr Verdienst ist es zum Beispiel, die Punkte deutlich zu benennen, die Konflikte zuzuspitzen und die Meinungen herauszufordern. Und es gibt unverbesserliche Idealisten, die man immer widerlegen kann Menschen, „Künstler“, die Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen, Lust zur kreativen Arbeit und gewisse Fähigkeiten, Ideen haben und sie umsetzen (ich lebe übrigens trotz zweier Hochschulabschlüsse am Existenzminimum; unter der Finanzkrise habe ich auch zu leiden, wegen Etatkürzungen beim Hessischen Rundfunk kann ich ein geplantes Hörspiel vorerst nicht realisieren).
Jetzt sagt sich mancher: Ok, Kunst ist ja nett, aber trotzdem ist es doch Selbstdarstellung. Meine Damen und Herren, beschweren Sie sich auch, wenn ein Schauspieler auf der Bühne Hamlet mimt, dass der sich da auf der Bühne produziert? Das Kunstwerk hat einen Schöpfer, er ist zwangsläufig darin involviert, er haucht ihm das Leben ein. Gibt es etwa Grund zur Scham? Und gerade wenn es um politische Inhalte geht, braucht das Werk ein Rückgrat und einen Kontext, aus dem heraus klar wird: Hier steht eine Aussage, die jemand macht der in der selben Welt lebt wie wir. [Ja, ich freue mich schon über (bis jetzt) 130,000 Besuche des Videos, ich habe es dafür gemacht, dass es andere sehen.]
Wenn ich nur bekannt werden wollte, hätte ich unbedingt auf die „Dead GIs“ verzichten müssen, die nehmen mir die Amis extrem übel. Ohne diesen „Chart“ wäre mein Stück wahrscheinlich auch bei TechCrunch gekommen und millionenmal gesehen worden. Aber ich habe das bewusst hineingenommen, weil ich persönlichen, riesigen Hass auf Kriegstreiberei und Waffenfirmen habe und ich etwas dagegen setzen will muss. Es gibt viel zu viel selbstverliebte, realitätsferne Kunst und Künstler.
Zuletzt ein Wort zur Ästhetik: Peace-Gitarrenliedchen, die bis zum Fall der Musikindustrie derselbigen Millionen gebracht haben können mir gestohlen bleiben.