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Into no brain

Mir geht gerade das Messer in der Hose auf, wenn ich Starkomponist Jörg Widmann darüber schwafeln sehe, was er nichts zu sagen hat zu seiner Deplatzierung seinem Aufenthalt in Dubai im Rahmen des Projekts „into“, bei dem Komponisten in bestimmte Städte geschickt wurden, um sich kompositorisch mit ihnen zu beschäftigen.

Dubai ist 1. eine riesige Spekulationsblase (siehe hier) und 2. ein Ort extremer Ausbeutung (siehe hier). Erst heute habe ich mich mit Christian von Borries unterhalten, der zwei mal in Dubai war für einen Dokufilm, und der erzählt hat von den Gastarbeitern, die die Hochhäuser bauen weil sie für ihre Arbeit da ein paar Groschen mehr kriegen als in Pakistan, auch wenn sie in Dubai ebenfalls in Slums ohne fließend Wasser wohnen müssen, und die jetzt, wo die Blase platzt und sie nur noch unnützer Menschenmüll sind sofort ausgewiesen werden usw.

Naivling Widmann tangiert das natürlich nicht und komponiert in seinem Appartment mit Konzertflügel Wiener Walzer.

Meine ursprüngliche Reaktion nach zwei, drei Wochen auf all das Neue und Fremde war ja auch die, dass ich plötzlich diesen skurrilen alpenländischen Walzer geschrieben habe und überhaupt sehr kurze, aphoristische Stücke. Es ist eine seltsame, aber für mich heute nachvollziehbare Reaktion: Man vergewissert sich des Eigenen. Genauso, wie es einen unter Umständen zuhause woandershin in die Fremde drängt, so trieb es mich in der Fremde zum Eigenen.
Ich habe hier auf der Klarinette unendlich viel Mozart gespielt, auch auf dem Klavier Mozart, Schumann und Brahms und Berg.

(quelle)

Genau, flüchte dich in die große abendländische Musik. Mit ökonomischen Ungleichheiten, mit Wohlstand auf Kosten von ausgebeuteten Gastarbeitern etc. hat die Kunst ja nichts zu tun. Vergewissere dich ja deiner eigenen Identität, die dort an der Schnittstelle zwischen erster und dritter Welt sonst bedroht werden könnte. Hoffentlich platzt die Blase Jörg Widmann bald.

2 Kommentare

  1. hufi sagt:

    Ich kann dir da nicht beipflichten. Es mag ja manches ein Gefasel sein, ich finde die Worte auch nicht immer gut gewählt und thematisch okay, aber ich finde schon, dass der Film das nicht einfach verklärt. Sondern seine eigenen Bilder aufbaut.

    Das Stück ist in jedem Fall ziemlich gut hergestellt. Und es ist viel Alban Berg drin. Definitiv – und das ist sicher nicht das Schlechteste, wenn man auf Klang geht.

  2. Kreidler sagt:

    Der Film ist ok, ich finde ja auch grundsätzlich gut dass die Neue Musik anfängt derartige Trailer zu produzieren. Widmann ist nur so ein schrecklicher Naivling, wenn auch fraglos musikalisch ein großes Talent.