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Aus Tralien #2

Radziejowice 21.7.2016
Vortrag „Why political (New) Music“, Vorübung für Darmstadt. Reger Zuspruch; es ist nicht zu übersehen, dass die neue Generation viel politisierter aufwächst als einige Jahrgänge davor.

Martin Bresnick stellt danach einen Schlager von 1917 vor, der die Amerikaner für den Weltkrieg mobilisieren sollte. „Get your gun, get your gun“. Ohrwurm für den Rest des Tages, alles andere als angenehm. Angeblich soll Kaugummikauen gegen Ohrwürmer helfen.

Beim Mitagessen Gespräch über deutschen Geschichtsunterricht. Mein Lehrer, Herr Mayer aus Tübingen, war noch >Pimpf< im dritten Reich, und brachte uns eine Art Wurfball mit, den sie ihnen zum Spielen gaben – lag in der Hand wie eine Handgranate, die Form war eindeutig. Ein deutscher Musiker am Tisch erzählt, sein Geschichtslehrer spekulierte an der Tafel über die Versäumnisse der Wehrmacht, Hitlers >Zangengriff< im Osten, der falsch ausgeführt wurde. All das natürlich nur aus >militärstrategischer Sicht< bedauerlich. Klausur: Skizzieren Sie die taktischen Fehler der Wehrmacht beim Russlandfeldzug. Ein Studentin erählt von einem neuen Brauch in Polen, >fucked up nights<: Man trifft sich in der Kneipe und jeder erzählt in einer lustigen Weise von den schlimmsten Desastern in seinem Leben. Im Unterricht immer wieder die Frage, ob die Dramaturgie einer Partitur geschickt gemacht ist oder nicht. Die Frage, ob etwas zu langweilig ist, ist selber langweilig. Wenn Form nur die gefällige Entfaltung einer Idee ist, Form also ein rein handwerklich-funktionaler Vorgang ist, dann fehlt eine substanzielle Idee von Zeit. Ein elementares Modell für Formfragen ist Sex, das Erleben mit seinen Entwicklungen und Höhepunkten, auch anatomisch eine Formfrage. Eine Studentin weist auf das ASMR-artige Phänomen des >virtual Barber< hin, die Geräusche des Haareschneidens hört man sich per Kopfhörer an. Links: Over there (1917)
Wie man einen Ohrwurm loswird
Virtual Barber
Man Ray über Kunst + Sex