Die Dialektik vom Subjektiven und Objektiven des Künstlers ist legendär und wird in einschlägigen
Sentenzen überliefert. Einerseits ist der Künstler das schiere Objekt der ›Welt‹, wenn Beethoven bei
als unspielbar geltenden Noten grimmig zu verstehen gibt, ihm käme eben »der Geist«, wenn
Schönberg postuliert, im historischen Auftrag zu handeln, denn Kunst komme »nicht von Können,
sondern von Müssen« und Jonathan Meese folgerichtig die »Diktatur der Kunst« ausruft, die
tatsächlich zu befehlen gebe, dass die rechte obere Ecke gelb zu malen sei. »Die Freiheit des Künstlers
ist, dass er keine hat. Versteh’s wer kann«, so Ernst Barlach in einem Anflug von Komik. Für Martin
Walser ist das Schreiben »die passivste Tätigkeit«, die er sich nur vorstellen könne, und Elfriede Jelinek
hält die Totenrede auf den Dichter: Er wäre notwendig »abgelebt, der immer nur anderes beleben
kann«. Das komponierende Ich ist nicht nur nicht Herr im eigenen Haus, es will diese Rolle tunlichst gar
nicht einnehmen, will das musengeküsste Sprachrohr höherer Mächte verkörpern. Das Verdienst des
Künstlers ist, eigentlich keines zu haben.
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Das Opera Lab hat vom 1.-24. Dezember 2021 einen Adventskalender performt. Jeden Tag ein Musiktheater-Piece an ihrem Schaufenster in Berlin-Schöneberg, inspiriert aus Material des Kreidler-Werkfundus, jeden Tag eine andere Verschwörungstheorie. Es ist alles anders als ihr denkt, wacht auf!
Hier der Zusammenschnitt.
The Kreidler Conspiracy Christmas Advent Calendar
Supported by Initiativ Neue Musik Berlin
Performers: Anna Weber, Georg Bochow, Günter Wolf-Lemke, Gina May Walter, Nolundi Tschudi, Sophie Cathrin and David Eggert
Directors and Dramaturgy: Anna Weber, Georg Bochow, Günter Wolf-Lemke, Gina May Walter, Nolundi Tschudi, Sophie Cathrin and Evan Gardner
Stage & Costume Design: Günter Wolf-Lemke
Production Management: Julie Kurzke
Light Design: Santiago Dolijan
Live Video: Marta Maluva
Sound Engineering: Simon Walker
Social Media: Louise Knauer, Will Roseliep
Artistic Director: Evan Gardner
01 -24 Dec 2021 17:00, 17:30, 18:00 & 1830
DAS LABOR MONUMENTENSTR 5 10829 BERLIN
STREAMING ON YOUTUBE/ OPERALABBERLIN
Opera Lab Berlin presents the Kreidler Conspiracy – the world’s first live music theatre advent calendar! At long last The Lab at Monumentenstraße 5 is letting the public have a sneak peak and unveils its Popup Store for Truth. From December 1st right through 24th the collective for contemporary music theatre will perform a shrewd and musically virtuoso showdown of conspiracy theories using compositions by the concept music artist Johannes Kreidler.
Every day a new formation of performers from the ensemble will expose a new conspiracy with and around Kreidler’s music. How does rope jumping explain the secret intrigues behind 9/11? What’s the connection between shoes falling on guitars and the Illuminati? And did you know, that Prince Charles is a vampire – and that opera lab holds him prison? Come to the fireplace, where Opera Lab Berlin will retell the 21st century’s most popular tales. Untruths, which manipulate our Zeitgeist’s narratives from the depth of the web of social media, proclaiming the new salvation or catastrophe. Or becoming reality.
Witness how festively the velvet curtain will swing open daily at 5 pm and open a new door to an alternative truth. Walkers-by can then partake in the inner workings of the laboratory by gazing through the shop window wearing disinfected bluetooth headphones. Short performances as well as social distancing and obligatory medical masks will ensure a safe art degustation in fresh air. Come and enjoy links and connections, where there are none; tasty concept music Christmas recipes; Elvis and Big Foot; glitter and chocolate.
Forget love, Christmas 2021 will become a feast of truth!
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Auch Neue Musik, die extremst genau notiert ist, benötigt Interpretation. Artikulationsweisen,
dynamische Stufungen, Verlaufsformen der Crescendi oder Ritardandi, Haltung auf der Bühne, bei
fixierten Medien die Raumbeschallung, der Gesamtausdruck, die Qualität der Klänge, sowieso: schöne
bzw. gut klingende Klänge hervorbringen, das fordert von den Interpreten Interpretation; aus den
Noten Gestalten bilden, den Notentext lebendig werden lassen, den Stil des Stückes auch in eine
Körpersprache bringen, eine Körpersprache erst dafür finden. Auf dem Weg der körperlichen
Aneignung durch Interpreten passiert vielleicht überhaupt: ein Musikstück verstehen.
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*Im Sammelband „Musik und Liebe“ hat Nina Noeske in ihrem Beitrag „Der Kuss: Eine Philematophonie“ ausführlich mein Stück „rationalization-irrationalization“ und die Grafik nach Peter Behres aus dem „Album“ betrachtet.
Ich hatte die Ehre, mit den geschätzten Kolleg*innen auf dem Panel über Material und Motivation zu sprechen.
Zu Gast: Neo Hülcker, Christian Kesten, Johannes Kreidler, Andrea Neumann
Moderation: Mathias Maschat
echtzeitmusik – Material und Motivation ist der letzte Teil einer vierteiligen Gesprächsreihe rund um das Thema Echtzeitmusik. Die Reihe startete mit einem Austausch zwischen Burkhard Beins, Andrea Neumann und Ignaz Schick über 30 Jahre Echtzeitmusik. Jede*r der drei war überdies hinaus dazu eingeladen, einen bestimmten Aspekt herauszugreifen und mit selbst gewählten Gästen zu diskutieren. Für den vierten Teil hat Andrea Neumann die Komponist*innen und Performer*innen Neo Hülcker, Christian Kesten und Johannes Kreidler eingeladen, um über ihr künstlerisches Material und ihre Motivation als Künstler*innen zu sprechen.
Nachdem in den bisherigen Gesprächen vor allem historische und kulturpolitische Fragestellungen, kulturelle und generationale Hintergründe, geographische Einflusssphären, Strukturbildungsprozesse und der Netzwerk-Charakter der Echtzeitmusik-Szene behandelt wurden, hat Andrea Neumann damit nun eine dezidiert ästhetische und zugleich politische Fragestellung aufgeworfen. Fragen nach Material und Motivation sind für sie schon seit Beginn ihrer Karriere von zentraler Bedeutung, und stets war sie auch an einer Ausweitung ihres Materials über vorrangig musikalische Aspekte hinaus interessiert: Raum, Objekte, Körper, Gesten, Mimik und Kostüme – eine Erweiterung des Musikbegriffs begreift sie aus ihrer Praxis heraus als der Echtzeitmusik inhärent.
Vor diesem Hintergrund wird die Auswahl ihrer hochkarätigen Gäste besonders plausibel, die allesamt ein starkes Interesse an konzeptuellen und performativen Herangehensweisen verbindet. Auch wenn sich die drei eingeladenen Gesprächspartner*innen eher in anderen Szenen als der Echtzeitmusik verorten, bestehen über Genregrenzen und mögliche kritische Sichtweisen hinaus auch Schnittmengen und Anknüpfungspunkte in Hinsicht auf ästhetische, rezeptionsspezifische und politische Fragestellungen.
Moderiert von Mathias Maschat diskutiert Andrea Neumann mit Neo Hülcker, Christian Kesten und Johannes Kreidler künstlerische Positionen, die ihr Selbstverständnis aus der Erweiterung des Musikbegriffs in Richtung Interdisziplinarität, Medialität und Multimedialität, Konzeptualismus und Performance beziehen. Fragestellungen lauten zudem: Was ist das eigene musikalische oder nicht-musikalische Material? Womit, wofür, für wen oder was komponiert man? Was ist Gegenstand der eigenen künstlerischen Arbeit? Gibt es Interaktionen zwischen dem Material und den Performenden? Und wie und wo entstehen Stücke?
Frühere Gespräche waren neben der Eingangsrunde echtzeitmusik – “Generations”, konzipiert von Ignaz Schick und mit den Gästen Alexander Markvart, Rieko Okuda und Alexander von Schlippenbach, sowie echtzeitmusik and its international connectivity, konzipiert von Burkhard Beins und mit den Gästen Angharad Davies, Yan Jun und Mariá Portugal.
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Nennt die sogenannte KI bitte nicht Intelligenz. (Für mich ist ein Staubsaugroboter auch nur eine Staubsaugmaschine, so wie zur Kaffeemaschine auch niemand Kaffeeroboter sagt.) Was ich an "KI" sehe sind Internet-Remix-Maschinen, die das in grammatikalisch korrekte Sätze packen.
Vielleicht Pech oder Karma wegen Ego aber hab als erstes bei den gehypten KI Dingern nach einer Bio von Johannes Kreidler gefragt und es kommt lächerlichster Murks raus. Nicht mal Wikipedia können sie abschreiben. (Oder die tiefere Wahrheit meiner selbst ist Murks.)
Es fängt schon damit an, dass man dem AI Chat eine Aufgabe, eine Frage stellen soll. Wirkliche Intelligenz würde von sich aus fragen, würde sich selbst fragen.
Fragt man die KI, ob sie "intelligent" sei, kommt die (korrekte) Antwort: nein. Und hinterfragt folglich auch nicht, warum sie dennoch "Intelligenz" genannt wird. q.e.d.
Ich habe einen Türklinke erfunden, die mit Künstlicher Intelligenz arbeitet! Durch eine Mechanik wird bei Hinunterdrücken der Riegel eingezogen und die Tür kann mit leichtem Druck geöffnet werden.
Es ist halt nicht nur der aktuelle Stand der KI längst philosophisch und künstlerisch antizipiert, sondern auch noch diverse weitere qualitative Sprünge.