Skip to content
 

Henri de Toulouse-Lautrec: „Foreplay“ (1899)

Das umstrittenste Bild des populären Künstlers hat jahrzehntelang die Debatten der Kunsthistoriker geprägt und zu manchmal schweren Verwerfungen geführt. In Frankreich herrschte lange Zeit die Meinung vor, dass es sich um ein Meisterwerk handelt, das den Moment der liebenden Intimität mit einer Anmut einfängt, die bis dahin unbekannt war und seitdem nicht mehr erreicht wurde. Es gab auch Spekulationen darüber, ob es sich um eine Sehnsuchtsphantasie des Malers handelte, der selbst körperlich behindert war und wahrscheinlich zu keinem gewöhnlichen sexuellen Akt fähig war und deshalb die Gitarre dieses Leiden auf geradezu musikalische Weise verkörpert.
Die damals entwickelte Lebensphilosophie von Henri Bergson erhält im Lichte dieser Erfahrungen eine weitere Dimension: Letztlich steht die Kunst im Allgemeinen für eine sublimierte Lebenslust sowie den verzweifelten Versuch, diese (im positiven Sinne) zu objektivieren.
Auf der anderen Seite empfand die deutschsprachige Kunstkritik das Bild nicht nur als peinlich anstößig, sondern verurteilte auch die Symbolik des Bildes als unsäglich flach und vulgär. Dies deckt sich mit einer Behauptung, die Toulouse-Lautrec selbst geäußert haben soll, er wünsche sich, dieses Bild nie gemalt zu haben. Aus verschiedenen Quellen ist bekannt, dass die erotische Phantasie des Malers von einer erbärmlichen Primitivität war, die im Gegensatz zu seinen ansonsten raffinierten und einfühlsamen Einblicken in das Moulin Rouge-Milieu des Fin de Siècle stand. Daher ist es nach Meinung der meisten Kunsthistoriker mittlerweile angeraten, dieses misslungene Werk nicht weiter zu verbreiten, da es wie eine computergenerierte Nachahmung aus der Hand eines Prompters wirkt, dessen geistige Fähigkeiten weit zurückgeblieben sind.