(via usernamealreadyexists)

(via Musikfabrik)
Hatte hier früher schon mal eine Art „Partiturvideo“ von Steve Reichs Clapping Music, jetzt noch ein anderes hübsches Filmchen:
(via Weltsicht aus der Nische)
Früher auf Kulturtechno:
Steve Reich: Clapping Music, by found footage
Funfacts:
-Die ersten beiden ‚Täuschungsversuche‘ haben bei mir nicht geklappt.
-Die dritte Täuschung wendet Mathias Spahlinger ziemlich zu Beginn seines Orchesterstücks „akt, eine treppe herabsteigend“ an
-Die letzte Täuschung verwendet Georg Friedrich Haas oft, zB gegen Ende in „limited approximations“
(via Ja gut, aber…)
Ohne Witz: Filme wie dieser machen die Welt ein bisschen besser.
(via Schlecky)
Einige Komponisten haben Briefe an den Berliner Kulturstaatssekretär Tim Renner geschrieben, um für den Erhalt der wöchentlichen Konzertreihe „Unerhörte Musik“ zu kämpfen. In den letzten Tagen sind manche davon auch online gestellt worden:
Ole Hübner
Gordon Kampe
Johannes Kreidler
Genoël Lilienstern
Maximilian Marcoll
Harald Münz
Wenn alles gut geht, werde ich diesen Herbst nach Australien zum „The Ear is Brain“ Festival reisen. Vorgesehen ist dazu eine LP, der ich ein neues elektronisches Stück beisteuern werde – und: Es gibt für die LP eine Crowdfunding-Kampagne, bei der ich für jeden der 5 ersten, die mehr als 50$ spenden, eine kleine Komposition mit der Sonifikation ihres Spendenbeitrags erstellen werde. Auf geht’s!
Do you like records? With contributors from across this world, The Ear is a Brain: Compendium LP is a collectable 12″ release in parallel with, and celebration of, Liquid Architecture’s 2014 festival, comprising Sounds that cannot be described at this time. To be clear, ‘The Ear is a Brain’ is an artist’s record. It is not the documentation of a work of art or sound. The record itself is the work of art.
Here’s a new off the book reward. For any pledge over $50 the German conceptual artist Johannes Kreidler will make a piece of music especially for you. The work will be a sonification of the amount you pledge. That, in addition to a copy of our LP. Just pledge freely and write to us to let us know.
Sergej Newski hat für das Programmheft der diesjährigen MaerzMusik einen schönen, persönlichen Text geschrieben, der jetzt auch online steht:
Ich kam 1994 zum Studieren nach Berlin. Damals war es üblich, im Osten der Stadt zu wohnen und im Westen zu studieren. Die Infrastruktur auf der heutigen Partymeile Simon-Dach-Straße in Friedrichshain be- stand damals aus einem einzigen Spätkauf, es gab Straßenschlachten zwischen Nazis und Autonomen bzw. zwischen den Autonomen und der Polizei. Die durchschnittliche Wartezeit auf einen Telefonanschluss in Ost-Berlin betrug sechs Monate. Die wichtigsten Eindrücke waren aber die musikalischen: Helmut Lachenmann feierte 1995 seinen 60. Geburtstag mit einem Vortrag und einem Konzert im Berliner Club Podewil. Claudio Abbado dirigierte in einem Abo- Konzert Tschaikowskis 1. Klavierkonzert zusammen mit den „Gruppen“ von Karlheinz Stockhausen. Michael Gielen setzte im Konzerthaus frühen Morton Feldman und Johann Sebastian Bachs 50. Kantate aufs Pro- gramm. In den Räumen der ehemaligen Staatsbank der DDR kam es zur Aufführung einer unbekannten Oper von Alexander Mossolow, bei der sich in jedem Raum ein Sänger verschanzte und in einer endlosen Schleife seine Arie sang. Das Publikum spazierte von einem Raum in den anderen und „sah dem Sänger bei der Ausübung seiner beruflicher Tätigkeit zu“ – so damals Heinz-Klaus Metzger. Das Stadtleben hatte dagegen eine angenehme Regelmäßigkeit. Jeden Januar gab es eine Haushaltsperre. Jeden zweiten Juli-Samstag, pünktlich zu den Aufnahmeprüfungen an den Musikhochschulen, die Love Parade. Und die allgemeine Berliner Plage, die fast alle betraf hieß: Techno-Nachbarn.
http://www.ricordi.de/#/de-DE/News/2014/06/Newski-Mein-Berlin.aspx
In der neuen Ausgabe der MusikTexte steht nun meine Erwiderung auf Frank Hilberg (Kulturtechno früher / früher).
Snip:
Man muss aber einmal feststellen, dass hier auf der einen Seite ernste, aufwändige Texte stehen, die – aus Gründen, die es zu klären gilt – eine andere Seite von sich angegriffen Fühlenden hervorrufen, die aber einzig billige Polemik aufzubieten imstande ist. Statt sich auch nur ansatzweise seriös mit den Ideen und Analysen auseinanderzusetzen, werden aus langen Theoriearbeiten Winzigkeiten herausgepickt, an denen die Gegenseite genüsslich etwas zu beanstanden meint zu finden, da genug Böswilligkeitsdioptrien in den Brillengläsern stecken. Ich möchte wirklich gerne wissen, was jemanden wie Hilberg zu diesem unsäglichen Stil treibt. Dabei hindert ihn seine Spitzfindigkeit einerseits nicht daran, andererseits mir eine Fantasiezahl von „knapp drei Dutzend“ – also über 30 – Lachenmann-Kritiken anzudichten! Er vermisst, dass in dem Diskurs „keine dummen Fragen“ gestellt werden. Dafür haben wir jetzt also ihn, zusammen mit Stefan Drees. Der latente Nazi-Vergleich am Ende („Schlächtervokabeln“) ist dann der Gipfel der Unangemessenheit und in der ganzen Debatte ein Tiefpunkt, von dem ich den Musiktexten gute Erholung wünsche.
Ansonsten findet in der Ausgabe, entgegen der großmäuligen Ankündigung von Hilberg, keine Auseinandersetzung mit der Musik, um die es in der Debatte geht, statt, auch werden keinerlei weitere theoretischen Ideen eingebracht. Schade.
Nun ja, es gibt einen Text von Helga de la Motte mit dem Titel „Konzeptmusik – ein neues Genre?“, der aber überhaupt kein Interesse an der Gegenwart erkennen lässt. Immer wieder sieht man an ihrem Text, dass sie bspw. von Musik im Internet gar keine Ahnung hat, was ihr wohl auch so halb bewusst ist, darum flüchtet sie durchgehend zu den historischen Bezügen, die in den Texten der NZfM erwähnt werden, und die sie nun partout anders gesehen haben will – teilweise mit abstrusen Behauptungen wie die, Fluxus wäre fast nur eine Bewegung aus der Bildenden Kunst gewesen, als Musiker nennt sie Philip Corner und Giuseppe Chiari; der Blick in den Wikipedia-Artikel über Fluxus würde sie eines besseren belehren: „The origins of Fluxus lie in many of the concepts explored by composer John Cage in his experimental music of the 1950s“; es ist auch kein Geheimnis, dass Nam June Paik bei Wolfgang Fortner in Freiburg Komposition studiert hat.
De la Motte kommt zum Schluss, bei der „Konzeptmusik“ handelte es sich um „keinen neuen Musikbegriff“; auf meinen Text in der NZfM, der den Titel „Das Neue an der Konzeptmusik“ hat resp. seine Argumente geht sie mit keiner Silbe ein. Auf Basis solcher Ignoranz kann man sich natürlich nach Belieben was zusammenzimmern, die Stoßrichtung ist durch die konservative MusikTexte-Redaktion ohnehin vorgegeben.
Der Text versucht zwar, sachlich zu sein, bzw. mit diesem Eindruck den Leser zu gewinnen, ist aber in seinem Fokus derart enggefasst und geht letztlich an den wesentlichen Aussagen der Texte in der NZfM so vorbei, dass ich darin keinen ernstzunehmenden Debattenbeitrag sehen kann. Es ist doch keine interessante Auseinandersetzung, sich nur an historischen Hin-und Herdeutungen entlangzumanövrieren, ohne es im Geringsten auf die aktuellen Fragen zu beziehen, um die es eigentlich geht.
Wollte ich schon seit Wochen machen, aber irgendwie nicht das Gesäß hochgekriegt, jetzt also, und ich denke, jeder, aber wirklich jeder in der Neuen Musik dürfte Ähnliches denken. Seid so gut und schreibt an den Kulturstaatssekretär. Postalisch.
(Siehe auch Moritz‘ Aufruf)
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Der Regierende Bürgermeister von Berlin
Herrn Staatssekretär Tim Renner
Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten
Brunnenstr. 188
10119 Berlin
Sehr geehrter Herr Renner,
auch ich möchte, nein, sehe mich gezwungen, Ihnen zu schreiben wegen des drohenden Endes der Konzertreihe „Unerhörte Musik“. Sie haben schon einige Briefe deswegen erhalten, von denen mir manche bekannt sind, in keinem habe ich ein Argument gelesen, das nicht stichhaltig wäre, und ich kenne niemanden in meinem großen Netzwerk, der vernünftige Gegenargumente parat hätte.
Mir erscheint es sinnvoll, an dieser Stelle etwas Persönliches zu ergänzen – auch wenn es eigentlich nicht meine Art ist, mit derlei gewissermaßen zu prahlen – um Ihnen einen weiteren Einblick zu geben:
Ich bin, als ein ziemlich typischer Neu-Berliner „Kreativer“, 2006 in die Hauptstadt gezogen, nachdem ich mein Diplom als Komponist in der Tasche hatte. Der Ruf der Stadt hatte mich gelockt. Eine erste Möglichkeit eines Konzerts mit meinen neuesten Stücken bot mir als junger, unbekannter Künstler die Reihe „Unerhörte Musik“.
Nach diesem Konzert besaß ich eine gute Aufnahme einer guten Aufführung, mit der ich mich weiterbewerben konnte – bei einem Kompositionswettbewerb gewann ich auf Grundlage der damals in Berlin gespielten Stücke dann einen Auftrag des Ensemble Modern. Und so weiter, ich kürze ab: Heute bin ich ein international bekannter Komponist, der auf den großen Festivals für Neue Musik gespielt wird und der von seiner Kunst leben kann.
Ich bin sicher, das ist nur eines von vielen Beispielen, die hier genannt werden könnten. Die „Unerhörte Musik“ hat direkt und indirekt Wirkungen und Auswirkungen buchstäblich in alle Welt, die so vielzahlig, vielfältig und ohne Vergleich sind, dass sie kaum überschätzt werden können. Kein Wunder, dass die Warteliste für Aufführungsanfragen länger und länger geworden ist.
Die Konzertreihe „Unerhörte Musik“ ist in bester Weise dem Neuen in der Musik verpflichtet, sie bietet den Akteuren eine Bühne, auf der jeder in seiner Weise und mit seinen Mitteln die Welt des Hörens bereichern kann. Man kann sich nicht vorstellen, wie diese Einrichtung durch etwas ‚Neues‘ ersetzt werden könnte – sie selbst ist ja dafür da, Neues in die Welt zu bringen, kontinuierlich jede Woche, seit stolzen 25 Jahren. Die Künste brauchen solche verlässlichen Orte. Gerade im Bereich der Neuen Musik gibt es neben den Festivals davon zu wenig. Diese Konzertreihe finanziell ihrer Grundlage zu entziehen wäre ein Aderlass, von dem jetzt Niemand sagen kann, dass er sich entsprechend wiedergutmachen ließe. Man könnte diese Reihe wöchentlicher Aufführungen Neuer Musik nur ersetzen durch eine Reihe wöchentlicher Aufführungen Neuer Musik. Mit anderen Worten: Es wäre ein Akt der Sinnlosigkeit, ein solch singuläres Format, das sich in jahrzehntelanger Arbeit bewährt hat, aus dem Berliner Kulturleben zu streichen.
Herr Renner, Sie haben es in der Hand, eine unselige, offenbar nicht wirklich durchdachte Entscheidung abzuwenden. Sorgen Sie bitte dafür, dass die Unerhörte Musik bleibt. Sie ist eine bundesweit einzigartige Aufführungsreihe für Neue Musik.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Kreidler
Berlin, 10.6.2014