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Kategorie Kopierrecht

Stockhausen über geistiges Eigentum, 1960

Erstaunliche Aussagen von Karlheinz Stockhausen über „geistiges Eigentum“, in dem Vortrag „Vieldeutige Form“ von 1960:

Geistigen Diebstahl gibt es nur so lange wie man geistiges Eigentum gelten läßt. Wem gehören die Ideen? Sind meine Ideen meine Ideen? Nein, ja, nein, ja, nein.
[…]
Wenn ich keine Ideen hab, ist nichts zu machen. Ich muß warten, bis sie kommen. Wenn ich mich auf die faule Haut lege und gar nicht mit ihnen rechne, kommen sie und halten mich vom Schlaf ab. Gehören sie mir also, diese Tauben, die einem in den Mund fliegen?
Gibt es denn meine Musik? Deine Musik? Seine Musik? Eure Musik? Kann ich was für meine Einfälle? Welcher Verdienst macht mich zum geistigen Eigentümer?
Mich berührt es nicht – nicht mehr – wenn jemand mir etwas stiehlt; wenn einer musikalische Gedanken wiederholt oder neu anstreicht, so, wie man bei einem geklauten Auto die Farbe wechselt; und wenn ein anderer musikalische Formulierungen verwendet, die ich vorher gefunden habe. Kurz: Wenn jemand nachher tut, was ich vorher tue.
Sollte das Prinzip des Eigentums vom Vorher und Nachher bestimmt sein? Wer zuerst kommt, mahlt am besten? Dann interessiert es mich überhaupt nicht. Wenn ein Gedanke oder eine Sache etwas für mich sein soll, muß es mir sein, was es für mich ist, ganz unabhängig vom Früher oder Später, vom Vorher oder Nachher. Aber das gibt es ja nicht. Ich hab es ja gleich gesagt: geistiges Eigenrum interessiert mich nicht.

Abgesehen davon interessiert mich das Problem des geistigen Eigentunis natürlich sehr, seit es mich nicht mehr interessiert. Je mehr Ideen man nämlich verschenkt und unachtsam herumliegen läßt, je weniger man sich um sie kümmert, um so mehr bekommt man. Das unökonomischste Prinzip, das mir je durch den Kopf gegangen ist: Je mehr du vergibst, umso mehr du kriegst. Ich kenne eine ganze Reihe Komponisten, die Angst haben, ihre Ideen mitzuteilen, bevor sie sie fixiert oder gar gedruckt und mit ihrem Firmennamen versehen haben. Sie sagen mir: wenn ich die Einfälle mitteile, bevor ich sie fixiert habe, verliere ich die Lust und die Ausdauer, sie noch zu behalten und auszuarbeiten. Ich habe diese Angst mit Stumpf und Stiel aus mir herausgerissen. Was mir durch die Lappen geht, ist mir gleichgültig, und jeder kann von mir wissen, was mir einfällt – zu jeder Zeit.

Abgedruckt in: Karlheinz Stockhausen, Texte zur Musik Band 2, S. 257f.

Den Hinweis verdanke ich Michael Iber, der diesen Ausschnitt als O-Ton (vorgetragen von Heinz-Klaus Metzger) in einer HR2-Radiosendung über Stockhausen in Darmstadt bringt.

Festplatten mit illegaler Software als Kunst

Letztes Jahr habe ich bei meinem Musiktheater Feeds. Hören TV einen USB-Stick mit „sämtlichen Liebesliedern der Welt“ hochgehalten.

Manuel Palou stellt nun „5 Million Dollars 1 Terabyte“ aus, eine Festplatte mit illegal heruntergeladener Software im Wert von 5 Millionen Dollar. Hier die Liste der Files inklusive Downloadlinks.

(via nerdcore)

Vortrag von Till Kreutzer: Geistiges Eigentum vs. Kreativität 2.0

Till Kreutzer, den ich bei der Tagung Arbeit 2.0 kennengelernt habe und dem ich zu einer geplanten (nicht realisierten) Kunstaktion eine detaillierte urheberrechtliche Beratung verdanke, hat auf der Bloggerkonferenz Re:publica über die Probleme des Urheberrechts in digitalen Zeiten gesprochen, und, erfreulicherweise, auch Lösungsvorschläge genannt.

Hier der Blog irights.info, in dem Kreutzer mitwirkt.

Tageslink: Autoren aller Länder, plagiiert euch!

product placements @Die Zeit

In der aktuellen ZEIT steht ein Artikel über den Bushido-Fall und das notorische Problem, ab wann denn etwas als Zitat gilt. Darin wird dann auch meine GEMA-Aktion beschrieben (falsche Jahresangabe, Titel nicht ganz richtig, das Zitat habe ich so nie gesagt, aber ist egal):


http://www.zeit.de/2010/14/Bushido-Plagiatsvorwurf

Tageslink: Zum Papier der Musikindustrie

Die TAZ schreibt über das Positionspapier zur Kulturflatrate, das die Musikindustrie letzte Woche veröffentlichte. Als Aufmacher bringen sie meine GEMA-Aktion:

http://www.taz.de/1/netz/netzoekonomie/artikel/1/musikindustrie-gegen-kulturflatrate/

Dazu kann ich bemerken:

Letzten Herbst war ich zu einem Panel eingeladen, bei dem auch der Chef von Sony Music Deutschland zugegen war. Da wurde völlig klar: Das ist ein Industrieller, der Geschäfte machen will, und wird noch den letzten Cent aus CD-Verkäufen holen wollen. Darum verteufelt er die Kulturflatrate. Das ist genauso logisch, wie alle anderen Unternehmen in dieser Welt Rendite erwirtschaften wollen. Warum mag man dann die Musikindustrie nicht? Weil man mal geglaubt hat und sie selber immer noch so tut, als möge sie Musik, als sei sie ein wesentlicher Kulturträger usw. Aber einem wie dem Typen auf dem Panel ist Musik gänzlich egal, er produziert eine Ware und das könnten auch Waschmaschinen sein.

Ich glaube dass die Tonträgerindustrie schlicht aussterben wird (das live-Geschäft bleibt ein Geschäft, und dafür kann die GEMA weiterexistieren). iTunes ist kein wirkliches Geschäft, das ist nur das Alibi von Apple, um mit Medien-Hardware seinen gigantischen Umsatz zu machen. Ich empfinde das nur insofern schade, als dann kaum noch neue klassische Produktionen gemacht werden können; aber gottseidank ist ja schon praktisch die gesamte Musikgeschichte eingespielt worden.

Zur Kulturflatrate: Ich würde mir ein Stiftungswesen wünschen. Es wäre eine Katastrophe, wenn man von jedem die monatliche Flatrate kassierte und dann das ganze Internet immer abscannen müsste, um dem Konsumverhalten entsprechend die Künstler zu entlohnen. Stattdessen wäre ein Modell wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk wünschenswert. Natürlich wird da auch haufenweise Schrott produziert, aber um der guten Sendungen in DeutschlandRadio Kultur, um des Engagements für Musikfestivals willen und wegen vieler Arte-Sendungen und der Harald-Schmidt-Show ist es die Sache wert. (Über Reformen der öffentlich-rechtlichen wird man sich unterhalten, aber ich verteidige sie schon aus Prinzip: In dieser Welt darf nicht alles privatisiert und merkantilisiert werden.)

Doku über Eclectic Method

(via Nerdcore)

N.B.: „Eklektizismus“ ist hierzulande meist ein Pejorativum. Dabei kommt’s doch drauf an, WAS übernommen wird. Wer noch immer meint, nichts anderes als Beethoven und Brahms zitieren zu dürfen weil nur die seinem eigenen Niveau entsprechen, kann gehen. Ich würde an den Lachenmannschen Spruch „Komponieren bedeutet, ein Instrument bauen“ heute anlehnen: Komponieren bedeutet, ein Instrument klauen. Will sagen: Gebaut ist momentan genug worden, jetzt geht’s um’s nehmen, aber nicht das eh verfügbare, sondern das was sich sperrt, was geklaut werden muss. Oder mit Boris Groys: Die Kunst valorisiert das Profane, d.h. wertet das Belanglose auf. Die Aufwertung ist aber ein räuberischer Akt! Hugh!

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Tageslink: Historische Musikindustriekrisen

Spiegel-Artikel vom 18.4.1977:

Die Musikbranche feiert den 100. Geburtstag des Tonträgers und wagt sich nicht einzugestehen, daß das „Jahrhundert der Schallplatte“ zu Ende geht. Erstmals werden mehr Tonband-Kassetten als Schallplatten verkauft. Vor allem die Leerkassette stellt die Musikfirmen vor kaum lösbare Probleme: Sie verlieren durch Überspielungen in Westdeutschland pro Jahr rund eine Milliarde Mark. Das Unterhaltungsgewerbe steuert in eine Existenzkrise.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40915958.html

Die Musikindustrie ging ja bekanntlich dann auch zwei Jahre später komplett in Konkurs. Es folgte das Jahrhundert der Leermedien.

Danke für den Hinweis, Frank! (via DEGEM)

Tageslink

Heise berichtet, dass fast 50 Prozent der Webaktiven die Kulturflatrate unterstützt. Jawoll!

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Studie-Fast-50-Prozent-der-Web-Aktiven-fuer-Kulturflatrate-848853.html

Die Kulturflatrate ist sicher nicht der Weiseheit letzter Schluss, aber derzeit die beste Alternative zum bestehenden Krampf.

Materialien zu „Fremdarbeit“ #2

In der Welt:

Der Fall sorgte für Aufsehen: Martin Kippenbergers „Paris Bar“ wurde für 2,7 Millionen Euro beim Auktionshaus Christie’s versteigert. Allerdings hat der berühmte Künstler nicht selbst gemalt, sondern einen Assistenten den Pinsel führen lassen. Die Auktion ist dennoch rechtens. Es zählt die Idee.

Ist „Fremdarbeit“ hinwiederum nun eine geklaute Idee?

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