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Kategorie Siege der Aufklärung

Geschlechtergerechte Sprache

Michael Seemanns mit Spannung erwartetes Buch „Das neue Spiel“ ist jetzt heraus und hier umsonst zu haben:

http://www.ctrl-verlust.net/buch/

Abgesehen vom Titel – den „Spiel“-Begriff finde ich, genauso in der Musik, zu harmlos – ist es sehr lesenswert; der erste Teil bringt zwar für die, die den Netzdiskurs schon länger verfolgen vor allem Zusammenfassungen von bereits bekanntem, aber der zweite Teil wartet wirklich mit neuen Analysen und Ideen auf.

Unabhängig davon finde ich an dem Buch eine weitere Sache bemerkenswert: Die Lösung für geschlechtergerechte Sprache. Ich finde den heutigen Feminismus ganz berechtigt, und ein Problem ist nach wie vor die Praxis geschlechterungerechter Sprache. Nur führt die bisherige Lösung, jeden Fall für alle Beteiligten gerecht zu schreiben – „Netzfeminist_innen“ – zu einer Entstellung des Schriftbildes, manche Satzkonstruktionen werden dadurch nahezu unlesbar, es hat nicht den Anschein, dass man sich daran gewöhnen könnte. Seemann hat eine andere Lösung gefunden: Er wechselt einfach ab. zB:

Während die klassischen Institutionen versuchen, das jeweilige »Problem« direkt und in Vertretung für ihre Klienten zu lösen, stellt die Plattform ihren Teilnehmerinnen die dafür nötige Infrastruktur zur Verfügung.

Das will ich ab jetzt auch auf diesem Blog und in meinen gedruckten Texten versuchen zu praktizieren, in einer Variante: Das Geschlecht wird nicht abwechselnd, sondern per Zufallsgenerator dekliniert.

P.S. Das Wörtchen „man“ mag ausgesprochen zu diesem Problemkreis gehören, geschrieben halte ich es für ok.

P.P.S.: Siehe auch das Ende des Eintrags im Weltreisetagebuch #21

Online-Kurs Musiktheorie

Die Universität Edinburgh bietet einen Online-Kurs für Musiktheorie an. Auch die universitäte Musiklehre geht (endlich) in den Livestream. Wann werden die ersten Kompositionsseminare übertragen?

Fundamentals of Music Theory

This course will introduce students to the theory of music, providing them with the skills needed to read and write Western music notation, as well as to understand, analyse, and listen informedly. It will cover material such as pitches and scales, intervals, clefs, rhythm, form, meter, phrases and cadences, and basic harmony.

https://www.coursera.org/course/musictheory

Darmstadt 2014, kurzer Rückblick

Die 47. Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik, neben den Donaueschinger Musiktagen das bedeutendste Festival für Neue Musik, sind zu Ende. Ich war die ersten 10 Tage vor Ort, teilweise mit meinem eigenen Projekt sehr beschäftigt, zum anderen Teil habe ich dann viele Vorträge, Gespräche und Konzerte besucht und viele (mir) bekannte und unbekannte Kollegen getroffen.

Trotz der Vielzahl der Veranstaltungen war der Neue Konzeptualismus zweifellos ein vorherrschendes Thema in den Diskussionen. Ich bin da freilich parteiisch, würde aber meinen und darin stimmten einige mit mir überein, dass die besagten Panels, in denen es um Fortschrittsfragen ging, ziemlich asymmetrisch besetzt waren – die konservative Kontra-Seite (die passenderweise auf dem Podium auch immer rechts saß) war teilweise intellektuell sehr schwach besetzt. Im „Dead End or Way out“-Talk fanden sich die üblichen Kulturpessimisten und politisch Oberkorrekten ein, im „The concert of the future is online“ fiel einem der Verteidiger nicht mehr ein, als in 8 seiner 10 Vortragsminuten von seinen Vokaltechniken zu erzählen, statt sich dem Thema zu widmen. Ich hoffe, dass sich solche Niveaueinbrüche künftig vermeiden lassen. Wohlfeiles „das ist ja gut, aber nicht radikal genug“ ist keine würdige Argumentation an diesem Ort.

In den Konzerten war die Tendenz zu Multimedia, Durchinszenierung und freier Beweglichkeit des Publikums deutlich. Mein außermusikalisches Highlight: In Alexander Schuberts Stück wurde das Publikum dermaßen mit Nebel vollgeblasen, dass es wie ein Fehler aussah, aber um so stärker die Wirkung. Schöne Stücke habe ich gehört, ich behalte jetzt aber mal für mich, um welche es sich handelt – aber es waren viele. Sehr gefreut habe ich mich jedenfalls, die Jungs von textscoreaday persönlich kennenzulernen!
Nebenbemerkung: Die Opernwerkstatt, die sich allem Multimedialen verweigerte, fühlte sich nachgerade wie eine Parallelwelt an.

Etwas schade fand ich, dass der Open Space nicht so viel genutzt wurde wie vor zwei Jahren, zumindest war das mein Eindruck. Vielleicht ist es auch etwas bedauerlich, dass der Interpretenhauptpreis nur noch an Ensembles zu gehen scheint.
Die erfreulichste technische Neuerung hingegen war, dass die Voice Republic viele Gesprächsveranstaltungen live gestreamed und archiviert hat – das wurde höchste Zeit (Kulturtechno gestern).

Mit einigen Anregungen bin ich nach Hause gekommen. Darmstadt ist der intensivste Ort für den Austausch über Neue Musik. Bin gespannt, welcher Geist 2016 wehen wird. Ich kann mir denken, dass die nächste Generation in den Startlöchern sitzt.

Foto oben: Jenny Walshe’s Workshop.

(Video von Niclas Thobaben)

How to do Visual Comedy

Ohne Witz: Filme wie dieser machen die Welt ein bisschen besser.

(via Schlecky)

Warum hohe und tiefe Töne als „hoch“ und „tief“ bezeichnet werden

Mir kamen die Bezeichnungen „hoch“ und „tief“ für Tonhöhen („pitch“) immer willkürlich vor. In anderen Kulturen heißt das etwa:

schwer-scharf (alte Griechen)
stark-schwach (Flathead Indianer)
fett-dünn (Bashi Indianer)
schwarz-weiß (Lau-Volk, Solomon-Inseln)

Vor Jahren sagte mir ein Sänger, unsere Bezeichnung käme daher, weil man früher je nach Tonhöhe den Mund mehr nach oben oder unten gestreckt habe. Habe davon aber noch nie was gelesen. Jetzt gibt es eine interessante Untersuchung, die zum Ergebnis hat:

In der Tat erklingen hochfrequente Töne in der Natur – wie beispielsweise Vogelzwitschern oder Blätterrauschen – häufiger von einer höheren Position im Raum. Tiefer tönende Geräusche wie Hundebellen dagegen häufiger von weiter unten.

http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-17437-2014-04-09.html

Ubu-Roulette

Jedes Archiv braucht das heute: Einen Zufallsgenerator. Systematisch kann sich ja kein Mensch mehr durch die großen Datenmassen arbeiten.

Nun gibt es für das fantastische Ubu-Web (das vielleicht bedeutendste Museum für Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts) auch einen Zufallsgenerator. Schaut’s euch an!

http://ubu-roulette.com/

Neue Musik – YouTube-Videos mit Partituren

Der YouTube-Kanal „Score Follower“ sammelt Videos mit Werken der Neuen Musik + Partitur. Ist freilich manchmal nicht sehr hoch aufgelöst, aber trotzdem ein Fortschritt. Was hab ich vor 15 Jahren noch Mühe gehabt, Neue-Musik-Partituren zu kriegen. Nun ja, die Musikverlage sehen hier wahrscheinlich nicht gerade einen Fortschritt.

https://www.youtube.com/channel/UCsCyncBPEzI6pb_pmALJ9Tw

Update: Es gibt auch noch den YouTube-Account incipitsfy.

Komponistenpräsentationen & -dokus

Der Verband für aktuelle Musik Hamburg lädt seit Jahren Komponisten ein, um ihre Arbeit zu präsentieren. Und erfreulicherweise dokumentieren sie diese Veranstaltungen auch und stellen sie ins Netz. So leicht geht Vermittlung – und so lohnt die Arbeit und das Geld auch wirklich.

http://vimeo.com/vamhpresentations/videos

Des weiteren gibt es eine französische Initiative für Videoportraits von Komponisten:

http://vimeo.com/user19722240/videos

Und die DEGEM (Deutsche Gesellschaft für Elektroakustische Musik) hat nun auch einen YouTube-Channel:
http://www.degem.de/news/degem-youtube-channel.html

Vielen Dank, weiter so, es müsste davon noch viel mehr geben.

Neues Blog von Gordon Kampe

Mein geschätzter Kollege Gordon Kampe schreibt seit kurzem ein eigenes Blog. Man darf sich auf geistreiche Texte freuen, also klicket alle dorthin, leset und kommentieret:

http://damussfleischdran.wordpress.com/

Snip:

Häufig wird politisch irgendwie aufgeladenes Material aus dem Netz geladen und dann höchst unterschiedlich verarbeitet und auf einem der einschlägigen Festivals präsentiert. Ist das Stück dort ein Erfolg, sind Folgeaufträge garantiert. (Manchmal zeigt das Material echtes Blut, von echten toten Menschen. Total politisch, wenn man die Glückwünsche der Intendanten danach in Empfang nimmt. Bekommt das „Material“ eigentlich was von den Lachshäppchen ab?)

Meisterwerk Ton

In meinem Text „Komponieren lassen“ habe ich geschrieben: „Schon der Einzelton ist eine Klangkomposition.“ Hier ist’s exemplifiziert:

(via Facebook)

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Aphorismen des Tages:

 

Die gemachten beisammen

Wieder ganz Dezember

Zusammenhang im Transport

Musik hineingekommen sozusagen

+
seinem
wieder

bricht: 655-690

Sein wie Diederichsen