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Kategorie Kopierrecht

Aggregat Kopierrecht

Momentan wieder viel besprochen sind Fragen des Urheberrechts. Netzpolitik schreibt von 10 Jahren Copyright-Novelle, Arbeit 2.0 berichtet von Martin Kretschmars Initiative gegen die Verlängerung der Schutzfristen, etliche sekundieren.
Ein Gedanke den ich aufgreifen will ist die vielbeschworene Remix-Kultur bzw. das Beschwören der Remix-Kultur. Ich habe selbst ja den „YouTube“-Professor Michael Wesch verlinkt, der lauter schöne Beispiel für kreativen Umgang mit YouTube zeigt.
Meine Meinung dazu sollte nach product placements bekannt sein. Ich will aber auch einmal feststellen: Das Gros remixt nicht, sondern konsumiert nur. Ab wann eine respektable eigene Leistung hinzukommt ist dann wieder eine juristische Frage, siehe Raab / Kalkofe, aber die meisten YouTube-Klicks kommen sicher nicht von produktiven Remixern, ich schließe mich selbst ein. Darum mag ich die Remix-Argumentation gar nicht so sehr, wenn es um die Frage nach Urheberrecht im Digitalen geht. Hinreichend ist m.E. schon die Argumentation, dass es einfach ein Segen ist, Kulturgüter zum freien Konsum im Digitalen verbreitet und verfügbar zu haben. Die Doppelmoral ist doch: Popstars belehren ihre Fans, sie sollen doch bitte ihre Songs ehrlich kaufen, aber diese Stars selbst laden sich genauso Musik illegal aus dem Netz (ja, ich verfüge über Insiderinformationen).
Remix soll sowieso viel besser ermöglicht werden (so lange er nichtkommerziell ist, wenn auch hier die Grenzen manchmal schwer zu ziehen sind), aber schon der Konsum soll frei sein, wie ja auch Straßenbahnen umsonst sein sollten oder zumindest die umweltschonendsten öffentlichen Verkehrsmittel (also die Bahn) auch die billigsten. [Es berührt eben auch eine Qualitätsdebatte, wie ich in dem Zusammenhang nicht müde werde zu betonen.] Das ist aber freilich die Systemfrage, die da aufgerollt wird.

„Kadaverkunst“

Druckkopfkino kommentiert den Kreidler/Dostal-Disput:

„Frank Dostal ist ein Dödel. Wem diese Aussage zu beleidigend erscheint, klammere sich an die nächste: Zumindest zeigt sich der Aufsichtsrat der GEMA in einer Debatte über das Urheberrecht wenig intellektuell. Es schmerzt schon ein wenig im Kopf, wenn er in einem Gespräch mit Johannes Kreidler kreative Arbeit, die auf einer oder mehrerer anderer Arbeit/en basiert, als minderwertig einstuft.“

3D-Drucker und Urheberrecht

Ich scheine leider einer der ganz wenigen zu sein, die sich mit Freude Zukunftsfantasien ausmalen. (Zukunft muss ja nicht nur „1984“ sein.) Eine davon sind die sog. 3D-Drucker, wie dieses – leider in schleimiger Werbeästhetik gestylte – Video zeigt:

Für mich ist es schon längst ausgemacht, dass das E-Book mittel- / lang- / wieauchimmerfristig den Verlagen die andernorts bereits wohlbekannten Probleme der Content-Industrie machen werden. Mit 3D-Druckern geht aber nochmal eine neue Dimension auf: Sollten die Dinger massentauglich werden, dann kommen ja noch Fantastilliarden neuer Urheberrechtsprozesse auf: Denn dann können sich die Kids ihre Legosteine selber ausdrucken ;-)

(Usw.: Schlüssel, Dildos, Haushaltsgeräte…).

Wer spielt noch, was wir wollen?

Ein guter Bericht von Florian Neuner über die Dortmunder Tagung, bei der ich Frank Dostal vom GEMA-Aufsichtsrat gegenüber saß:

„Pointierter hätte man das Zusammenprallen der Welten nicht inszenieren können, als es sich am letzten Septemberwochenende auf dem Podium der Dortmunder Phoenix-Halle ereignete: auf der einen Seite der Schlager-Textdichter und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der GEMA Frank Dostal, Schöpfer u.a. des »Lieds der Schlümpfe«, auf der anderen der junge Komponist Johannes Kreidler. Während Dostal von seinen Inspirationen berichtete, auf die er nackt in seinem Bett sitzend wartet, erzählte Kreidler von einer Komposition mit dem Titel »Product Placements«, die gerade mal 30 Sekunden dauert, jedoch aus mehr als 70000 Samples besteht. Der GEMA, die streng über musikalische Fremdanleihen wacht, hat Kreidler in einer vielbeachteten Aktion 70000 Formulare zukommen lassen, auf denen alle Schnipsel aufgelistet sind. Es handelt sich um einen Generationen-, aber auch um einen Interessenkonflikt. Den Schlagerindustriellen, von denen die GEMA dominiert wird, stehen Musiker gegenüber, die heute computerbasiert ganz selbstverständlich sampeln und remixen.“

http://www.jungewelt.de/2008/10-15/048.php


[Foto: irights.com, Robert Gehring]

Der Artikel sekundiert, was Esther Kochte bereits für die NMZ von der Tagung berichtete:

„Wer profitiert denn also von den Verträgen, die die GEMA kürzlich mit Aggregatoren wie Youtube und MySpace abgeschlossen hat? Die Mitglieder der Verwertungsgesellschaften, behauptet Dostal, die seien es schließlich, die im Sinne einer demokratischen Vereinspolitik die Verteilungsschlüssel festlegten, also wer zu welchen Teilen an den GEMA-Ausschüttungen beteiligt werde. Ein entscheidendes Detail hat er dabei allerdings unterschlagen: Nur ordentliche Mitglieder sind bei der GEMA überhaupt stimmberechtigt. Ein ordentliches Mitglied ist aber nur, wer auch ein ordentliches Einkommen mit seinen Werken erzielt – und das sind von 62.888 Mitgliedern laut Selbstauskunft der GEMA gerade mal 3.026 (Stand 2007), also fünf Prozent. Die Stimme eines von Majorlabeln promoteten Spaßdichters zählt. Ein Komponist Neuer Musik, der Gegenwartskunst in der sogenannten ernsten Musik und damit Randsparte, muss ohne Stimme laut werden. Wer also tatsächlich seine Tantiemen durch die künftigen Youtube-Zahlungen an die GEMA wird steigern können, heißt aller Wahrscheinlichkeit nach Dieter Bohlen oder Frank Dostal.“

Mittlerweile ist auch das Video des Dortmunder Panels online. Alle Videos der Tagung hier.

„Da ist etwas grundfaul“

In einem SZ-Interview, das auf Immatriblog online ist, legt Martin Kretschmer dar, wieso die geplante Verlängerung der Tonträgerschutzfrist nur den Plattenfirmen dient und der Kreativität definitiv im Wege steht.

Google Bildsuche bald nicht mehr in Deutschland?

Baynado berichtet, dass ein Künstler erfolgreich gegen die Google Bildsuche geklagt hat. Die Google-Bildsuche darf seine Bilder nicht mehr zeigen:

„Meine Menung ist ganz klar, wer seine Bilder online stellt gibt ein stückweit seine Rechte ab. Es ist absurd eine Suchmaschine dafür zu verurteilen, dass sie einen Besucher auf die eigene Seite schleust.
Es ist eine Beziehung die den Urheber nicht übervorteilt. Im Gegenzug zu seinen Werken, erhält der Urheber Besucher auf seinen Seiten, die eventuell sogar etwas kaufen, also wo ist das Problem?
Ich kann gar nicht nachvollziehen, warum jemand so seinen Erfolg sabotieren möchte.“

Etwas anderes ist aber, dass Google durchaus z.B. in die Künstlersozialkasse mehr einzahlen dürfte, wie es Meike Richter fordert.

Wie es die Musikindustrie doch noch ins 21. Jahrhundert schaffen kann

Spreeblick schreibt.

Der Artikel ist schon ein knappes Jahr alt, aber so wie es aussieht bleibt er noch eine ganze Weile aktuell. Auch die Kommentare sind informativ.

http://www.spreeblick.com/2007/11/28/wie-es-die-musikindustrie-doch-noch-ins-21-jahrhundert-schaffen-kann/

Der YouTube-Professor

Auf jetzt.de gibt es ein Interview mit dem „YouTube-Professor“ Michael Wesch. Darin:

„Junge Menschen sehen nicht mehr passiv fern; es geht schon beim Sehen um die Frage, wie ich die TV-Inhalte kommentieren, remixen oder umgestalten kann. Das ist eine neue Einstellung gegenüber den Medien […] die Gruppe derjenigen, die sich die medialen Inhalte aneignen und weiterverwenden wollen, wächst beständig.
jetzt.de: Bezieht sich das lediglich auf junge Menschen?
Wesch:
Hauptsächlich. Aber diese Veränderung betrifft unterschiedliche Generationen. Die Art und Weise, wie wir mit Medien umgehen, ist im Umbruch.

[…]

jetzt.de: Das Internet hilft uns, Verbindungen herzustellen. Diese Verbindungen sind Kern dessen, was Sie Remix-Kultur nennen – diese Kultur stößt immer an Grenzen des Urheberrechts . . .
Wesch:
Dabei glaube ich, dass es aus rein demokratischen Gründen sehr wichtig ist, dass die Menschen Material aufgreifen und remixen können. Es muss möglich sein, Teile eines Politikerstatements zu nehmen und sie umzugestalten und selber eine Meinung dazu zu formulieren.“

Hier ein Video von Wesch, wenn auch mit unsäglicher Musik:

und eine ganze Lecture („An anthropological introduction to YouTube“):

Der Unterschied

Man vergleiche den folgenden Ausschnitt:

mit dem nun folgenden:

Was ist der Unterschied? Genau, Raab hat den Prozess, den er sich damit eingehandelt hat verloren, Kalkofe seinen gewonnen. Warum? Kalkofe fügt eine eigene Leistung hinzu, Raab nicht. Diesen und einige weitere Fälle schilderte Rechtsanwalt Dr. Volker Kitz bei der Tagung „Kreative Arbeit und Urheberrecht“. Den Mann brauche ich. Mir kam in den Sinn, dass eine neue Kunstform in digitalen Zeiten „Law Art“ heißt, Kunst bei der man grundsätzlich juristischen Beistand braucht.

http://irights.info/blog/arbeit2.0/2008/09/27/volker-kitz-rekreativitat-und-urheberrecht/

(Etwas eigentümlich an dem Vortrag war allerdings, dass er Klarsichtfolien und Overhead-Projektor verwendete.)
Der Vortrag ist als Video online.