Die 47. Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik, neben den Donaueschinger Musiktagen das bedeutendste Festival für Neue Musik, sind zu Ende. Ich war die ersten 10 Tage vor Ort, teilweise mit meinem eigenen Projekt sehr beschäftigt, zum anderen Teil habe ich dann viele Vorträge, Gespräche und Konzerte besucht und viele (mir) bekannte und unbekannte Kollegen getroffen.
Trotz der Vielzahl der Veranstaltungen war der Neue Konzeptualismus zweifellos ein vorherrschendes Thema in den Diskussionen. Ich bin da freilich parteiisch, würde aber meinen und darin stimmten einige mit mir überein, dass die besagten Panels, in denen es um Fortschrittsfragen ging, ziemlich asymmetrisch besetzt waren – die konservative Kontra-Seite (die passenderweise auf dem Podium auch immer rechts saß) war teilweise intellektuell sehr schwach besetzt. Im „Dead End or Way out“-Talk fanden sich die üblichen Kulturpessimisten und politisch Oberkorrekten ein, im „The concert of the future is online“ fiel einem der Verteidiger nicht mehr ein, als in 8 seiner 10 Vortragsminuten von seinen Vokaltechniken zu erzählen, statt sich dem Thema zu widmen. Ich hoffe, dass sich solche Niveaueinbrüche künftig vermeiden lassen. Wohlfeiles „das ist ja gut, aber nicht radikal genug“ ist keine würdige Argumentation an diesem Ort.
In den Konzerten war die Tendenz zu Multimedia, Durchinszenierung und freier Beweglichkeit des Publikums deutlich. Mein außermusikalisches Highlight: In Alexander Schuberts Stück wurde das Publikum dermaßen mit Nebel vollgeblasen, dass es wie ein Fehler aussah, aber um so stärker die Wirkung. Schöne Stücke habe ich gehört, ich behalte jetzt aber mal für mich, um welche es sich handelt – aber es waren viele. Sehr gefreut habe ich mich jedenfalls, die Jungs von textscoreaday persönlich kennenzulernen!
Nebenbemerkung: Die Opernwerkstatt, die sich allem Multimedialen verweigerte, fühlte sich nachgerade wie eine Parallelwelt an.
Etwas schade fand ich, dass der Open Space nicht so viel genutzt wurde wie vor zwei Jahren, zumindest war das mein Eindruck. Vielleicht ist es auch etwas bedauerlich, dass der Interpretenhauptpreis nur noch an Ensembles zu gehen scheint.
Die erfreulichste technische Neuerung hingegen war, dass die Voice Republic viele Gesprächsveranstaltungen live gestreamed und archiviert hat – das wurde höchste Zeit (Kulturtechno gestern).
Mit einigen Anregungen bin ich nach Hause gekommen. Darmstadt ist der intensivste Ort für den Austausch über Neue Musik. Bin gespannt, welcher Geist 2016 wehen wird. Ich kann mir denken, dass die nächste Generation in den Startlöchern sitzt.

Foto oben: Jenny Walshe’s Workshop.

(Video von Niclas Thobaben)