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Radiotipp: Die Politik des Schaltkreises: Warum die elektronische Musik die Ideologiekritik braucht

Heute abend um 23.03h strahlt SWR2 eine sicherlich hörenswerte Sendung von Björn Gottstein aus. Sie beruht auf einem Vortrag, den Gottstein letztes Jahr bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik gehalten hat.

SWR2 JetztMusikDigitalisierung und Musik (II)

Die Politik des Schaltkreises: Warum die elektronische Musik die Ideologiekritik braucht

Sendung am Montag, 10.01.2011, 23.03 bis 0.00 Uhr

Von Björn Gottstein

Unter dem Titel „Die Digitalisierung der Neuen Musik. Ein Gedankenexperiment“ veröffentlichte der Philosoph und Physiker Harry Lehmann einen provokanten Text, der sich mit den Veränderungen und Auswirkungen der digitalen Medien auf das Komponieren von Neuer Musik befasst. Obwohl selbst ein Vertreter des avancierten Komponierens – also einem künstlerischen Schaffen, das an den Fortschritt in der Neuen Musik glaubt und denkt – riefen die Thesen Lehmanns prompt den Widerspruch des Komponisten Claus Steffen Mahnkopf hervor. Er antwortete dabei auf die Zustimmung, die Harry Lehmann durch den Komponisten Johannes Kreidler erfuhr. Daraufhin entspann sich ein heftiger Generationenkonflikt, der sich in mehreren Folgen in der Zeitschrift „MusikTexte“ niederschlug. Bislang ohne Ergebnis, aber mit weitreichenden Folgen. Die Darmstädter Ferienkurse griffen die Diskussion im vergangenen Sommer ebenfalls auf.

Und ohne jeden Zweifel: Natürlich haben die Entwicklungen der digitalen Welt einen tiefgreifenden Einfluss auch auf das Komponieren und das musikalische Denken der Neuen Musik. Braucht es in der digitalen Welt der globalen Vernetzung überhaupt noch Verlage? Was geschieht mit dem für die Neue Musik einst so wichtigen Materialbegriff, wenn alles im Internet verfügbar ist, wenn das Sampling wichtiger wird als das Erfinden? Wie steht es um die Instrumente, wenn diese längst durch die Elektronik erweitert, verändert und umgebogen werden können? Fragen denen sich die mehrteilige Reihe „Digitalisierung und Musik“ in SWR2 JetztMusik stellt.

Am Anfang war die Sinusschwingung: rein, neutral und unschuldig. Die Idee der elektronischen Musik ist eng mit der Vorstellung einer voraussetzungslosen und freien Kunst verbunden. Tatsächlich aber lagen der elektronischen Musik von Anfang an Prämissen zugrunde, die die Komponisten auf bestimmte Strategien und Sounds festlegten. Bis heute ist das Versprechen von Freiheit und Kontrolle, das mit den Apparaten einhergeht, Teil der Hybris, mit der sich die Elektroakustik schmückt. Auch der Computer wurde lange als neutrale Maschine, die Daten wertfrei verarbeitet und verwaltet, missverstanden, während Elektrokonzerne und Softwareprogrammierer die Musik stärker beeinflussen, als es den Komponisten lieb sein kann. Björn Gottstein fragt nach den Voraussetzungen einer Kunstform, die sich kaum mit ihren technischen und ökonomischen Bedingungen auseinander gesetzt hat.

http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/jetztmusik/-/id=659442/nid=659442/did=7118324/1r5fev3/index.html

Livestrom:
http://mp3-live.swr.de/swr2_m.m3u

In dem Zusammenhang auch ein Artikel vom Sommer aus der FAZ über die „dunklen Seiten der digitalen Welt“, gemeint ist die Rohstoffausbeutung der dritten Welt für alles, was mit Zahlen rechnet:

http://www.faz.net/s/RubCEB3712D41B64C3094E31BDC1446D18E/Doc~E52081B8606DC4F619C9BC805BF41B0A1~ATpl~Ecommon~Scontent.html

2 Kommentare

  1. wird es das Programm irgendwo auch als podcast zum Nachhören geben?

  2. Kreidler sagt:

    leider nicht… aber der text soll dieses jahr in der zeitschrift „musiktexte“ abgedruckt werden.